Verkehrsbehinderungen Falschparker-Chaos am RB-Stadion: Großkontrollen und neues Konzept sollen helfen
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24. Februar 2023, 17:33 Uhr
Zugestellte Fußwege und blockierte Feuerwehrzufahrten - das Falschparkerchaos ist in Leipzig nicht neu, aber wird besonders zu den Fußballspielen in der Red-Bull-Arena offensichtlich. Auch beim Champions-League-Spiel am Mittwoch verteilte das Ordnungsamt Dutzende Knöllchen an falsch geparkten Autos. Der Abschleppdienst wurde auch mehrmals gerufen. Dabei greifen die Ordnungskräfte erst seit Kurzem so konsequent durch, sagt eine Bürgerinitiative.
- Ordnungsamt reagiert erst nach massiven Bürgerprotesten mit Großkontrollen.
- Zur Lösung des Problems könnte das Vorbild von Bremen helfen.
- Leiter des Ordnungsamtes hält wenig vom Bau neuer Parkplätze.
Noch mehr als 60 Minuten bis zum Anpfiff zum komplett ausverkauften Champions-League-Spiel zwischen RB Leipzig und Manchester City in der Leipziger Red-Bull-Arena mit über 45.000 Zuschauern. Eigentlich genügend Zeit an diesem Mittwochabend, um das Auto in einem der vielen Parkhäuser in der Leipziger City zu parken – dort sind gegen 20 Uhr am Mittwochabend noch Hunderte Parkplätze frei. Stattdessen drängen sich Autos mit ihren blendenden Scheinwerfern durch die schmale Mainzer Straße und Am Elsterwehr südlich des Stadions. Sie hupen, weil es vorne nicht weiter geht. Doch weit kommen sie nicht, denn am Ende der Strecke blockiert eine kleine Gruppe die Zufahrt zum Landschaftsschutzgebiet am Elsterbecken mit einem Lastenfahrrad.
Die geschützte Wiese wurde dort erst im Januar während eines Fußballspiels vollkommen zugeparkt, sagt Eric Lenz aus der Gruppe der Bürgerinitiative Verkehrswende Leipzig heraus. Der 24-Jährige hatte sich schon bei vergangenen Protesten gegen Falschparker rund um die Red-Bull-Arena beteiligt. "Als die Verkehrspolizei noch keine Maßnahmen ergriffen hatte, war auch von anderen Wiesen nicht mehr so viel übrig", sagt Eric Lenz.
Großkontrollen erst seit wenigen Monaten
Polizei und Ordnungsamt hätten erst nach massiven Bürgerbeschwerden und -protesten mit gemeinsamen Großkontrollen ab September 2022 reagiert, erklären die Vertreter von Verkehrswende Leipzig. Der Ursprung des Problems liege weiter zurück, sagte Jürgen Kasek (Grüne). Massiv verschlimmert habe es sich, als RB Leipzig 2018 in die erste Bundesliga aufstieg und seitdem Tausende Zuschauer zusätzlich in die Red-Bull-Arena kommen, sagte der Grünen-Stadtrat: "Es gibt keine Parkplätze im Stadionumfeld in der Größenordnung." Zudem sei für viele Falschparken kein Problem und sie kalkulierten die Bußgelder bewusst mit ein, so Kasek: "Für viele ist es völlig egal, mehrere Runden mit dem Auto zu drehen, um sich dann irgendwo verkehrswidrig hinzustellen."
Für viele ist es völlig egal, mehrere Runden mit dem Auto zu drehen, um sich dann irgendwo verkehrswidrig hinzustellen.
Bremen soll Vorbild für Leipzig sein
Auf Initiative der Grünen habe der Leipziger Stadtrat im November Sofortmaßnahmen beschlossen, erklärte Kasek. Der Stadtrat sah sich zum Handeln gezwungen, als das Parkchaos etwa am Cottaweg oder der Jahnallee offensichtlich wurde. Vorbild für Leipzig solle das Konzept von Bremen sein, da es dort eine ähnlich komplizierte Situation gebe, so Kasek: "Dort liegt das Stadion auch im innerstädtischen Bereich." Doch dort habe man das Problem im Griff, da etwa der Sperrkreis für Pkw während der Fußballspiele deutlich ausgeweitet wurde. Das solle auch noch in Leipzig passieren, sagte Kasek. Außerdem: Parkplätze in der Leipziger City sollten besser ausgeschildert und kommuniziert werden.
