Ansicht von oben von Rolltreppe auf mit beleuchteten Glasbausteinen ausgekleideten unterirsichen S-Bahnhof mit Mittelbahnsteig und mit einer stehenden S-Bahn in Silbergrau, Typ Talent 2, und Bewegungsunschärfe einer fahrenden S-Bahn
Am S-Bahnhof Willhelm-Leuschner-Platz in Leipzig ist ein schneller Zugang zur City möglich. (Archivbild) Bildrechte: imago/Panthermedia

Jubiläum Zehn Jahre City-Tunnel Leipzig: Zugausfälle trüben Feierlaune

14. Dezember 2023, 19:44 Uhr

Zu klein geplant: So kurz und knapp analysiert der Fahrgastverband Pro Bahn den Leipziger City-Tunnel, durch den nun seit zehn Jahren Züge rollen. Zugleich betont der Verband, dass den Tunnel und das gesamte mitteldeutsche S-Bahn-Netz die Bahnfahrenden nicht mehr missen möchten. Zurzeit werden ihre Nerven aber auf eine harte Probe gestellt. Der Deutschen Bahn fehlt Personal. Fahrten sind aus dem Fahrplan gestrichen. Viele Züge sind überfüllt.

Das 10. Jubiläum des City-Tunnels in Leipzig wird von einem eingeschränkten Angebot der mitteldeutschen S-Bahn bestimmt. Weil der Deutschen Bahn noch immer Personal fehlt, müssen sich Fahrgäste auf sieben S-Bahn-Linien weiterhin auf geänderte Fahrpläne und weniger Züge einstellen. Ungeachtet dieser Misere hat mit der Eröffnung des City-Tunnels im Dezember 2013 für Leipzig und das gesamte Umland eine neue Ära des Schienenverkehrs begonnen.

Pro Bahn: Erfolgsgeschichte, aber zu klein geplant

Aus Sicht des Fahrgastverbandes Pro Bahn ist der Tunnel ein Erfolg - obwohl anfangs die Skepsis groß war. "Für die Fahrgäste ist das ein riesengroßer Gewinn, den man nicht missen möchte", sagte der Sprecher von Pro Bahn in Mitteldeutschland, Carsten Schulze-Griesbach. Die Fahrgastvertreter bemängeln allerdings, dass systematisch zu klein geplant worden sei. Das Ergebnis seien jetzt zu kurze und auf bestimmten Strecken überfüllte Züge - besonders dann, wenn viele Pendler gleichzeitig zum Schichtwechsel unterwegs sind.

Laut Deutscher Bahn nutzen an einem Werktag bis zu 90.000 Menschen die Züge im mitteldeutschen S-Bahn-Netz, wobei natürlich nicht alle Fahrgäste auch im Abschnitt des City-Tunnels unterwegs sind. Pendler beklagen, dass die eingesetzten Züge immer mehr verschleißen und schmutzig seien. Von Anfang an war die Fahrzeugreserve knapp bemessen.

City-Tunnel Leipzig
Vom eigenen Erfolg überrollt: Mit den S-Bahnen im Großraum Leipzig wollen oftmals mehr Leute mitfahren, als Platz in den Zügen ist. (Archivbild) Bildrechte: imago/Rüdiger Wölk

Kostenexplosion während zehnjähriger Bauzeit

Das Großprojekt City-Tunnel wurde in etwa zehnjähriger Bauzeit umgesetzt. Die Kosten stiegen in der Zeit erheblich an. Von veranschlagten 572 Millionen Euro auf 960 Millionen Euro.

Die Idee für den City-Tunnel war viel älter. Bereits im Kaiserreich wollte man den neu geplanten Hauptbahnhof mit dem Bayerischen Bahnhof verbinden. Nach 700 Metern war jedoch Schluss. Streiks, Weltkriege und die DDR-Planwirtschaft verhinderten, dass der Tunnel vollendet wurde. Stattdessen fuhren die S-Bahnen herzförmig um das Stadtzentrum in die Gleise des Kopfbahnhofs ein.

Ab 2026 stehen größere Veränderungen an

Ab 2026 stehen bei der S-Bahn Mitteldeutschland größere Veränderungen an. Dann wird nur noch ein Teil der Linien von DB Regio gefahren, andere Strecken übernimmt das Bahnunternehmen Netinera - eine Tochter der italienischen Staatsbahn. Dazu kommen Batterie-Züge auf der Strecke nach Döbeln, die von DB Regio gefahren werden. Zudem sollen Glauchau und Plauen an das S-Bahn-Netz angeschlossen werden. Hoyerswerda hingegen wurde 2022 abgehängt und nun wieder mit Regionalexpress-Zügen von Leipzig aus bedient.

