S-Bahn Zug der VVO
Die Bahn kommt - in Dresden allerdings nicht mehr immer nach Fahrplan. Ausfälle bei der S-Bahn gehören zur Tagesordnung. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Robert Michael

Jubiläum in schwierigen Zeiten S-Bahn Dresden feiert 50. Jubiläum: Fahrgästen droht neues Ungemach

30. September 2023, 09:00 Uhr

Den meisten S-Bahn-Kunden wird derzeit nicht nach Feiern zu Mute sein. Seit Monaten leben sie mit einem gekürzten Fahrplan und obendrein noch mit spontanen Zugausfällen wegen Personalmangel oder kaputter Technik. Dennoch erinnert die Deutsche Bahn an 50 Jahre Erfolgsgeschichte der Dresdner S-Bahn, die unter Regie der damaligen Deutschen Reichsbahn begann.

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In dieser Woche gab es Torte. Eigentlich hätten die treuen Kundinnen und Kunden der Dresdner S-Bahn jeden Tag ein Stück davon verdient - angesichts der ständigen Verspätungen und Ausfälle, die ihnen die Deutsche Bahn seit Monaten zumutet. Anwesend bei der Jubiläumsfeier waren Vertreter aus Politik, Verkehrsunternehmen und Tourismusverbände.

Aktuell gibt es ansonsten aber vor allem Alltagssorgen: Allein acht Prozent aller Fahrten sind laut Verkehrsverbund Oberelben (VVO) planmäßig gestrichen, seit vor etwa einem Jahr, ein mehrfach verlängerter Notfahrplan wegen Personalmangels gilt. VVO und Deutsche Bahn wollen am 6. Oktober weitere Einschränkungen bei DB Regio im Großraum Dresden verkünden. So viel sickerte beim Tortenanschnitt durch: Es werden nochmals Fahrpläne ausgedünnt, um Fahrgästen böse Überraschungen durch kurzfristige Ausfälle zu ersparen. An den genauen Details werde noch gefeilt, hieß es.

VVO sieht S-Bahn trotz Pannenserie als Rückgrat des ÖPNV

VVO-Geschäftsführer Burkhard Ehlen bezeichnete die S-Bahn als das Rückgrat des ÖPNV in der Region. Daran könnten auch die aktuellen Störungen nichts ändern. Dass trotz der Zumutungen für die Gäste eine Torte angeschnitten und dazu Saale-Unstrut-Sekt geköpft wurde, versteht der VVO-Chef als Geste der Anerkennung insbesondere für die Bahnmitarbeitenden, die in den Zeiten des Personalmangels die Stellung halten und zuverlässig ihren Dienst versehen. "Wir haben im Moment die hochproblematische Situation, dass nicht ausreichend Personal in den Werkstätten und im Fahrdienst zur Verfügung steht. Deshalb fallen so viele Fahrten aus." Das gebe es an anderen Standorten in Deutschland auch.

Wir haben im Moment die hochproblematische Situation, dass nicht ausreichend Personal in den Werkstätten und im Fahrdienst zur Verfügung steht. Deshalb fallen so viele Fahrten aus.

Burkard Ehlen Geschäftsführer des VVO

Der Zustand könne keine Zukunftsperspektive sein. Die Bahn habe zugesagt einen zuverlässigen und stabilen Betrieb wiederherzustellen, "auch wenn dieser vielleicht reduziert ist gegenüber dem gewohnten Angebot", so Ehlen.

Sachsens Verkehrsminister sieht die Deutsche Bahn in der Pflicht

Auch Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) war zum S-Bahn-Jubiläum auf einen Sprung in den Hauptbahnhof vorbei gekommen. Seinem Ministerium seien "die aktuell schwierigen Rahmenbedingungen im gesamten ÖPNV bewusst", erklärte sein Ministerium. "Der Appell gilt dabei der DB Regio AG, (...) entsprechend Maßnahmen zu ergreifen, um das gewohnte Betriebsprogramm sicherzustellen."

Sachsen habe die vom Bund im vergangenen Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel vollständig an die kommunalen Aufgabenträger weitergegeben. Ziel war es, mit diesem Geld die Bestandsverkehre möglichst aufrecht zu erhalten. Im Hintergrund führe Sachsen Gespräche zur künftigen Finanzierung des ÖPNV. "Daneben werden auch Unterstützungsmöglichkeiten des Freistaates bei der Personalgewinnung besprochen", so das Ministerium. Dulig begrüßt in diesem Zusammenhang die gemeinschaftlichen Bemühungen der Bahnunternehmen zur Nachwuchsgewinnung.

S-Bahnen und ihre Vorläufer verbinden Industriegebiete im Elbtal

Trotz der aktuellen Probleme - von denen laut VVO auch andere Branchen wie das Gesundheitswesen, die Schulen oder das Handwerk betroffen sind - hat sich das S-Bahn-System seit 50 Jahren bewährt. Züge fahren im Takt - mit Reisezeiten, bei denen weder Fahrrad, Auto noch Bus oder Straßenbahn mithalten können.

Konkret ging es zum Start in den Siebzigern darum, die Ballungsgebiete Meißen/Coswig, Dresden und Heidenau/Pirna sowie Freital mit ihrer Industrie untereinander zu verbinden und den Werktätigen zuverlässige Verbindungen zu ermöglichen. Später wurde über Pirna hinaus noch die Sächsische Schweiz als Erholungsregion einbezogen.

