Markranstädter Carneval Club Männerballett im Faschingsfieber kurz vor Geburt von Sailor Moon

11. November 2023, 06:00 Uhr

In der Coronazeit konnten sie nicht auftreten, wollten sich das Lachen aber nicht nehmen lassen. Seitdem lassen die Mitglieder vom Markranstädter Carneval Club Livevideos von ihrem Männerballett und anderen Tanzgruppen laufen. Sie haben Zehntausende Likes deutschlandweit. Nun tanzen die Jecken in die neue fünfte Jahreszeit.

Technobeats dröhnen durch die Halle. Eine Frau in der Mitte macht Tanzbewegungen vor, die ein Dutzend Männer hinter ihr nachmachen. Nebenbei läuft ein Livevideo auf der Internetplattform TikTok. Es wird viel gelacht bei dieser Tanzprobe des Männerballetts vom Markranstädter Carneval Club. Trotzdem müssen die flotten Kerle zwischendurch immer auch tief durchatmen. "Dabei sind das erst unsere Warmmachübungen", sagt Choreografin Tina Kassubeck.

Sie hält nicht nur die Jungs des Männerballetts in Schwung und probt mit ihnen die Shows für die neue Karnevalssaison. Die 42-Jährige war mit einer Karnevalskollegin auf die Idee gekommen, die Tanzproben live auf TikTok zu übertragen. Das war in der Coronazeit vor drei Jahren. Da waren auch den Jecken vom Carneval Club Veranstaltungen untersagt. Doch sie wollten sich das Lachen nicht nehmen lassen.

Livevideos mit Klicks deutschlandweit

Per Internetvideo teilen die Tanzgruppen des Clubs ihre Tanzeinlagen. Seit vier Jahren sei das der Hit im Internet bei vielen, sagt Tina Kassubeck: "Die Videos teilen sie im Status und auf jedem Kanal." Seitdem haben ihre Videos auf Instagram und TikTok Zehntausende Klicks aus ganz Deutschland. Und dann gehe ein Videos auch mal so richtig durch die Decke: "Ein Video hatten in der Spitze 1.300 Leute gleichzeitig geschaut."

Türchen öffnen sich in digitalem Weihnachtskalender

Im Livechat würden die Tänzerinnen und Tänzer auch mal nach Autogrammkarten gefragt, sagt Kassubeck. Mittlerweile folgen dem Kanal auch Partysänger wie Ikke Hüftgold. "Corona hatte uns sozusagen in die Digitalisierung gezwungen", sagt Vize-Präsident und Programmchef Tobias Hein. Ein Highlight wird damals geboren, erklärt er: Ein digitaler Weihnachtskalender, bei dem sich die Karnevalsmitglieder in Rentier Rudolf verwandeln oder zu Weihnachtsevergreens kleine Tanzshows abliefern. Den Kalender soll es auch dieses Jahr wieder geben.

Scooter lässt grüßen: 1990er-Jahre sind diesjähriges Motto

Und in dieser Karnevalssaison wird vor allem der Bass aufgedreht. Unter dem Motto "Scooter, Blümchen, Tic Tac Toe - die Lallendorfer 90er Show" wollen die Närrinnen und Narren auf Karnevalsitzungen, Volksfesten und Tanzturnieren den Leuten ordentlich einheizen. Und warum "Lallendorf?"

"Markranstädt wird im Volksmund so genannt, weil hier so viel gelabert wird", sagt Club-Präsident Michael Unverricht und lacht. Die Karnevalsleute selbst seien gespannt, wie sich die Leute in dieser Saison zu den Veranstaltungen verkleiden, sagt er.

Viele junge Mitglieder

Der Carneval Club sei vor allem eines, sagt Unverricht: sehr jung. Die Hälfte der 160 aktiven Mitglieder, sei unter 30 Jahre alt - vom jüngsten Jecken mit vier Jahren bis zum alten Hasen mit 74. "Das ist auch unser Ziel, dass sich der Karneval wandelt und dass man dieses Brauchtum auch in der jüngeren Gesellschaft hat", betont Unverricht.

Kerle verwandeln sich in Schulmädchen

Jetzt ist aber das Aufwärmen beim Tanzen vorbei. Erik, Silvio und Andi haben sich in ihren Kostümen in adrette Schulmädchen verwandelt. Ganz zauberhaft: Erik ist Sailor Moon - eine Anime-Ikone der 1990er-Jahre - mit ihren auffällig blonden Haaren. Der 35-Jährige ist seit mehr als drei Jahren im Männerballett. "Es ist einfach super, weil wir hier ne coole Truppe sind." Und sie wollen in der neuen Narrenzeit vor allem eins: "Den grauen Alltag aus der Gesellschaft vertreiben."

Und wieso ist Silvio dabei? "Das ist wohl bei den meisten hier im Männerballett - ich war betrunken", sagt er und lacht. Zum 11. November lernt er vor elf Jahren seine jetzige Frau Tina kennen - die ihm und den anderen Jungs jetzt als Choreografin zeigt, wo es tanzmäßig lang geht. Im Karnevalsverein geht Silvio ganz darin auf: "Es ist nicht nur Hobby, sondern Leben."

Herz pumpt auch nach Jahren

Der 11.11. ist der Starttag in die neue heiße Phase für die Jecken. Nach monatelangem Proben pocht so langsam das Herz, oder? "Ich bin immer super aufgeregt. Man steht am Ende vor 600 Leuten auf der Bühne", sagt Silvio und fügt hinzu: "Wenn die Scheinwerfer auf einen gerichtet sind und der Vorhang aufgeht, dann pumpt mein Herz immer auf 180, selbst nach so vielen Jahren."

Vom Kampfsport zum Männerballett

Nach Leistungs- und Kampfsport tanzt Andi nun beim Männerballett. "Ich habe Kickboxen gemacht und bin 26 Jahre lang Ski gesprungen." Aber das Männerballett sei auch nicht ohne: "Mittlerweile artet das hier in Leistungssport aus", sagt Andi, lacht lauthals, fügt hinzu: "Es wird mitunter schon sehr anstrengend."

Sein Wochenplan sei gerade jetzt mit Proben sehr voll. Doch der Spaß stehe über allem: "Ich hatte vorher nichts mit Karneval zu tun", sagt der 34-Jährige. Aber: "Hier sind tolle Freundschaften entstanden. Es ist wie Familie. Es ist das Geilste, was ich bisher in meinem Leben gemacht habe."

Großer Auftakt am 11.11.

Am Sonnabend geht's für die frechen Jecken ans Markranstädter Rathaus zum großen Saisonauftakt. Dort lassen sie sich um 11:11 Uhr symbolisch die Rathausschlüssel vom Bürgermeister aushändigen.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 11. November 2023 | 19:00 Uhr

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