Tradition Langjährige Delitzscher Türmerstochter hört auf
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08. Dezember 2023, 16:35 Uhr
Weinkönigin, Brunnenmädchen, Spitzenprinzessin - mit Hoheiten und Maskottchen werben Kommunen und Branchen für sich. Delitzsch hat zwar keine Hoheit, wird aber von einer sogenannten Türmerstochter repräsentiert. Am Freitag endet die Amtszeit der einen und beginnt die der neuen. Raja Kraus hat beide getroffen und erzählt, warum die Türmerstochter bei ihren Auftritten immer eine Trompete dabei hat.
- Nach sechs Jahren im Amt nimmt die Delitzscher Türmerstochter Petra Wartenberg ihren Hut.
- Die Stadt hatte zunächst Angst, keine neue Türmerstochter zu finden.
- Die Nachfolgerin ist aufgeregt, freut sich aber auf die Herausforderung.
Als sich die schwedischen Reitertruppen im 30-Jährigen Krieg Delitzsch näherten, soll Maria Neander, die Tochter des damaligen Türmers, auf der Trompete gespielt haben. Mit diesen Warnsignalen soll sie der Sage nach die Zerstörung der Stadt abgewendet haben. Um an dieses Ereignis zu erinnern, repräsentieren seit den 1990er Jahren junge Delitzscherinnen die Figur der Türmerstochter.
Sechs Jahre lang war das Petra Wartenbergs Aufgabe. Wichtige Veranstaltungen und Feste der Stadt hat sie mit dem Trompetenspiel eröffnet: "Mir hat das so viel Spaß gemacht, man lernt so viele Leute kennen, auch tolle Leute. Ich bin mittlerweile mit so vielen befreundet und weiß, wohin ich mich wenden kann." Unter anderem kenne sie auch den Bürgermeister persönlich. "Und das ist ja auch nie schlecht", sagt Wartenberg.
Schwierige Suche nach neuer Türmerstochter
Am Freitagabend wird die 25-Jährige den Adventsmarkt zum letzten Mal eröffnen: "Irgendwann muss mal jemand Neues gefunden werden, vor allem, weil die Türmerstochter der Sage nach so circa 14 oder 12 war. Man kann das halt nicht mehr so verkörpern, wenn man schon ein bisschen älter ist." Eine jüngere Türmerstochter musste also gefunden werden. Gar nicht so leicht, sagt Bärbel Felgner, die bei der Stadt für die Suche verantwortlich war: "Ich hatte schon Bedenken, dass wir keine Türmerstochter mehr haben. Wir haben hier kein Brauchtum. Gerade Delitzsch ist eine Stadt, wo immer zugezogene Bürger waren, aufgrund der Arbeit, des Jobs."
Ich sehe es als kleine Herausforderung an und ich fühle mich sogar sehr geehrt.
Aufregung und Freude über neue Aufgabe
Zum Glück habe sich Mina Maria Wilke beworben. Die 15-jährige Delitzscherin kennt die Sage der Türmerstochter seit dem Kindergarten. Außerdem schauspielert sie gerne. Die Neuntklässlerin wurde durch eine Freundin der Mutter auf die Ausschreibung der Stadt aufmerksam. Natürlich ist sie aufgeregt, freut sich jedoch auf ihre neue Rolle als Türmerstochter: "Ich sehe es als kleine Herausforderung an und ich fühle mich sogar sehr geehrt, dass ich die repräsentieren darf."
Trompete üben als Pflichtprogramm
Besonders gefällt ihr das Kostüm, das sie bald tragen darf: "Da ich mich sehr doll für so altmodische Kleidung interessiere. Aber ich denke auch, dass ich mich auf das Trompetespielen sehr freuen werde. Ich muss es nur weiter üben." Denn Trompetenunterricht nimmt Mina Maria Wilke erst seit einigen Wochen. Zum Stadtfest im Sommer will sie dann aber selbst die Schweden-Signale spielen - auf der Trompete, die sie Freitagabend von der scheidenden Türmerstochter überreicht bekommt.
MDR (sth)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 07. Dezember 2023 | 16:30 Uhr