Reaktion auf Ausschreitungen Nach Silvester-Krawallen in Borna bleibt Gefühl der Unsicherheit
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22. März 2023, 19:28 Uhr
Borna landete mit den Silvester-Krawallen deutschlandweit in den Negativschlagzeilen. Etwa 200 Personen sollen in der Stadt randalierend mit Sieg-Heil-Rufen durch die Stadt gelaufen sein. Die Meldung stellte sich als mediale Übertreibung heraus. Borna will all das aufarbeiten. Dazu sollte eine Podiumsdiskussion am Dienstag mit Sachsens Innenminister, Bornas Stadtspitze und der Polizei beitragen.
- Nach den Silvester-Krawallen bleibt bei vielen Bürgern Bornas ein Gefühl der Verunsicherung.
- Die gefühlte Unsicherheit spiegelt sich laut Innenminister Schuster nicht in der polizeilichen Statistik wider.
- Bornas Oberbürgermeister Oliver Urban will erneute Ausschreitungen zu Silvester vermeiden.
Auf einem beschaulichen Marktplatz bauen Händler ihre Marktstände ab. An diesem Dienstagabend ist es ruhig in Bornas Altstadt. Doch zu Silvester wurde die knapp 19.000-Einwohnerstadt zum Schauplatz von Randalen. Eine Gruppe von etwa 30 hauptsächlich Jugendlichen und jungen Erwachsenen hatte damals Feuerwerkskörper und verbotene Pyrotechnik wie Kugelbomben auf das Rathaus und Polizeikräfte geworfen.
Einige versuchten zudem den Weihnachtsbaum anzuzünden. Die Bilanz der Silvesternacht: Etwa 5.000 Euro Sachschaden am Rathaus und ein bundesweiter Imageschaden. Außerdem bleibt bei den Bürgern - so erzählen es einige Anwohner MDR SACHSEN - noch ein Gefühl von Unsicherheit zurück.
Verunsicherung in Bornas Bevölkerung bleibt
Knapp die Hälfte der Plätze in Bornas Bürgerhaus "Goldener Stern" bleibt zur Podiumsdiskussion zu Sicherheitsfragen in Sachsen und rund um die Silvesternacht unbesetzt, zu der der CDU-Kreisverband Landkreis Leipzig eingeladen hat. Die anhaltende Verunsicherung nach den Silvesterkrawallen ist aus vielen Bürgerbeiträgen herauszuhören. Konstanze Krieger bringt es für viele Anwesende auf den Punkt: "Ich fühle mich nicht sicher. Wir haben keinen Frieden hier. Die Probleme müssen konkret benannt werden."
Ich fühle mich nicht sicher. Wir haben keinen Frieden hier. Die Probleme müssen konkret benannt werden.
Diese Forderung ist an diesem Abend häufiger zu hören: Die Polizei soll in der Stadt präsenter sein. Dazu sagt Margit Reichenbach: "Zu Silvester wird sich hier nichts ändern. Das kann nur durch eine höhere Polizeipräsenz gelöst werden." Leipzigs Polizeipräsident René Demmler zeigt Verständnis, doch es gebe personelle Grenzen: "Wir können nicht jeden Marktplatz mit Polizei besetzen." Zugleich versichert er, dass die Polizei Lehren aus den vergangenen Silvester-Randalen ziehe.
Wir können nicht jeden Marktplatz mit Polizei besetzen.
Gefühlte Unsicherheit spiegelt sich nicht in Statistik wider
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hört an dem Abend öfter die Frage, ob denn genug für die Sicherheit im Freistaat getan werde. Schuster: "Wir haben nicht den dramatischen Anstieg an Kriminalität, den die Menschen gerne empfinden." Die Anzahl der angezeigten Straftaten sei zwar im Vergleich zu 2021 um 4,8 Prozent gestiegen, sagt Schuster. Coronabedingt sei es in den Vorjahren aber auch zu weniger Straftaten gekommen. "Wir haben eine deutlich bessere Quote, als wir erwartet haben." Verglichen mit 2019 weist die Statistik laut Innenminister sogar 5,2 Prozent weniger Straftaten auf.
Wir haben nicht den dramatischen Anstieg an Kriminalität, den die Menschen gerne empfinden.
Sachsen könne sich in Fragen der Sicherheit im Vergleich mit anderen Bundesländern sehen lassen, meint Schuster. Der Freistaat habe mit knapp 60 Prozent eine der höchsten Aufklärungsquoten bei Straftaten in ganz Deutschland. "Sachsen ist eines der sichersten Bundesländer", so Schuster. Doch die Zustimmung aus dem Publikum ist verhalten. Vereinzelt ist Kopfschütteln zu sehen. Eine Wortmeldung, die viel Applaus findet: "Was sie gesagt haben, Herr Schuster, ist ein Schlag ins Gesicht. Das sind allgemeine Zahlen, die Sie genannt haben. Das spiegelt das subjektive Empfinden nicht wieder."
Bürgerpolizisten als Ansprechpartner
Innenminister Schuster teilt die Auffassung von Leipzigs Polizeipräsident Demmler, wonach die Polizei nicht immer und überall sein könne. Unterstützt wird das auch durch eine Wortmeldung aus dem Publikum: "Da ist auch Bürgerinitiative gefragt. Man kann sich mit Problemen etwa an die Bürgerpolizisten wenden." Die Bürgerpolizisten von Borna sollen hierzu im Amtsblatt nochmals vorgestellt werden, sagt Bornas Polizeichefin Sandra Kiebler.
OB Oliver Urban: Ausschreitungen vermeiden
Bornas Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD) plant das künftige Silvesterfest sicherer zu machen. Grundlage dafür seien auch Erkenntnisse aus einer Sicherheitsanalyse aus dem Programm "Allianz Sichere Sächsische Kommunen", sagt Urban. Künftig solle ein kriminalpräventiver Rat aus Stadtvertretern, Polizei und Bürgern die Kriminalität in der Stadt im Auge behalten und darauf reagieren.
Wir wollen gelangweilte Jugendliche, die auf dem Marktplatz herumsitzen, zu einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung bringen.
Außerdem werden zwei Streetworker eingestellt. "Da haben wir schon die Hoffnung, dass das ein oder andere Gespräch zum Erfolg führt. Wir wollen gelangweilte Jugendliche, die auf dem Marktplatz herumsitzen, zu einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung bringen", erklärt das Stadtoberhaupt. Auch eine Böller-Verbotszone sowie Überwachungskameras am Marktplatz seien in Planung, sagt Urban.
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 22. März 2023 | 16:30 Uhr