Nationalpark Studie: Abgestorbene Bäume befeuern Waldbrände in Sachsen nicht
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01. Februar 2023, 12:52 Uhr
Wochenlang befanden sich Teile der Sächsischen Schweiz im vergangenen Sommer im Ausnahmezustand. Waldbrände in unwegsamem Gelände erschwerten die Löscharbeiten, Qualm über dem Elbtal hielt Urlauber fern. Im Nationalpark bleibt die Natur sich selbst überlassen, abgestorbene Bäume blieben liegen. In der Region mehrten sich deshalb Stimmen, wonach dieses Totholz den Waldbrand begünstigt habe. Eine vom Freistaat in Auftrag gegebene Studie sollte Klarheit bringen.
- Laut einer Studie hat Reisig auf dem Waldboden die Dauer des Brandes im Sommer 2022 in der Sächsischen Schweiz verlängert.
- Rettungswege waren der Untersuchung zufolge mit einer Ausnahme gut passierbar.
- Löschwasserzisternen im Nationalpark waren schon länger geplant.
Sogenanntes Totholz hat im Nationalpark Sächsische Schweiz nicht zu einer verstärkten großflächigen Ausbreitung des Waldbrandes im vergangenen Sommer beigetragen. Zu diesem Schluss zumindest kommt eine Studie, die das sächsische Umweltministerium am Dienstag vorgestellt hat. Reisig zwischen den Bäume habe aber dazu geführt, dass Bodenfeuer länger anhielten. Wochenlang kämpften Feuerwehrleute 2022 gegen Waldbrände in unwegsamem Gelände.
Schnell kam der Vorwurf auf, dass die fehlende Waldbewirtschaftung im Nationalpark die Waldbrände begünstigt habe. Feuerwehrleute hatten während der Brände davon berichtet, dass herumliegendes Holz den Transport von Gerätschaften und Wasser erschwert habe. Außerdem seien vom Borkenkäfer befallene Bäume bei der Brandbekämpfung oft abgebrochen und so lebensgefährlich für die Feuerwehr gewesen.
Rettungswege mit nur einer Ausnahme passierbar
Dem widerspricht aber das Gutachten von Michael Müller, Professor für Waldschutz an der TU Dresden. Zudem seien die für Rettung und Brandbekämpfung ausgewiesenen Wege weitgehend ohne Hindernisse benutzbar gewesen. "Lediglich am Großen Zschand war ein Weg planmäßig gesperrt", resümiert das Ministerium. Dort sei aber ein Alternativweg ausgewiesen gewesen. "Zusammenfassend stellt das Gutachten fest, dass sich unter gleichen Bedingungen Brandverläufe im Nationalpark und in bewirtschafteten Wäldern nur wenig unterscheiden würden", so das Ministerium.
Minister: Studie versachlicht hitzige Diskussion
Sachsens Umwelt- und Forstminister Wolfram Günther (Grüne) sagte, die wissenschaftliche Studie um das im Wald verbliebene Totholz und seine Folgen für den Waldbrand soll zu einer Versachlichung der hitzigen Diskussion beitragen. "Das Gutachten zeigt: Totholz hat nicht dazu beigetragen, dass sich das Feuer verstärkt ausbreiten konnte." Es gehe darum, Menschen, Natur und Sachwerte zu schützen. Darüber hinaus gelte "im Nationalpark, die Natur Natur sein zu lassen". Das sei die Basis nicht für den Naturschutz, sondern auch für nachhaltigen Tourismus und die Entwicklung der Gemeinden.
Man wolle das Gutachten in der Waldbrandschutzkonzeption für den Nationalpark berücksichtigen, so Günther: "Und wir werden weiter sensibilisieren. Denn so gut wie alle Waldbrände bei uns werden durch Menschen verursacht."
Studie aus Tschechien kommt zu anderem Ergebnis
Auch die tschechische Regierung hatte nach den Feuern in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz eine Studie zu Brandursachen in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse wurden vergangene Woche veröffentlicht. Darin heißt es, die Brände in Nadelwäldern seien schwerer verlaufen als in Laubwäldern. Vor allem in Waldgebieten, in denen Bäume durch Borkenkäferbefall bereits abgestorben waren. Wolfgang Müller sagte am Dienstag, solche Schlüsse ließen sich nicht so einfach ziehen. Es gebe noch nicht genügend wissenschaftliche Grundlagen zu Waldbränden in den hiesigen Regionen. "Auch wenn das komisch klingt: Um wirklich vergleichen zu können, hat es hier einfach noch nicht genug gebrannt", so Müller.
Löschwasserzisternen schon vor Waldbrand geplant
Minister Günther verwies darauf, dass die Brände durch die Nationalparkwacht frühzeitig erkannt worden seien. Darüber hinaus habe das Ministerium bereits vor den Bränden im Sommer 2022 die finanzielle Unterstützung zugesagt, im Nationalpark sieben Löschwasserzisternen anzulegen.
Dennoch hatten die Brände verheerende Folgen: Hunderte Feuerwehrleute, unter ihnen viele Expertinnen und Experten aus anderen Bundesländern und dem Ausland, kämpften Tag und Nacht gegen die Flammen. Qualm über der Region, brummenden Löschhubschrauber und gesperrte Wanderwege bremsten den Tourismus mehrere Wochen aus. Die Sächsische Schweiz stand zeitweise für Feuersbrunst, statt für ihre Naturschönheiten.
Naturschutz kontra Brandschutz
Derzeit erstellt das Umweltministerium nach eigenen Angaben in Abstimmung mit den Brand- und Katastrophenschutzbehörden und der Entwicklungskommission des Landkreises ein Waldbrandschutzkonzept für den Nationalpark.
Im Nationalpark bleiben durch Trockenheit oder Schädlinge abgestorbene Bäume im Wald zurück. Ziel ist es, dass die Natur sich selbst regeneriert und dabei die alten Stämme zersetzt. Altes Holz, was verrottet, speichert Feuchtigkeit und entflammt - von Dürrejahren abgesehen - eher schwer. Aus Wirtschaftswäldern wird Totholz üblicherweise entfernt, auch um weitere Ausbreitung von Schadinsekten einzudämmen. Im Naturschutz wird hingegen davon ausgegangen, dass Schädlinge vor allem geschädigte oder für die Region ungeeignete Gehölze befallen.
MDR (lam/ben)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | MDR SACHSENSPIEGEL | 31. Januar 2023 | 19:00 Uhr
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