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Politische Kultur Minderheitsregierung in Sachsen: Das sind die neuen Spielregeln
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13. Februar 2025, 05:30 Uhr
Zehn Stimmen fehlen CDU und SPD im Landtag für eine eigene Mehrheit. Beide Parteien betreten als Minderheitsregierung politisches Neuland in Sachsen. Klar ist: Die Staatsregierung muss die Opposition in Gesetzesvorhaben einbinden. Für dieses neue Miteinander hat sich der Landtag nun auf neue Spielregeln verständigt.
Die Fraktionen von Grünen, Linken, BSW, SPD und CDU haben am Mittwochnachmittag im Landtag gemeinsam den neuen Konsultationsmechanismus ins Leben gerufen. Konsultationsmechanismus – dieses etwas sperrige Wortgebilde könnte vielleicht bald das Unwort des Jahres in Sachsen werden, unkte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Laura Stellbrink. Denn das, was dahinter stehe, sei doch eine echte politische Herausforderung, "demokratisches Co-Working".
Informieren, Stellung nehmen, einarbeiten
Konkret regelt die neue Vereinbarung zwischen Sächsischem Landtag und Minderheitsregierung, dass die Fraktionen von nun an frühzeitig über geplante Gesetzesentwürfe der Regierung informiert werden. Die Fraktionen können zu den Gesetzesentwürfen Stellungnahmen abgeben. Die sollen dann von der Regierung in die Gesetzesentwürfe eingearbeitet werden. Dabei soll auch kenntlich gemacht werden, welche Fraktion welche Änderungen durchgesetzt hat.
Neue politische Kultur in Sachsen
Diese neuen Prozesse sind ausführlich in der Vereinbarung zum Konsultations- und Informationsverfahren beschrieben, die Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) noch unterschreiben müssen. Doch um die neue politische Kultur in Sachsen mit Leben zu füllen, solle es nicht nur bei diesen Regeln bleiben, betonte Sören Voigt von der CDU-Fraktion. Der Kontusltatrionsmechanismus solle keine Einbahnstraße sein.
Dieser Konsultationsmechanismus ist keine Einbahnstraße, wir sprechen, um im Bild zu bleiben, von einer belebten sächsischen Staatsstraße, die wir in den nächsten Jahren weiter ausbauen wollen.
Damit ist gemeint, dass die Opposition künftig auch eigene Gesetzesentwürfe ins parlamentarische Verfahren einbringen kann, die die Minderheitsregierung dann je nach Thema ihrerseits unterstützen wird. Dass es dazu aus den Reihen der Opposition Erwartungen gibt, ist bei der Aussprache am Mittwoch deutlich geworden.
Linke: "Wir bleiben Opposition"
Die Linksfraktion sagte, die bereit, bislang unbekannte politische Wege zu gehen. Aber man wolle sich dabei nicht den morgendlichen Blick in den Spiegel zum Feind machen, meinte Luise Neuhaus-Wartenberg. "Wir sind und bleiben Opposition, eine die jetzt mitgestaltet, aber seien Sie sich sicher: wenn staatliches Handeln zu einer Entsolidarisierung führt, wenn bei den Schwächsten der Rotstift angesetzt wird, dann werden Sie uns in bewährter Art und Weise zum politischen Gegner haben."
Neuhaus-Wartenberg räumte zudem ein, dass die neue Zusammenarbeit mit der Regierung innerparteilich intensiv erklärt werden müsse und dass es viel Enttäuschung produzieren würde, wenn das nicht funktioniert.
Grüne und BSW: Regierung müsse politischen Willen beweisen
Auch Valentin Lippmann von den Grünen formulierte Fragezeichen. Erst die kommenden Monate würden zeigen, ob die Zusammenarbeit Bestand habe werde: "Bei aller verhaltenen Freude sollte uns in aller Demut klar sein, dass Minderheitsregierungen nicht ohne Grund die Ausnahme darstellen."
Bei aller verhaltenen Freude sollte uns in aller Demut klar sein, dass Minderheitsregierungen nicht ohne Grund die Ausnahme darstellen.
Auch Lutz Richter von der BSW-Fraktion betonte, dass die Regierung nun den politischen Willen unter Beweis stellen müsse, sich den neuen Gegebenheiten wirklich zu stellen.
AfD will Verfassungsklage prüfen wegen Konsultationen
Die AfD-Fraktion hatte sich frühzeitig aus den Beratungen über das Konsultationsverfahren zurückgezogen. Die AfD unterstellt "Hinterzimmer-Politik": "Plenar- und Ausschussdebatten werden entwertet. Wenn Debatten nur im geringen Umfang parlamentsöffentlich geführt werden, führt dies zu einem gravierenden Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit", meinte der Landtagsabgerodnete Joachim Keiler.
Die AfD prüft derzeit eine Verfassungsklage gegen das Konsultationsverfahren, behält sich aber gleichzeitig offen, Stellungnahmen zu Gesetzesvorwürfen im Rahmen des Konsultationsverfahrens abzugeben.
CDU-Vorwurf: Nur Wahltaktik der AfD vor Bundestagswahl
Vor diesem Hintergrund warf die CDU-Fraktion der AfD vor, das Vorhaben aus wahltaktischen Gründen bis zur Bundestagswahl abzulehnen. Der Chef der Staatskanzlei, Andreas Handschuh, hatte das Konsulationsverfahren intensiv mitverhandelt. Er betonte im Plenum, dass es trotz der zusätzlichen Informationen für die Landtagsabgeordneten keine Verwässerung der Zuständigkeiten gebe: Der Landtag kontrolliere weiterhin die Regierung und die Regierung habe weiterhin die Staatsgewalt inne.
Nichtsdestotrotz ist die CDU-SPD-Minderheitsregierung so sehr wie noch nie zuvor auf Unterstützung der Opposition in Sachsen angewiesen. Die nun gemeinsam verabredeten Spielregeln sollen Wege eröffnen, dass die Regierung diese Unterstützung auch tatsächlich bekommt.
MDR (kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 12. Februar 2025 | 19:00 Uhr