VW-Manufaktur Dresden Kultur statt Autos? Was aus der Gläsernen Manufaktur werden könnte
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10. Februar 2025, 14:31 Uhr
Seit 2001 können Besucher in der Gläsernen Manufaktur zuschauen, wie Autos von Volkswagen endmontiert werden – erst beim Modell Phaeton, dann beim e-Golf. Ende 2025 schließt die VW-Manufaktur jedoch, das Geschäft rentiert sich nicht mehr. Über die künftige Verwendung von Gebäude und Grundstück gibt es Gerüchte. Der Konzern möchte die Strahlkraft des Gebäudes erhalten und prüft alternative Nutzungskonzepte. Und dafür gibt es sehr unterschiedliche Vorschläge.
- Der VW-Konzern sucht neue Nutzungskonzepte für die Zeit nach der Schließung der Gläsernen Manufaktur in Dresden.
- Die Staatlichen Kunstsammlungen plädieren für die Errichtung eines Zentraldepots für ihre Museen.
- Am wahrscheinlichsten scheint bisher eine Nutzung durch die TU Dresden.
Im Dezember 2001 eröffnete der Volkswagen-Konzern am Rande des Großen Gartens in Dresden eine spektakuläre Automontagehalle. Vorstandsvorsitzender Ferdinand Piëch nannte sie "die eleganteste Autofabrik in der schönsten deutschen Stadt". In der Gläsernen Manufaktur wurde der Luxuswagen Phaeton endmontiert, mit dem VW in die Oberklasse vorstoßen wollte. Kunden und Besucher konnten dabei zuschauen.
145 Millionen Mark Subventionen stützten die VW-Investition von 365 Millionen. Doch das Werk war nie rentabel, auch nicht nach der Umstellung auf den e-Golf 2017. Zum Jahresende 2025 soll die Produktion eingestellt. Die 330 Mitarbeiter werden entlassen. Nun blühen die Spekulationen über die künftige Nutzung des Gebäudes.
VW plant keine komplette Umnutzung
Es ist schon jetzt ruhiger geworden in den transparenten Montagehallen der Manufaktur. Noch ruhiger verhalten sich die Interessenten, die etwas über kommende Nutzungskonzepte sagen könnten. Auch der für Sachsen zuständige VW-Sprecher Jonas Wetzel muss sich zurückhalten, weil die Konzernspitze in Wolfsburg noch keine Entscheidung getroffen hat: "Momentan werden seitens Volkswagen verschiedene Optionen einer alternativen Nutzung geprüft. Dazu gehört explizit auch die Möglichkeit, dass wir uns an einem Konzept von Dritten beteiligen." Über die Inhalte solcher Gespräche Vertraulichkeit sei aber vereinbart worden.
Einige Prämissen deutet der Sprecher des Konzerns aber doch an: Finanzierungsfragen spielten gerade angesichts der auf Kostenreduzierung zielenden jüngsten VW-Standortvereinbarung eine Rolle. Immerhin kostet der Erhalt von Grundstück und Gebäude jährlich neun Millionen Euro. Wetzel spricht auch von einer inzwischen erworbenen "Strahlkraft des Gebäudes", das "prominent in Sichtweite der Dresdner Innenstadt" liege. Diese Strahlkraft solle erhalten bleiben und eine irgendwie geartete Präsenz von VW auch. Immerhin wurden im Vorjahr 110.000 Besucher gezählt. Eine völlige Umwidmung komme nicht infrage und der attraktive Standort werde auch nicht verramscht, verspricht Wetzel. Schon gar nicht an chinese Investoren, wie bereits gemunkelt wurde.
Kaum Chancen für Wagner-Akademie
Mehr als ein Gerücht ist das Interesse eines nicht nur in der Gläsernen Manufaktur wohlbekannten Musikers. Der Cellist und Intendant der Dresdner Musikfestspiele Jan Vogler hat sich eine "Wagner-Akademie" in den Kopf gesetzt. Bundesförderung hat er bereits akquiriert, aber den Neubau eines Konzerthauses für mindestens 60 Millionen Euro verweigert der Stadtrat angesichts der prekären Haushaltslage. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Vogler deshalb bei VW anklopft. Er selbst äußert sich dazu noch nicht.
Vogler hat seit Jahren einen sehr guten Draht mit dem musikaffinen VW-Innovationschef Nikolai Ardey in Wolfsburg. In der Manufaktur fanden bereits zahlreiche Konzerte der Dresdner Musikfestspiele oder des Moritzburg-Festivals statt, allerdings unter schwierigen akustischen Bedingungen. Das Verhältnis hat sich aber offenbar stark abgekühlt. Seit zwei Jahren sponsort VW die Projekte nicht mehr, wegen Voglers forderndem Auftreten, sickert durch. Eine Wagner-Akademie im Glaspalast erscheint auch deshalb unwahrscheinlich.
Kunstsammlungen Dresden wollen Depot
Enorme Umbauten wären außerdem erforderlich. Architekt Gunther Henn genießt dabei ein lebenslanges Mitspracherecht. Noch größere Umbauten würde eine Umnutzung als dringend benötigtes Zentraldepot der Staatlichen Kunstsammlungen erfordern, wie sie die vor kurzem verabschiedete Generaldirektorin Marion Ackermann ins Spiel brachte. Ein seit Jahren ungelöstes Problem.
Ackermann erinnerte daran, dass für die Manufaktur zwei historische Ausstellungshallten abgerissen wurden. Hier war die Avantgarde zu Hause und zu DDR-Zeiten wurden teils aufsässige Kunstausstellungen gezeigt. "Historisch war das der entscheidende Ort der Kunst", betonte Ackermann bei MDR KULTUR, "als Dresden die führende Avantgarde-Stadt in Deutschland war." Wo heute die Gläserne Manufaktur steht, habe der Ausstellungspalast gestanden, in dem zum Beispiel der El-Lissitzky-Raum zu sehen war. Insgesamt spricht Ackermann von einem "hoch aufgeladenen Ort" für die Kunstszene.
Historisch war das der entscheidende Ort der Kunst.
TU Dresden und VW kooperieren bereits
Über die wahrscheinlich aussichtsreichste Nutzung der Hälfte der 60.000 Quadratmeter durch die Technische Universität Dresden will an der Hochschule noch niemand öffentlich sprechen. "Die TU käme vom Hügel in die Stadt hinein", lobt der Grünen-Wirtschaftspolitiker im Stadtrat, Torsten Schulze, die Idee eines Forschungs-Außencampus in der Gläsernen Manufaktur. Dank einer Kooperationsvereinbarung mit der Stadt von 2016 gebe es in der Manufaktur bereits einen Co-Working-Space und ein Schülerlabor.
Im Stadtrat sei die Zukunft der Manufaktur kaum ein Thema, bedauert Schulze. Im März oder April aber will der Ausschuss für Wirtschaftsförderung eine Sitzung in der Manufaktur abhalten.
Redaktionelle Bearbeitung: jb, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 10. Februar 2025 | 06:10 Uhr