Taktverkehr startet am 30. September 1973

Die Geschichte reicht bis zum Fahrplanwechsel 1973/74 am 30. September 1973 zurück. Ab diesem Zeitpunkt verkehrten die damaligen Personenzüge vom Dresdner Hauptbahnhof nach Meißen, Pirna und Tharandt im 60-Minuten-Takt, im Berufsverkehr häufiger. Die Verbindungen wurden als Stadt-Vorort-Bahn (SV-Bahn) angepriesen und waren zu einem sogenannten S-Bahn-Tarif mit mehreren Preisstufen nutzbar. Es handelt sich um einen frühen Vorläufer des heutigen Verbundzonentarifs.

Das neue Zugangebot kam bei Pendlern und Ausflüglern an, sodass ab Mitte der 1970er-Jahre auch Arnsdorf, Ottendorf-Okrilla, Bad Schandau und Schöna in das SV-Bahnsystem integriert wurden. Auf den Hauptachsen setzten sich zunehmend Doppelstockwagen durch - anfangs grüne Gliederzüge, später senftopffarbene Einzelwagen aus denen flexibel unterschiedlich lange Züge gebildet werden konnten.

Seit 2016 auf eigenen Gleisen zwischen Pirna und Coswig unterwegs

Im Gegensatz zu Berlin mit dem separaten S-Bahn-Netz und Stromschienen neben den Gleisen musste sich die S-Bahn Dresden die Gleise stets mit dem restlichen Zugverkehr teilen. Erst seit 2016 können die S-Bahnen durchgehend zwischen Pirna und Coswig auf weitestgehend separaten Gleisen rollen - der Ausbau begann ab 1991.

Zum Flughafen geht es anfangs mit Dieselantrieb

Zwischen Dresden-Klotzsche und dem Flughafen-Terminal wird zwischen 1998 und 2001 ein neues Gleis für die S-Bahn errichtet. Ab dann konnte die Linie S2 zunächst mit Dieseltriebwagen vom Hauptbahnhof zum Flughafen fahren. Später begannen die Züge in Heidenau und inzwischen geht es in Pirna los - mit E-Lok und Doppelstockwaggons. Wegen des Tunnelbahnhofs unter dem Terminal benötigen alle Züge eine technische sogenannte Notbrems-Überbrückung, die dafür sorgt, dass es zu keinem gefährlichen Halt im Tunnel kommt.


Die jüngste S-Bahn-Linie ergänzt seit 2021 das Netz. Als S8 führt sie von Dresden nach Kamenz. Weil ab Dresden-Klotzsche noch immer die Oberleitung fehlt, kommen auf absehbare Zeit Dieseltriebwagen zum Einsatz.

Die S-Bahn Dresden in Zahlen

  • Das Dresdner S-Bahn-Netz umfasst aktuell vier Linien: S1 Meißen-Triebischtal - Schöna, S2 Pirna - Dresden Flughafen, S3 Dresden Hauptbahnhof - Tharandt mit Verlängerung im Berufsverkehr bis Freiberg, S8 Dresden Hauptbahnhof - Kamenz
  • Ende 2026 soll die Regionalbahn nach Elsterwerda in eine S-Bahn-Linie umgewandelt werden. Vorerst verschoben wurden dagegen Pläne für eine S-Bahn von Dresden über Cossebaude nach Riesa.
  • Das Streckennetz der Dresdner S-Bahn hat 2023 hat eine Länge von insgesamt 197 Kilometern.
  • Es werden planmäßig 62 Stationen bedient.
  • Täglich sind 321 Züge als S-Bahnen unterwegs.
  • 20 Doppelstockwaggons und acht Dieseltriebwagen sind für den Einsatz im S-Bahn-Betrieb vorgesehen.


  • Im Jahr 1985 benötigte eine S-Bahn laut Kursbuch der Deutschen Reichsbahn von Pirna bis Meißen-Triebischtal 1:25 Stunde, im Jahr 2023 dauert die Fahrt laut Fahrplan der Deutschen Bahn AG nur noch 1:02 Stunde - mit zusätzlichen Halten an den neu gebauten Haltepunkten Dresden Freiberger Straße, Dresden Bischofsweg und Meißen Altstadt.
  • In den 1980er-Jahren wurden in der Dresdner S-Bahn täglich bis zu 61.000 Reisende gezählt - laut Deutscher Bahn ein bis heute nicht mehr erreichter Spitzenwert.
  • Laut Verkehrsverbund Oberelbe nutzten vor Corona 2019 werktäglich 51.100 Fahrgäste die S-Bahn der damaligen Linie S1, S2 und S3. Seit Einführung des Deutschlandtickets im Mai stieg ersten Zählungen zufolge die Zahl der Fahrgäste um durchschnittlich 35 Prozent.


  • Im Jahr 1994 wurde der Verkehrsverbund Oberelbe gegründet, am 24. Mai 1998 der VVO-Verbundtarif eingeführt. Pendler und Reisende können mit einem Fahrschein Straßenbahn, Stadt- und Regionalus, Fähre, S-Bahn, Regionalbahn und Regionalexpress nutzen. Der Preis richtet sich nach Anzahl der durchfahrenen Tarifzonen.

MDR (lam)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 28. September 2023 | 17:30 Uhr

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