Ein modernes Gebäude von außen, mit Baucontainern davor.
Die Leipziger Modellschule unterrichtet derzeit in Räumen des Verwaltungstraktes eines großen Einkaufszentrums in Leipig-Grünau. Projekte finden auch in Containern statt, die vor dem Einkaufszentrum stehen. Bildrechte: Grit Grimmer

Bildung Leipziger Modellschule führt nun auch zum Abitur

27. März 2025, 06:00 Uhr

Die Leipziger Modellschule steckt noch in den Kinderschuhen und erweitert ihr Experiment. Nach vier Jahren wagt sie den Schritt, nun auch Abiturjahrgänge anzubieten. In einem ersten Elternabend wurde jetzt dafür geworben. Angesprochen sind Schülerinnen und Schüler, die einen guten Oberschulabschluss in der Tasche haben und sich nun doch noch für das Abitur begeistern.

In der Leipziger Modellschule ist vieles anders als in anderen Schulen. Die sogenannte LeMo ist eine Schule ohne Schulgebäude. Derzeit hat sie einige Räume im Verwaltungstrakt eines Einkaufszentrums in Leipzig-Grünau angemietet. Außerdem stehen ein paar Baucontainer auf der grünen Wiese vor dem Gebäude.

Für mich als Reporterin war es der erste Interviewtermin, bei dem ich in Hausschuhe schlüpfen musste. Die Schule ist eine Hausschuh-Schule, mit aller Konsequenz. "Wir können von den Kindern nur Regeln verlangen, die wir selbst einhalten", sagt Gerlind Groß. Sie ist Gesellschafterin und Geschäftsführerin und trägt natürlich Hausschuhe.

Wir können von den Kindern nur Regeln verlangen, die wir selbst einhalten.

Gerlind Große Gesellschafterin und Geschäftsführerin

Alternatives Konzept: Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität

In der LeMo gib es keine Klassen, sondern Stammgruppen in denen zwei oder drei Jahrgänge gemeinsam lernen. Derzeit gibt es 74 Schülerinnen und Schüler, die einen Lernalltag ohne Noten und ohne herkömmliche Fächerstruktur erleben. In ihrer Schule steht projektorientiertes Lernen im Vordergrund mit einer Anbindung an das praktische Leben. Fachleute nennen den Ansatz "Deeper Learning".

Ein Klassenraum mit Bücherregalen, Stühlen und Tischen.
Die Bibliothek der Schule. Auch hierhin können sich die Schüler zum freien Lernen zurückziehen. Bildrechte: Grit Grimmer

Was ist "Deeper Learning"? Dabei geht es um die Fähigkeit, mit Wissen problemlösend und kreativ arbeiten zu können. In der Regel arbeiten die Lernenden hier in kleinen Teams aktiv und selbstreguliert. Durch die Möglichkeit im Rahmen des Lernprozesses bestimmte Entscheidungen selbst zu treffen (Prinzip von "voice & choice"), erleben sie Selbstwirksamkeit und werden in ihrer Persönlichkeit gestärkt. [...] Daher mündet Unterricht nach der Pädagogik des Deeper Learning in einer Phase der Präsentation oder der tatsächlichen Anwendung/Umsetzung des Gelernten, z. B. in einer Erfindung, einer Aufführung, einer Publikation, einer Ausstellung.   Heidelberg School of Education

Wir befassen uns mit Themen und Phänomenen, die unsere Kinder im besten Fall selbst mit ausgesucht haben.

Gerlind Große Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Leipziger Modellschule

Bildungsangebote fürs ganze Quartier

Für den Praxisansatz gibt es den sogenannten Makers Space, ein Werkstatt-Areal, das derzeit noch aus Containern besteht. Es umfasst eine Reparatur-, Näh-, Holz- und Medienwerkstatt. All das ist aber nicht nur für die Schüler gedacht, sondern versteht sich auch als niederschwelliges Angebot für die Bewohner im Umfeld. Gerlind Große nennt das Sozialraumschule. Der Traum, an dem sie und ihre Kollegen arbeiten, ist ein Campus in Grünau, auf dem auch ältere Menschen oder Personen mit Migrationshintergrund lernen können, denn Bildung sei die Grundlage für eine gute Entwicklung im Viertel, so Große.

Und so ist der Plan, dass 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus Grünau kommen. Derzeit ist es rund ein Viertel. Der Grund liege möglicherweise darin, dass man als Schule in freie Trägerschaft in Grünau noch nicht als erste Option wahrgenommen werde.

Die Schule verlangt Schulgeld. Das aber solle kein Hinderungsgrund sein, sagt Gerlind Große. Das Schulgeld sei nach Einkommen gestaffelt und es gebe zudem die Möglichkeit von Stipendien.

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Abitur ohne Notenpunkte

Die Leipziger Modellschule steht nun vor einer großen Erweiterung. Mit dem neuen Schuljahr will sie Jugendliche aufnehmen, die einen guten Oberschulabschluss haben und das Abitur machen möchten. Einen ersten Elternabend gab es in dieser Woche. Das Interesse war dabei jedoch eher gering.

Schüler mit Oberschulabschluss müssen ein Schleifenjahr absolvieren. Das heißt, sie wiederholen die zehnte Klasse auf Abiturniveau. Und auch in den Abiturklassen wird auf Noten beziehungsweise auf das klassische Punktesystem verzichtet. Die Abiturienten gehen also ohne Punktepolster in die Prüfungen. Nur der Moment zählt.

Prüfungen auswärts

Der Leipziger Modellschule fehlt noch die staatliche Anerkennung als Freie Schule. Damit darf die Schule selbst keine Prüfungen abnehmen. Damit die Jugendlichen dennoch einen anerkannten Abschluss am Ende ihrer Schulzeit haben, legen sie ihre Prüfungen an einer anderen Schule ab.

In den prüfungsvorbereitenden Jahrgangsstufen werden beispielsweise auch Klassenarbeiten geschrieben, die sich an denen staatlicher Schulen orientieren. Am Ende stehen dann Punkte zur Leistungsorientierung unter der Arbeit, nicht aber Zensuren.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 25. März 2025 | 15:30 Uhr

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