Stadt stellt im Naturschutzgebiet Poller auf
Die ersten Sofortmaßnahmen scheinen zu wirken: Am Cottaweg stehen seit Ende vergangenen Jahres Poller. Zuvor hätten dort Dutzende Autos mitten im Naturschutzgebiet geparkt, so Grünen-Stadtrat Kasek. Zusammen mit den Großkontrollen konnten so falsch parkende Autos während der Fußballspiele schon deutlich reduziert werden, sagte der Leiter des Ordnungsamtes, Matthias Laube, auf Anfrage von MDR SACHSEN: "Zu einem Fußballspiel am 10. September vergangenen Jahres hatten wir 863 Ordnungswidrigkeiten. Diese entwickelten sich im Verlauf der weiteren Spiele merklich nach unten." Derzeit gebe es aber immer noch pro Fußballspiel bis zu 35 Verwarnungen für verbotenes Parken auf Grünflächen und bis zu 270 Verwarnungen für falsch geparkte Autos auf Straßen oder Fußwegen, so Laube.
Neue Parkplätze nicht Lösung des Problems
Die Anreise für jeden Stadiongast sei einfach nicht möglich, so Ordnungsamtsleiter Laube: "Es gibt rund um das Stadion zu wenig Platz, um alle Gäste individuell anreisen zu lassen. Deswegen legen wir unseren Schwerpunkt etwas auf den ÖPNV und Ausbau von Park-and-Ride-Plätzen." Die Schaffung neuer Parkplätze sei keine Lösung. "Das wäre im Verhältnis zu den erwarteten Besucherzahlen von 50.000 Personen ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn ein Parkhaus mit 1.000 Stellflächen gebaut würde", sagt der Ordnungsamtsleiter.
Das wäre im Verhältnis zu den erwarteten Besucherzahlen von 50.000 Personen ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn ein Parkhaus mit 1.000 Stellflächen gebaut würde.
RB Leipzig weist Fans auf ÖPNV hin
Gerade für Anwohnerinnen und Anwohner im näheren Wohnumfeld ist das Parkchaos belastend. Beispielsweise in der Willmar-Schwabe-Straße im Süden des Stadions werden regelmäßig die Feuerwehrzufahrten einer Kita und eines Gymnasiums durch Falschparker blockiert, berichtet ein Anwohner: "Da wird jeder Fleck genutzt, der physikalisch zugeparkt werden kann. Das ist nicht meine Vorstellung von gesellschaftlichen Miteinander." Auch RB Leipzig ist das Problem bewusst. "Die derzeitige Situation ist sicherlich alles andere als optimal", teilt der Erstligist auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Anreisende Fußballfans würden regelmäßig darauf hingewiesen, möglichst die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.
Da wird jeder Fleck genutzt, der physikalisch zugeparkt werden kann. Das ist nicht meine Vorstellung von gesellschaftlichen Miteinander.
Bürgerinitiative stellt sich gegen Falschparker
Nachdem sich die Situation am Elsterwehr beruhigt hat, sind Eric Lenz und andere Unterstützer von Verkehrswende Leipzig zur Zeppelinbrücke gegangen. Für die Fußballfans wird gegen 20:40 Uhr die Zeit knapp, noch einen Parkplatz zu finden. Es vergeht keine Minute, in der nicht ein Auto versucht, am Ende der Brücke auf dem Fußweg zu parken. Wer nicht abgeschleppt werden will, parkt hier lieber nicht, ruft Sirko Hollas den Autofahrern entgegen, bevor sie über den Bordstein fahren. Unter Zeitdruck werden einige aggressiv. Aus einem der Autos ruft ein Mann: "Wollt ihr auf die Fresse?" und rast weiter. Doch die allermeisten der Autofahrer seien verständnisvoll, sagt Sirko Hollas: "Die meisten sagen, dass sie nicht wussten, dass man hier nicht parken kann und bedanken sich sogar."
Ordnungsamt lässt wieder mehr Autos abschleppen
Am Ende des Tages zählt das Ordnungsamt am Mittwochabend wieder eine höhere Anzahl an Falschparkern, informiert Ordnungsamtsleiter Matthias Laube. 233 Verwarngelder gab es Laube zufolge für falsch geparkte Autos auf Straßen, 54 Pkw parkten ordnungswidrig auf Grünflächen. 28 Fahrzeuge seien abgeschleppt worden. "Das ist eine deutliche Erhöhung zu den zuletzt festgestellten Zahlen. Sonst hatten wir Werte im einstelligen Bereich bei den abgeschleppten Fahrzeugen." Grund dafür sei wohl auch der Streik der Leipziger Verkehrsbetriebe gewesen. Dadurch seien viele Stadiongäste aufs Auto umgestiegen, erklärte Laube.
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 24. Februar 2023 | 16:30 Uhr