Internationales Festival für Dokumentar- und Animationsfilm DOK Leipzig: Französin Dominique Cabrera mit Hauptpreis ausgezeichnet
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03. November 2024, 17:00 Uhr
Am Samstagabend erhielt die Französin Dominique Cabrera beim DOK Leipzig-Festival den Hauptpreis für ihren Film "La Jetée, the Fifth Shot". Für den besten Kurzfilm wurde der britische Filmemacher John Smith geehrt. Das Festival, das 200 Filme aus 55 Ländern zeigte, war am Montag gestartet – in politisch aufgeladenen Zeiten mit einem Film, der das Licht feiert, "als Grundelement dessen, was Kino und was Kunst ist".
- Bei DOK Leipzig wurde am Samstag die Französin Dominique Cabrera für ihren Film "La Jetée, the Fifth Shot" ausgezeichnet.
- Das Internationale Festival für Dok- und Animationsfilm war am Montag zuvor mit den Filmen "Tracing Light" und "Flowers of Ukraine" eröffnet worden.
- Zu sehen waren rund 200 Filme aus 55 Ländern. Die Retrospektive widmete sich dem Kalten Krieg und wirft einen Blick auf die Festivalgeschichte.
Beim DOK-Festival in Leipzig wurden am Samstagabend der Film "La Jetée, the Fifth Shot" der französischen Filmemacherin Dominique Cabrera mit dem Hauptpreis "Goldene Taube Langfilm" ausgezeichnet. Das gab die fünfköpfige Festivaljury bekannt. Der Preis ist mit 10.000 Euro Preisgeld dotiert.
Der erste Platz in der Kategorie Kurzfilm ging an den Film "Being John Smith" des namensgebenden britischen Filmemachers. Weitere Auszeichnungen erhielten etwa "Twice into Oblivion L’oubli tue deux fois" aus Frankreich, Haiti und der Dominikanischen Republik sowie die us-amerikanisch-saudische Koproduktion "What Goes Up".
Eine Hood, ein Song – Rap-Serien-Projekt gewinnt ARD TopDocs – Wettbewerb
Bereits am Mittwochabend war der Preis im ARD TopDocs – Wettbewerb vergeben worden. Als herausragendes dokumentarisches Projekt wurde "Hood Geschichten – Die mobile Rap-Schmiede" von Tellux Film München ausgewählt, das nun mit 300.000 Euro Preisgeld bei der Realisierung unterstützt wird.
ARD-Chefredakteur und Jury-Vorsitzender Oliver Köhr erklärte, die Serie könne junge Menschen motivieren, sich aus schwierigen Lebenssituationen zu befreien. Sie seien auch das Publikum, das die Serie, die bis 2025 realisiert sein soll, im Blick habe. Eingegangen waren 32 Einsendungen. Fünf Projekte wurden für das Finale im ARD TopDocs – Wettbewerb nominiert, der nach Projekten suchte, die sich mit Themen befassen, "die Deutschland 2025 bewegen" und auf zeitgemäßes dokumentarisches Erzählen setzen. Zu sehen sein sollen die prämierten Projekte im Ersten oder der ARD Mediathek.
ARD TopDocs bei DOK Leipzig und in der ARD Mediathek
- Die beim 13. ARD TopDocs – Wettbewerb eingereichten Projekte sollten einen klaren Bezug zu politischen und gesellschaftlichen Themen haben, die Deutschland 2025 bewegen.
- Die nominierten Produzentinnen und Produzenten präsentierten ihre Konzepte für ihr 90-minütiges Filmprojekt am 30. Oktober 2024 bei einem Pitch in Leipzig. Mit dabei:
- "Hood Geschichten – Die mobile Rap-Schmiede", Tellux Film aus München
- "Unter Männern", DRIVE beta aus Berlin
- "Abgelehnt – Alltag einer Ausländerbehörde", sendefähig aus Bremen
- "Der große Stasi-Leak – Helden oder Verräter?" von Hamburg Producers Media
- "Ein Bus voller Busfahrer", Berlin Producers Film
- Das Finale des "ARD TopDocs – Wettbewerb" findet traditionell während des Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm statt.
