Günter Baby Sommer, ein Mann mit Hemd und Hosenträgern spielt Schlagzeug
Günter "Baby" Sommer ist auch im Alter von 80 Jahren noch ein herausragender Jazz-Schlagzeuger Bildrechte: IMAGO/Sven Thielmann

Jazz-Legende Günter "Baby" Sommer feiert seinen 80. Geburtstag mit Wolf Biermann, Till Brönner u.a.

24. September 2023, 19:00 Uhr

Seinen 80. Geburtstag feiert Jazz-Legende Günter "Baby" Sommer mit einem Jazz-Wochenende in Dresden. Am Sonntag steht u.a. Till Brönner auf der Bühne des Jazzclubs Tonne und es gibt eine Diskussionsrunde zum Jazz in der DDR bzw. der heutigen BRD. Konzert eins und zwei fanden Freitag und Samstag in der ausverkauften Studiobühne der Semperoper statt, u.a. mit Wolf Biermann, Freejazz und "Baby" mit den drei Lucaciu-Brüdern, einer jungen Jazz-Generation. Wolfgang Schilling hat den Samstagabend für den MDR besucht.

Wenn eine Jazzlegende wie Günter "Baby" Sommer seinen 80. Geburtstag feiert, dann lädt sie sich Gäste ein. Die einen spielen mit, die anderen hören zu. Und das gleich an drei Abenden in Dresden. Zwei davon fanden am Freitag und Samstag in der Studiobühne der Semperoper statt. Das dritte Konzert gibt es am Sonntagnachmittag im Jazzclub "Tonne". Am Samstagabend gehörte ein alter Weggefährte aus widerständigen Tagen zu den Gratulanten: Wolf Biermann gab sich die Ehre.

Wolf Biermann mit Gitarre und ganz langem Atem

Wie immer, wenn der Liedermacher mit alten Jazzern zusammen auftritt, will er beweisen, dass er nicht nur ein pointierter Welterklärer, sondern auch ein ziemlich guter Musiker ist. Sein Einstieg also erstmal temperamentvoll spanisch und ohne Worte.

Doch dann legte er los, wie man ihn kennt. Mit alten und ganz neuen Liedern und der Frage: "Wer hat im Streit der Welt die längere Puste?!". Ohne Frage, dem Altmeister des Widerstands gegen diktatorische Systeme und ihre Herrscher geht die Puste nicht aus.

Wolf Biermann, ein Mann spielt Gitarre und singt in ein Mikrofon
Wolf Biermann hat sich bei dem Abend wieder als spitzzüngiger Poet und Musiker gezeigt. Bildrechte: Semperoper Dresden/Jürgen Lösel

Putin kriegt sein Fett weg und auch auf die Zustände vor der eignen Haustür wirft er einen Blick: "Was wird aus meinem Vaterland / Die Muttersprache cancel-krank / West-Östlich kränkelt Vater Staat / Nicht mal die Klügsten wissen Rat." heißt es in einem aktuellen Lied aus diesem Jahr.

Und ja, auch "der kleine Drachentöter, mit seinem Holzschwert mit sechs Saiten", wie er sich im Lied bezeichnet, weiß nicht immer alles besser. Zwischen zwei Liedern lässt Biermann das Publikum wissen: "Ich wusste ganz genau, dass die DDR länger hält als ich. Dass die Mauer länger steht als ich. Weil ich doch so klug bin, wusste ich es. Und wie schön ist es dann, wenn man sich geirrt hat. Und noch schöner ist es, wenn man auch einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte, dass man Unrecht behält." Klingt doch nicht schlecht, in unseren rechthaberischen Zeiten, oder?

Günter Baby Sommer, ein Mann mit weißen Haaren und Jackett steht vor zwei großen Fotos
Günter "Baby" Sommer wurde am 25. August 1943 in Dresden geboren – in seiner Heimatstadt feiert er auch seinen 80. Geburtstag. Bildrechte: imago images/Sven Ellger

Freejazz-Feuerwerk mit internationaler Besetzung

Im Set Nummer zwei des Abends ging dann ganz ohne Wort die Post ab. Mit drei Klarinetten, drei Männern aus drei Ländern und drei Generationen. Der Italiener Gianluigi Trovesi, Joris Roelofs aus den Niederlanden und der in Halle geborene Julius Gawlik veranstalteten ein wahres Feuerwerk und holten mit einer zwanzigminütigen Freejazz-Attacke locker die Zeit wieder rein, die Biermann zur Freude des Publikums zu lang gespielt hatte.

Geburtstagskind im Publikum und auf der Bühne

Und im dritten Set des Abends griff dann endlich auch unser "Baby" ein, das sich bis dahin im Publikum amüsiert hatte und nun endlich hinter seinem Schlagzeug Platz nahm. Mit ihm am Start die drei Lucaciu-Brüder. Das sind der Saxofonist Robert, Antonio spielt Bass und Simon Klavier. Der Jubilar am Schlagzeug ist so alt wie die drei zusammen.

Ein wunderbares Quartett, das sich da gefunden hat. Ein Jungbrunnen für den Altmeister, der die Kompositionen der drei coolen Brüder ohne Notenblatt begleitet, zwischen den einzelenen Titeln munter moderiert und irgendwann beim Blick ins doppelt ausverkaufte Rund seiner Geburtstagsparty in Semper 2 feststellt:

Ich muss sagen, eigentlich hätten die mich auch einmal in den großen Saal einladen können.

Günter "Baby" Sommer über die beiden ausverkauften Konzerte in der Studiobühne der Semperoper

Abschluss mit Till Brönner und Debatte zu Jazz zwischen DDR und BRD

Wie auch immer, am Sonntag geht es mit Teil drei des Geburtstagsmarathons weiter, im legendären Dresdner Jazzclub "Tonne". Dann wird´s sogar kulturhistorisch mit einer Panel-Discussion zum Thema "Eine Positionsbestimmung des Jazz in der alten DDR und der heutigen BRD". Musikalisch gibt es ein "All Star Concert", bei dem unter anderem auch Till Brönner zur Trompete greift. Wir stellen fest: Hier jazzt zusammen, was zusammengehört.

Günther Baby Sommer
Günther "Baby" Sommer bei einem Konzert 1990, seit Jahrzehnten gehört er zu den Größen des deutschen Jazz. Bildrechte: imago images/BRIGANI-ART

Redaktionelle Bearbeitung: op

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. September 2023 | 13:15 Uhr

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