Gegen Fake News Initiative will Lügen und Manipulationen im Wahljahr in Sachsen aufdecken
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14. Februar 2024, 16:22 Uhr
Jeder kann publizieren, seine Meinung, "seine" Fakten online stellen: Podcasts, Homepages, Chatgruppen und Kanäle diverser Plattformen sind voll von Informationen - aber bei Weitem nicht alles davon ist vertrauenswürdig. Eine neue Initiative will helfen, mehr Sachkunde und Durchblick im Umgang mit Informationen rund um die Wahlen in Sachsen zu schaffen.
- Bei einem Modellprojekt sollen Erwachsene mehr Durchblick bekommen, um Quellen und Desinformation zu durchschauen.
- Ein Verein sucht Gruppen und Institutionen, die Interesse an Workshops haben.
- Auch online Auswertungen, welche Falschinformationen in Sachsen Kreise ziehen und Debatten beeinflussen.
Eine Initiative will die Nachrichtenkompetenz der Menschen in Sachsen schärfen. Das Modellprojekt namens "faktenstark" führen die Bertelsmann Stiftung, die Amadeu Antonio Stiftung und der Verein Codetekt gemeinsam durch. "Immer öfter kursieren im Internet und in den sozialen Medien falsche Informationen, die absichtlich und auch koordiniert verbreitet werden, um zu täuschen und zu manipulieren", teilten die Initiatoren mit.
In Workshops sollen Erwachsene miteinander sprechen, Desinformationen im Alltag erkennen und über den Umgang mit Quellen diskutieren. "Es geht nicht um Belehrungen, sondern um vertrauensvollen Austausch auf Augenhöhe", sagte die Projektleiterin Christina Quast MDR SACHSEN.
Es geht nicht um Belehrungen, sondern um vertrauensvollen Austausch auf Augenhöhe.
Vereine und Gruppen als Partner gesucht
Nach Ostern sollen in Sachsen Workshops für Erwachsene ab 18 Jahren stattfinden. Dafür sucht "faktenstark" Gruppen, zu denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen können. Von 45-Minuten-Terminen bis Ganztagsveranstaltungen sei vieles möglich. "Wir wollen mit Institutionen zusammenarbeiten, die bei den Menschen Vertrauen genießen", erklärt Christina Quast. Sie verweist auf Feuerwehren, Sportvereine, Landfrauen-Gruppen, auch Gewerkschaften, Kirchen, Volkshochschulen und Gruppen in Dörfern und Kleinstädten. "Jeder kann uns anfragen", so Quast. Interessierte könnten vorab ihre Themen einbringen, die dann gezielt besprochen würden.
Sechs Mitarbeitende des Vereins und Trainerinnen und Trainer aus dem Netzwerk der Amadeu Antonio Stiftung werden die Workshops leiten. Im Fokus sehen sie die Landtagswahl in Sachsen am 1. September. "Wir wollen die Demokratie schützen und deshalb die Menschen im Umgang mit Desinformationen nicht allein lassen", sagte Julia Tegeler von der Bertelsmann Stiftung. Schwerpunkte seien der Schutz vor Manipulationen und Tipps zum Handeln, wenn man auf Desinformationen stößt.
Das Wahljahr 2024 in Sachsen
- Am 9. Juni sind in Sachsen Kommunalwahlen, bei denen Sächsinnen und Sachsen ab 18 Jahren wahlberechtigt sind. Das heißt: In allen 418 sächsischen Gemeinden werden die Kommunalparlamente neu gewählt, sowie die zehn Kreistage. In vielen Gemeinden finden an dem Tag auch die Ortschaftsratswahlen statt.
- Gleichzeitig gilt es am 9. Juni auch auf Europaebene bei den Europawahlen mitzubestimmen. Hier können schon 16-Jährige mitwählen.
- Am 1. September sind die 3,3 Millionen Wahlberechtigten (Ü18) zur Landtagswahl in Sachsen aufgerufen.
Kampagnen-Trends bei Telegram und Instagram im Blick
Parallel zu den Workshops in Sachsen will "faktenstark" auch Online-Runden und einen Podcast anbieten. Auf der Website der Initiative sind Informationen über Fake News zu finden und wie man sie erkennt. Dort sollen auch Erkenntnisse veröffentlicht werden, die die Initiative aus Beobachtung sozialer Medien zieht.
"Wir untersuchen, welche Desinformationen auf unterschiedlichen Plattformen wie Facebook, Instagram oder Telegram verbreitet werden, wer die Absender sind, welche Strategien dahinterstecken und welche Trends es gibt", sagte die Projektleiterin bei der Amadeu Antonio Stiftung, Una Titz, dazu. "Gleichzeitig analysieren wir deren Wirkung, also die Debatten, die daraus in der digitalen Öffentlichkeit entstehen."
Cyber-Experten warnen vor gesteuerter Lügen-Flut
Experten erwarten im Wahljahr 2024 eine Flut von gesteuerten Falschinformationen und sehen die Einflussnahme durch massenhaft gestreute Fake News als größtes Problem. Der Chef der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit in Halle, Christian Hummert, warnte davor im MDR: "Einflussnahme, Fake-News, Propaganda – das macht mir die meisten Sorgen. Das kann sowohl durch politische Akteure oder auch durch Akteure im Ausland passieren."
Das sind die Initiatoren des Modellprojekts "faktenstark" (zum Aufklappen)
- Die Bertelsmann Stiftung mit 320 Beschäftigten führt die Aktivitäten des Projekts zusammen. Diese Stiftung finanziert sich im Wesentlichen aus Dividenden des Bertelsmann-Konzerns in Gütersloh. Zum Konzernverbund gehören u.a. die RTL Group, die Buchverlagsgruppe Penguin Random House, das Musikunternehmen BMG und Dienstleister wie Arvato. Die Stiftung finanziert Projekte, die sie selbst initiiert und auch in der Umsetzung begleitet.
- Die Amadeu Antonio Stiftung aus Berlin verfolgt seit Gründung 1998 das Ziel, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Sie unterstützt gezielt Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren und versucht Aufmerksamkeit für deren Probleme zu schaffen.
- Der gemeinnützige Verein Codetekt aus Berlin entwickelt Strategien zum Erkennen und Eindämmen von Falschinformationen. Er hat eine Plattform entwickelt, auf der Online-Artikel, Nachrichten aus dem Netz und Messenger Apps auf Vertrauenswürdigkeit bewertet werden. Das soll die Medienkompetenz der Menschen stärken helfen, dass sie unglaubwürdige Inhalte erkennen und keine Falschinformationen weiter verbreiten.
MDR (kk)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 12. Februar 2024 | 20:45 Uhr