- Der TopDocs-Gewinner 2023 zeigt ein KI-Experiment: "Der Autokraten-Code", derzeit zu sehen in der ARD Mediathek und am 2. Dezember, 23:35 Uhr im Ersten.
Dok Leipzig: Fenster zur Welt mit 200 Filmen aus 55 Ländern
Am Montag hatte das 67. Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm begonnen. In den Wettbewerben konkurrierten in diesem Jahr 73 lange und kurze Filme um die Goldenen und Silbernen Tauben. Insgesamt waren rund 200 Arbeiten aus 55 Ländern zu sehen, darunter 33 Weltpremieren.
Hommage an das Licht als Grundelement des Kinos
Zur Eröffnung wurde der Film "Tracing Light" von Thomas Riedelsheimer gezeigt. Laut Festivalleiter Christoph Terhechte beschäftigt sich der Film auf ästhetisch ansprechende Weise "mit dem Licht als physikalischem Phänomen und gleichzeitig mit dem Licht als Grundelement dessen, was Kino und was Kunst ist." 2004 war das Festival schon einmal mit einem Film – "Touch the Sound" – von Riedelsheimer gestartet.
Nachdem das Publikum 2023 mit "White Angel – Das Ende von Marinka" von Arndt Ginzel direkt mit Eindrücken von der ukrainischen Front konfrontiert worden war, mag die Wahl eines Filmes, der keinen der aktuellen Krisenherde berührt, in diesem Jahr verwundern. Es habe sich kein passender Film mit entsprechendem Aktualitätsbezug gefunden, erläuterte Terhechte. Vor allem der Krieg in Israel sei noch zu frisch, und die ausgewogene dokumentarische Perspektive darauf brauche noch Zeit.
Filme, die zeigen, was es zu bewahren gilt
"Ich glaube, dass ein Film, der sich mit Kunst beschäftigt, auch politisch ist", ergänzt der Festivalleiter. "Tracing Light" sei insofern auch repräsentativ für den gesamten Festivaljahrgang, als sich viele Filme mit der Frage beschäftigten, was wir in dieser Welt überhaupt zu bewahren haben. Ein Beispiel dafür ist "Flowers of Ukraine" von Adeline Borets, der parallel für das Leipziger Publikum am Bahnhof (Osthalle) gezeigt wurde. Eine alte Frau verteidigt mit Verve ihren Garten, ein kleines Paradies inmitten der großen Stadt Kiew – zunächst gegen Investoren und dann gegen das Verschwinden im Krieg.
Ich glaube, dass ein Film, der sich mit Kunst beschäftigt, auch politisch ist.
Insgesamt seien viele Filme mehr implizit als explizit politisch, so Terhechte, auch mit Blick auf den Nahen Osten. Um Verständigung geht es etwa im Schweizer Film "There was nothing here before". Der Regisseur Yvann Yagchi sucht als Sohn palästinensischer Einwanderer seinen jüdischen Kindheitsfreund wieder auf, der inzwischen in einer Siedlung im Westjordanland lebt. Auch der kanadisch-französische Beitrag "I Shall not Hate" von Tal Barda streckt die Hand zum Dialog aus.
DOK Leipzig setzt sich kritisch mit eigener Geschichte auseinander
Was der künstlerische Dokumentarfilm kann und soll, gerade in politisch aufgeladenen Zeiten, darüber wurde auch in diesem Jahr wieder gesprochen, etwa in einem Panel mit dem Titel "Auf den zweiten Blick" am Mittwoch im Zeitgeschichtlichen Forum. Doch bereits die Eröffnungsveranstaltung regte mit einem historischen Vergleich dazu an, sich mit der Frage zu beschäftigen. Bei den Recherchen zur diesjährigen Retrospektive wurde ein Tondokument von vor 50 Jahren wiederentdeckt.
