Porträt Wie Uschi Brüning zur DDR-Ikone des Jazz wurde
Hauptinhalt
13. Juli 2023, 16:26 Uhr
Als Kind wollte Uschi Brüning Schlagersängerin werden, heute gilt die Leipzigerin als Grande Dame des Jazz in der DDR. Seit Beginn ihrer Karriere scheute sie keine Genreüberschreitung und sang Pop, Chanson, Soul, Blues, Schlager – oder Jazz an der Seite von Klaus Lenz, Günther Fischer und Manfred Krug. Ihre große stilistische Bandbreite ist das Merkmal der vielseitigen Sängerin. Der Jazz spielt für Uschi Brüning dabei bis heute eine ganz besondere Rolle. Das Porträt einer Ausnahmekünstlerin.
Uschi Brüning zählt zweifellos zu den herausragenden Jazzsängerinnen Deutschlands. "Wenn die Frau anfing, ging ich immer kaputt. Ich glaube, sie ist nicht schlechter als Ella Fitzgerald ..." – so wird Uschi Brüning 1973 in Ulrich Plenzdorfs Kultroman "Die neuen Leiden des jungen W." verewigt. Der Titelheld ist hin und weg von Brüning, der "Ella Fitzgerald aus Leipzig".
Berufswunsch Schlagersängerin
1947, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs geboren, wächst Brüning in einer noch an vielen Ecken zerstörten Stadt auf. Und: Einige Zeit auch im Heim. Hier entdeckt sie das Singen, das sie oft vor der Traurigkeit rettet.
Sängerin will Uschi werden, soviel ist schon als Kind klar – Schlagersängerin. Ihr Vorbild ist Caterina Valente. Der erste Aufritt folgt 1960, vor Werktätigen des VEB Galvanotechnik Leipzig. Mit 17 Jahren singt sie in einer Amateurband. Dennoch: Nach dem Abitur lernt Brüning zunächst etwas "Anständiges", wird Gerichtssekretärin in Leipzig.
Konzerte mit Legenden des DDR-Jazz
Dann aber, Ende 1969, ruft Klaus Lenz an, damals ein weithin bekannter Big-Band-Chef. Der Traum schlechthin, so erinnert sich Brüning, dort mal singen zu dürfen. Als Lenz gefragt habe, ob sie einsteigen wolle, habe sie ihren Beruf im Gericht "an den Nagel gehängt". Zugleich nimmt sie eine Gesangsausbildung an der renommierten Musikschule Friedrichshain auf.
Brüning singt von nun an ganz Unterschiedliches: Pop, Chanson, Blues, gerade anfangs auch Schlager. Ein Lebensbegleit-Hit aus diesen frühen Tagen wird der Titel "Dein Name". 1971 erscheint Brünings erste Langspielplatte bei AMIGA. Der Jazz kommt nach und nach, mit den Bands, in die Brüning geholt wird, mit den Musikern dort. Nach Lenz singt sie in den 70er-Jahren auch bei Günther Fischer, Reinhard Lakomy und mit Manfred Krug.
Pop, Chanson und Blues neben Free Jazz
Brüning setzt sich durch in der größtenteils männlichen Szene, zeitweise mit eigener Band. Der Saxofonist Ernst-Ludwig Petrowsky wird ihr Partner, im Leben und oft auch auf der Bühne. Er fordert Brüning, lockt sie zum Free Jazz.
Das sei eine sehr gute Erfahrung für sie gewesen: "Weil mich das frei machte für die ganzen anderen Genres, die ich gerne singe. Und diese Freiheit brauchte ich dringend, denn ich war ziemlich zugeschnürt und schüchtern", so Brüning rückblickend in einem Hörfunkinterview aus dem Jahr 2015.
Musikalischer Neuanfang nach 1989
Der Mauerfall und die deutsch-deutsche Vereinigung bedeuten auch für Brüning, nun Anfang 40, eine Zäsur. Im Westen zählt der einstige DDR-Exoten-Bonus nicht mehr, und in der Heimat wollen viele erstmal nur "Westware".
Brüning erfindet sich neu, tritt in ganz verschiedenen Konstellationen auf. Mal im Frauen-Quartett, mal mit deutschen Rockliedern oder vertonten Gedichten von Eva Strittmatter wie "Vor einem Winter" und "September", dann wieder mit Manfred Krug. Oder sie interpretiert in der Elbphilharmonie Songs von Billie Holiday.
Wenn Brüning singt, ist es immer irgendwie Jazz. 2019 hat sie mit "So wie ich" eine Autobiografie und ein gleichnamiges Album herausgebracht. Und auch mit über 75 Jahren steht sie auf der Bühne – wieder und noch immer. Uschi Brüning aus Leipzig.
Der Jazz hat die meisten Möglichkeiten, und das kann ich auch noch machen, wenn ich 70, 80 Jahre bin und mich auf beiden Beinen halten kann. Er ist nicht abhängig von irgendeiner Mode.
Aktuelle Konzerte
19. August 2023, 16:00 Uhr | Auerbach , Töpfermarkt
10. September 2023, 15:00 Uhr | Nauen, OT Ribbeck , Schloss Ribbeck (Open Air)
23. September 2023, 20:00 Uhr | Modern Soul Band mit Uschi Brüning | Halle, Steintorvarieté
04. November 2023, 19:30 Uhr | Uschi Brüning mit dem Günther Fischer Quintett | Altenburg, Kulturhof Kosma
17. November 2023, 20:00 Uhr | Uschi Brüning mit dem Günther Fischer Quintett | Dresden, Ostra-Dome
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. März 2022 | 06:40 Uhr