Insgesamt werden von Siemens 75 neue Züge für die S-Bahn geliefert. Wie das Unternehmen mitteilte, liegt das Auftragsvolumen bei etwa einer halben Milliarde Euro. "Die Bestellung von 75 Mireo-Zügen, einschließlich 16 Batteriezügen, für das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz freut uns sehr. Es ist unser bisher größter Mireo-Auftrag", sagte Gerhard Greiter, Geschäftsführer bei Siemens Mobility.

Die neuen Züge bieten den Angaben zufolge 100 Sitzplätze in den zweiteiligen Zügen, 150 Sitzplätze in den Dreiteilern und 200 Sitze in den Vierteilern. Zudem gebe es WLAN, zahlreiche Steckdosen und sogenannte Hochfrequenz-Fensterscheiben, die den Mobilfunkempfang im Zug verbesserten.

Wir sind die Kommune, die am meisten vom City-Tunnel profitiert.

Karsten Schütze (SPD) Oberbürgermeister von Markkleeberg

Seit Eröffnung des City-Tunnels ziehen auch Leipzigs Nachbarkommunen ihren Nutzen aus den neuen S-Bahn-Strecken, wie Markkleeberg zum Beispiel. "Für Markkleeberg ist der City-Tunnel eine Erfolgsgeschichte. Wir sind die Kommune, die am meisten davon profitiert", sagte Oberbürgermeister Karsten Schütze (SPD). Man müsse nicht einmal auf den Fahrplan schauen, weil alle zehn Minuten eine Bahn fahre. "Für die Markkleeberger bedeutet das Lebensqualität, dass man mit der S-Bahn in zwölf Minuten auf dem Markt in Leipzig ist", meinte Schütze.

Kein Ladensterben in Markkleeberg

Die Fahrgastzahlen haben sich den Angaben zufolge von ca. 3.700 Ein- und Aussteigern im Jahr 2015 auf 5.000 im Jahr 2022 erhöht. Befürchtungen, dass es durch den City-Tunnel zu einem Ladensterben in Markkleeberg komme, hätten sich nicht erfüllt. Stattdessen gebe es in der zentralen Einkaufsstraße - in der Rathausstraße - keinen Leerstand. Unternehmen fänden wegen der guten S-Bahn-Anbindung auch leichter Arbeitskräfte, unterstrich der Oberbürgermeister die Vorteile.

Das sind die aktuellen Einschränkungen im Mitteldeutschen S-Bahn-Netz:

  • S1/S6: Die Züge der Linie S1 verkehren weiterhin ab Leipzig Hbf als S6 weiter nach Borna bzw. Geithain und umgekehrt wird die S6 ab Leipzig Hbf zur S1 nach Miltitzer Allee. Es entfallen die Halte der Linie S6 Essener Straße, Leipzig Nord und Leipzig Messe sowie die Halte der Linie S1 Völkerschlachtdenkmal und Stötteritz. Um die Kapazität zu erhöhen, sollen diese Züge mit größerer Sitzplatzkapazität fahren.
  • S2: Es entfallen weiterhin einzelne Fahrten der S2 zwischen Leipzig und Delitzsch an Sonn- und Feiertagen. Die S2 von Stötteritz nach Bitterfeld/Dessau/Wittenberg/Jüterbog ist davon nicht betroffen.
  • S3: Wegen eines unbesetzten Stellwerks verkehren vier Züge der S3 in Tagesrandlage nicht von/bis Halle-Nietleben sondern nur von/bis Halle Südstadt bzw. nur von/bis Halle Hbf.
  • S9: Züge der Linie S9 (Halle Hbf – Delitzsch ob Bhf– Eilenburg) fahren montags bis freitags zweistündlich. Die geplanten Taktverdichter in der Hauptverkehrszeit werden mit Bussen ersetzt.
  • S10: Die Züge der Linie S10 zwischen Miltitzer Allee und Leipzig Hbf entfallen weiterhin.
  • S47: Die Züge der Linie S47 (Halle-Trotha – Halle Hbf) fahren weiterhin an den Tagesrandlagen. Reisende nutzen alternativ die Züge der RB47 und die Straßenbahnen der Tramlinie 12. Ab 8. Januar 2024 fahren die Züge der S47 zwischen 6 - 22 Uhr wieder ohne Einschränkungen.

MDR (lam/Studio Leipzig/sth)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 14. Dezember 2023 | 07:30 Uhr

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