Dabei handelt es sich um die Rede, die der damals sehr verehrte Regisseur und Ehrengast Santiago Alvarez 1974 in Leipzig zur Eröffnung einer kubanischen Retrospektive hielt. Mit Nachdruck bricht er eine Lanze für den künstlerischen Dokumentarfilm: "Der Dokumentarfilm hat seinen eigenen Wert, wie auch der Spielfilm seinen Wert hat", ruft er auf Spanisch in den Raum – die Stimme der Übersetzerin ist mit zu hören. Der Applaus, der folgt, wäre ihm für diese Aussage heute wohl genauso gewiss. Doch dann weist er dem künstlerischen Dokumentarfilm auch eine eindeutige Aufgabe zu: Er soll ein Instrument in den Händen der Revolution sein.
Der Dokumentarfilm hat seinen eigenen Wert.
50 Jahre später war Alvarez' Rede noch einmal zu hören, für DOK Leipzig ein willkommener Anlass, sich wieder einmal kritisch mit der eigenen Festivalgeschichte zu befassen. Die Retrospektive "Dritte Wege in der zweigeteilten Welt" versammelte künstlerische Zwischenpositionen und "Unterwanderungen" im Kalten Krieg. Das sei eine "wilde Mischung" aus Filmen, die in Leipzig wirklich gelaufen oder auch aus politischen Gründen abgelehnt worden seien, so Kuratorin Sylvia Görke, die aber, "wenn man sie im Kontext betrachtet, ein bisschen schillern", weil sie gar nicht so leicht einzuordnen seien.
Neue Ausstellungsorte in Leipzig für "DOK Neuland"
Auf eine strukturelle Neuausrichtung gab es in diesem Jahr bei der Reihe "DOK Neuland", die jedes Jahr wegweisende XR-Projekte (Extended-Reality) versammelt. In den vergangenen Jahren wurden die Arbeiten und Installationen im Keller des Museums der bildenden Künste gezeigt. Dieses Jahr kamen weitere Orte im öffentlichen Raum hinzu. Unter anderem wurde die historische Wartehalle im Bahnhof einbezogen, aber auch die Cinématheque Leipzig war dabei.
Es gehe darum, den Zugang zu diesem kostenlosen Programmangebot so niedrigschwellig und transparent wie möglich zu gestalten, so Christoph Terhechte. Es gebe aber auch einen inhaltlichen Bezug. Unter dem Titel "Fluxusopolis" ging es bei DOK Neuland in diesem Jahr um die Kraft des Wandels.
Über 20 Jahre Arbeit an einem Animationsfilm
Auch der Internationale Wettbewerb Animationsfilm wurde weiter ausgebaut, zumindest mit Blick auf die langen Formate. Neben den kurzen waren in diesem Jahr fünf lange Animationsfilme zu sehen. Eine Weltpremiere, die lange auf sich warten ließ, war die von "Memory Hotel". Vor 24 Jahren begann der aus Görlitz stammende Regisseur Heinrich Sabl die Arbeit an seinem Puppentrickfilm. Für den Animationsfilm braucht es eben einen langen Atem.
Auch zwei Hommagen standen 2024 auf dem Programm. Gewürdigt wurden Dominique Cabrera, die sowohl dokumentarisch als auch fiktional arbeitet, und die spanische Animationskünstlerin Isabel Herguera. Außer der Reihe wurde mit ausgewählten Filmen auch an Thomas Heise erinnert, der dieses Jahr unerwartet starb. Er zählte zu den bedeutendsten deutschen Dokumentarfilmschaffenden und war eng mit DOK Leipzig verbunden.
Informationen zum Festival:
DOK Leipzig
Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
28. Oktober bis 4. November 2024
Programm und weitere Informationen auf der Homepage des Festivals.
Quellen: DOK Leipzig, ARD, MDR KULTUR (Lars Meyer) Redaktionelle Bearbeitung: ks, lig
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 28. Oktober 2024 | 07:15 Uhr