Rüstungsindustrie Mögliches Pulverwerk in Großenhain: Bundesregierung stellt Subventionen in Frage
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10. Mai 2023, 16:26 Uhr
Seit mehreren Monaten steht die Errichtung einer Pulverfabrik in Sachsen im Raum – mutmaßlich in Großenhain bei Riesa. In Gesprächen ging es vor allem noch um mögliche Subventionen. Die könnten nun anders aussehen als zwischenzeitlich gedacht.
- Die Bundesregierung hat noch nicht abschließend über eine finanzielle Förderung des geplanten Pulverwerks in Großenhain entschieden.
- Bei den Gesprächen zwischen Rheinmetall sowie der Landes- und Bundesregierung ist die Subventionshöhe der Knackpunkt.
- Bei der Suche nach Munitionslagern wird der Standort in Mockrehna im Landkreis Nordsachsen aus mehreren Gründen abgelehnt.
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben noch nicht abschließend über eine mögliche Förderung des geplanten Pulverwerks des Rüstungskonzerns Rheinmetall entschieden. Die "Idee der Rheinmetall AG wird gegenwärtig ressortübergreifend erörtert. Einzelheiten eines amtsseitigen Engagements sind noch nicht entscheidungsreif", heißt es dazu in einer Kleinen Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion. An dieser war auch der Leipziger Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann (CDU) beteiligt. Die Kleine Anfrage liegt dem MDR vor.
Allerdings deutet das Bundesverteidigungsministerium in seiner Antwort an, dass statt direkter Subventionen für eine Produktionserhöhung für Munition eine indirekte Förderung durch Abnahmegarantien entstehen soll. Dazu heißt es: "Anreize zur Erhöhung der Produktionskapazitäten sollen durch eine Erhöhung der Nachfrage der Bundeswehr über Rahmenverträge und Abrufe daraus geschaffen werden." Darüber hinaus bestünden derzeit keine konkreten Planungen, Industriekapazitäten mit Mitteln des Bundeshaushaltes zu finanzieren. Das würde dann vermutlich auch für die mögliche Pulverfabrik gelten.
Mögliche Errichtung bereits im Januar angekündigt
Anfang des Jahres war unter anderem durch einen MDR-Bericht bekannt geworden, dass Rheinmetall die Errichtung einer Pulverfabrik in Sachsen prüft. Dort würden chemische Vorprodukte für Munition hergestellt. Entstehen würde laut Rheinmetall aber auch eine Schmiede für die Fertigung von Artilleriemunition.
Als Standort ist der ehemalige Militärflughafen in Großenhain im Gespräch. Aus der Kommune kommt allerdings Kritik an der möglichen Fabrik. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte kürzlich einen Bürgerentscheid dazu angekündigt.
Kernpunkt der Gespräche ist Subventionshöhe
Ob die Pulverfabrik letztlich in Sachsen errichtet wird, hängt auch von den Gesprächen zwischen dem Rüstungskonzern, der Landesregierung und der Bundesregierung ab. Kernpunkt der Gespräche ist noch die Höhe möglicher Subventionen – oder eben langfristigen Abnahmegarantien.
Auch bei der Errichtung anderer großer Industriestandorte spielen Subventionen oft eine zentrale Rolle. Allerdings hatte Rheinmetall im vergangenen Jahr den höchsten Umsatz seiner Firmengeschichte eingefahren.
Munitionsbestellung: Bundesregierung erwartet lange Lieferzeiten
Die Bundesregierung erwartet bei der Munitionsbestellung unterdessen längere Lieferzeiten "durch die aktuell stark ansteigende Nachfrage". Auch wenn es in Bezug auf den möglichen Bau des Pulverwerks von Rheinmetall noch keine Entscheidung gibt, betont die Bundesregierung, wie wichtig ihr Unabhängigkeit im Bereich Munition ist.
Erforderlich sei eine "Erhöhung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Einklang mit den EU-Mitgliedstaaten und NATO-Alliierten in Bezug auf die Herstellung von Munition einschließlich zugrunde liegender Lieferketten und Rohstoffen", heißt es.
Bundesregierung seit Monaten in Kritik
Seit Monaten stehen das Bundesverteidigungsministerium und das Kanzleramt wegen der schleppenden Munitionsbeschaffung in der Kritik. Wie hoch der Munitionsbedarf und der Vorrat sind, wird nicht öffentlich genannt – in der Kleinen Anfrage wurde eine Aussage dazu mit Verweis auf Geheimhaltung verweigert.
Zwischenzeitlich hieß es von der Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD), dass mindestens 20 Milliarden Euro für neue Munition ausgegeben werden müsste. Im Herbst hatte ein "Munitionsgipfel" im Kanzleramt mit mehreren Rüstungsfirmen stattgefunden. Konkrete Ergebnisse gab es laut Bundesregierung nicht.
Die Bundesregierung hatte schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine geringe Munitionsbestände. Seitdem hat sie Geschosse an die Ukraine abgegeben. Größere Neubestellungen gab es nicht. Der Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann fordert nun, im Verteidigungsministerium einen Munitionsbeauftragten oder eine entsprechende Organisationseinheit einzusetzen.
Altes Munitionslager in Mockrehna abgelehnt
Um Munition im Ernstfall über Deutschland verteilt vorrätig zu haben, plant die Bundesregierung unter anderem die "Wiederinbetriebnahme ehemaliger Munitionslager". Zudem sollen Lager saniert oder ausgebaut werden. Das ehemalige Munitionslager Mockrehna im Landkreis Nordsachsen gehört allerdings nicht dazu.
Wie aus der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums hervorgeht, weist das Lager geringere Kapazitäten, unkalkulierbare Altlasten aus DDR-Zeiten und wenig Baupotenzial sowie eine erheblich sanierungsbedürftige Infrastruktur auf. "Die Wiederinbetriebnahme von Mockrehna hätte die höchsten Investitions- und Betriebskosten in Relation zum erzielbaren Kapazitätsgewinn verursacht", heißt es dazu.
MDR (phb)