Museumsbefragung Museum: Sollte der Eintritt für alle kostenlos sein?
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30. Juli 2024, 03:00 Uhr
Museumseintritt – ja oder nein? Das wollte MDR KULTUR von den Kunstmuseen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wissen. Während die Dauerausstellungen in den städtischen Museen in Leipzig seit diesem Jahr kostenfrei sind, verlangen die meisten Einrichtungen in Mitteldeutschland weiterhin regulären Eintritt. Gleichzeitig befürwortet der Großteil der Museumsdirektorinnen und -direktoren kostenfreien Eintritt. Warum wagen nicht mehr Museen den Schritt?
- Freier Eintritt könnte mehr Gäste ins Museum locken.
- Der Großteil der Museen befürwortet kostenfreien Eintritt, fürchtet aber das finanzielle Risiko.
- Deshalb gehen manche Museen einen Mittelweg.
"Und das kostet wirklich nichts?", fragen seit Anfang dieses Jahres viele Besucherinnen und Besucher an den Museumskassen in Leipzig. Denn die Stadt hat den Eintritt für Dauerausstellungen in städtischen Museen abgeschafft. Tickets brauchen Museumsgäste nun nur noch für Sonderausstellungen und Führungen.
Kostenfreier Eintritt, mehr Besucher
Im Museum der bildenden Künste kommt die Veränderung gut bei den Besucherinnen und Besuchern an. Museumsdirektor Stefan Wepppelmann verzeichnet zur Zeit drei- bis viertausend Gäste mehr im Monat: "Das sind Menschen, die vorher nicht da waren, die also wirklich on top sind. Und das ist allein schon ein Grund, den Weg weiter zu beschreiten."
Dass freier Eintritt mehr Besucher anlockt, bestätigt auch eine Umfrage des Meinungsbarometers MDRfragt: Von 19.000 Befragten gaben 58 Prozent an, sie würden öfter ins Museum gehen, wenn der Eintritt frei wäre.
Kultur für alle?
Für viele andere Museen ist das Konzept in Leipzig ein Vorbild. Ein Grund: Kultur zählt in den Augen vieler zur Grundversorgung und sollte für alle frei zugänglich sein – unabhängig vom Geldbeutel.
Grundsätzlich würden sich Museen bemühen, alle Menschen zu erreichen und finanzielle Schwellen abzubauen, meint Jasper von Richthofen, Direktor der Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur. In Görlitz erhalten aktuell ausschließlich Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre freien Eintritt.
Grundsätzlich wollen Museen alle erreichen und die Schwellen weitgehend abbauen.
Finanzielles Risiko
Damit ist das Museum nicht allein, denn in der Museumswelt ist kostenfreier Eintritt für alle weiterhin nicht die Regel. In der Museumsbefragung 2024 von MDR KULTUR unter 26 mittelgroßen und großen Kunstmuseen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gaben 60 Prozent an, regulär Eintritt zu verlangen. Gleichzeitig befürtworten fast zwei Drittel der befragten Museen den kostenlosen Eintritt. Was hält sie ab?
Anika Reineke, Kuratorin der Chemnitzer Textil- und Kunstgewerbesammlung erklärt, dass ihrer Einschätzung nach ein eintrittsfreier Tag nicht die Menschen ins Museum holen würde, "die ohnehin nicht ins Museum gehen, die nicht genau wissen, was sie dort sollen." Probleme sehen einige der von MDR KULTUR befragten Museen zudem bei der Finanzierung. Manche befürchten, durch fehlende Einnahmen, müssten die Kosten für Sonderausstellungen und Führungen stark angehoben werden.
Museen in Dresden finden Mittelweg
Die Dresdner Museen gehen deshalb einen Mittelweg. Seit einiger Zeit können Besuchende jeden Freitag alle städtischen Museen und Galerien in Dresden kostenfrei besuchen. Bernd Heise, Museumsleiter des Leonhardi-Museums, hat sich lange für diese Option stark gemacht, betont aber auch, dass das Kostenverhältnis stimmen muss. In seinen Augen sollte der Museumseintritt wenigstens so viel kosten wie ein kleiner Einkauf beim Bäcker.
Ich finde, der Eintritt bei uns im Museum muss mindestens genauso teuer sein wie eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen beim Bäcker.
Kostenfreier Eintritt bleibt größtenteils eine individuelle Entscheidung der Museen beziehungsweise der kommunalen Träger. Manche Länder handhaben das anders, zum Beispiel Großbritannien. Dort sind die staatlichen Museen bereits seit mehr als 20 Jahren für alle kostenlos. Ein eintrittsfreier Tag in der Woche könnte für viele Museen aber ein Kompromiss sein – und ein erster Schritt.
Hinweise zur Museumsbefragung 2024
MDR KULTUR hat in Zusammenarbeit mit MDRfragt, dem Meinungsbarometer für Mitteldeutschland, die 34 mittelgroßen und großen Kunst- und Kulturmuseen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die eine eigene Kunstsammlung besitzen, befragt. 26 von ihnen haben an der Befragung teilgenommen. Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Die Umfrage unter der MDRfragt-Community fand vom 5. bis 12. Juli 2024 statt.
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.
Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Bei dieser Befragung haben sich 19.056 Menschen online mit ihrer Meinung eingebracht.
Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland.
MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests. Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie unter dieser Erklärungsbox.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. Juli 2024 | 07:40 Uhr