Umleitungen Nach Brückenabriss an B101: Das nervt Anwohner rings um Großenhain
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05. Februar 2025, 19:00 Uhr
Tausende Autos, Lkw und Busse rollten Tag für Tag über die Bundesstraße 101 zwischen Priestewitz und Großenhain. Seit 18. Dezember nicht mehr, weil eine marode Brücke auf der Strecke sofort abgerissen werden musste. Der Verkehr wird seither umgeleitet, was viele nervt und wenige freut.
Thorsten Werner hatte sich noch gewundert, als er am 17. Dezember Bauarbeiter an der Brücke der B101 kurz vor Großenhain sah. "Wir wussten ja nicht, was die da machen", erinnert sich der Busfahrer, der für die Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) die Strecke fährt. Tags darauf wurde die Brücke gesperrt und sofort weggerissen. "Ich war der vorletzte Busfahrer, der vor dem Abriss nochmals drüber ist", sagt Werner. Ein Kollege aus Riesa hatte die letzte Fahrt.
Noch verschmerzbare Folgen für Busverkehr
Wegen der Umleitungen sind die VGM-Busse auf drei Linien nun pro Fahrt drei Minuten länger unterwegs, weil die Strecke rund 1,1 Kilometer länger ist. "Bei 68 Fahrten kommen pro Tag 75 Kilometer mehr zusammen", rechnet VGM-Geschäftsführer Jens Dehnert vor. Rund 400 Kilometer pro Schulwoche. Die seien noch verschmerzbar und nicht vergleichbar mit den Problemen wegen der Elbbrückensperrungen in Bad Schandau und Dresden.
Wir sind glücklich, dass bei uns bisher nur diese Brücke betroffen ist. Ich möchte nicht mit Bad Schandau oder Dresden tauschen.
Baustellen schon gewöhnt
Seit mehr als sechs Wochen ist die Bundesstraße zwischen Priestewitz und Großenhain gesperrt. Wegen der Umleitungen zuckt Busfahrer Werner mit den Schultern. Baustellen sei man in der Ecke gewöhnt. 2024 habe es Sperrungen gegeben, weil ein Stück Radweg zwischen Priestewitz und Großenhain gebaut wurde. "Aber ich bin heilfroh, dass wir uns in der Familie dafür entschieden haben, unsere Tochter nach Dresden in die Schule zu schicken. Es stand auch Großenhain zur Debatte. Jetzt bleiben ihr jahrelange Busumleitungen und Schienenersatzverkehr erspart."
Diese beiden Umleitungsstrecken haben die Behörden seit 18. Dezember 2024 für die Region im Kreis Meißen ausgeschildert.
Viele Autofahrer zu schnell?
Das kann Katrin Wehner in Großdobritz nicht von sich behaupten. Die Umleitung von Großenhain nach Meißen führt durchs knapp 400 Einwohner zählende Dorf. "Es ist viel mehr Verkehr geworden. Wenn man über die Straße will, muss man lange warten." Das sei nervig und auch gefährlich, findet die Unternehmerin, weil es keine Fußwege gebe, aber auch, "weil viele in Hektik fahren und sich nicht ans Tempo 30 halten".
Dabei hat Wehner bis 2024 auch vom Verkehr profitiert - als Mitinhaberin eines Autohauses und einer Tankstelle. Die ist seit Ende des Jahres zu. "Nach 32 Jahren hatten wir uns dazu entschlossen. Das war aber lange vor dem Abriss so geplant."
6,8 Kilometer weiter in Zschauitz freut sich Tankstelleninhaber Gert Hentzschel über die Umleitung direkt vor seiner Einfahrt. "Ich habe jetzt 20, 30 Prozent mehr Umsatz. "Im Grunde ist das wie ein großes Weihnachtsgeschenk", sagt Hentzschel. Er beschäftigt in Zschauitz fünf Mitarbeiter in der Tankstelle und Werkstatt.
Für die Region wäre es zwar gut, wenn die neue Brücke schnell fertig würde. "Aber von mir aus können sie lange dran arbeiten", sagt Hentzschel mit Augenzwinkern.
Zeitplan für neue Brücke steht
Den Zeitplan für den Brückenneubau fasst der Abteilungsleiter Mobilität im sächsischen Wirtschaftsministerium, Stephan Berger, so zusammen: Vergabe der Bauleistungen bis August 2025, Baustart im September. Brückenfreigabe irgendwann vor oder in 2027. "Wir rechnen mit zwölf bis 18 Monaten Bauzeit. Das hängt auch von den Wintern ab, ob wir bauen können oder nicht." Die neue Brücke solle deutlich schmaler sein als die vorherige. Der Bund müsse zwischen drei und vier Millionen Euro Baukosten bezahlen.
"Wer weiß, ob zwei Jahre Bauzeit realistisch sind. Ich hoffe ja, dass es schneller geht", sagt René Schumann. Als Wartungsdienst und Heizungsinstallateur fährt er jeden Tag über die Dörfer Richtung Meißen. Die Fahrten seien fünf Minuten länger. "Man richtet sich ein oder kommt eben fünf Minuten später an."
Was will man machen? Man kann ja nicht den ganzen Tag meckern.
Im Alltag beobachtet Schumann immer wieder, dass viele Einheimische Schleichwege fahren. Die Nebenstrecken seien auch gut ausgebaut, aber weiß, wie lange noch? "An die offiziellen Umleitungen halten sich nicht so viele."
Ein Vorteil, der am Ende keiner ist
Das hat auch die Leiterin des Kinderhauses "Kunterbunt" in Priestewitz, Lisa Weckwerth, festgestellt. Sie wünscht sich mehr Polizeikontrollen. Denn: "Kaum einer hält sich an die 30er-Zone. Dabei gilt die bei uns vor der Schule und dem Kinderhaus schon immer tagsüber".
Im Grunde sei die Bus-Umleitung in Priestewitz ein Sicherheitsvorteil für die Kinder: Denn die Busse fahren nicht mehr an die Haltestelle an der Bundesstraße, sondern biegen ab und halten direkt vor den beiden Einrichtungen. Die Kinder müssten die Hauptstraße nicht mehr überqueren. "Aber jetzt fährt hier wirklich alles durch und wir haben sehr viel mehr Verkehr vor der Haustür. Daher ist die Umleitung doch ein Nachteil für uns." Oder wie es eine Priestewitzerin in dem Moment formuliert, als ein Gülle-Traktor vorbeifährt: "Das ist alles Mist für uns Anwohner."
MDR (P. Klieme)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 05. Februar 2025 | 19:00 Uhr