
Vier Kandidaten, darunter Rechtsextremist Keine Entscheidung bei Bürgermeisterwahl in Heidenau
Hauptinhalt
24. März 2025, 11:43 Uhr
Vor knapp zehn Jahren machte Heidenau bundesweit Schlagzeilen. Tagelang kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen von Rechtsradikalen vor einer geplanten Flüchtlingsunterkunft. Auch Bundespolitiker, die die Stadt besuchten, wurden auf unflätige Weise bepöbelt. Bürgermeister Jürgen Opitz stellte sich damals gegen die rassistischen Hasstiraden, verteidigte aber zugleich die Stadt gegen eine Verurteilung. Opitz geht jetzt in den Ruhestand, über seine Nachfolge ist noch nicht entschieden.
- Im 1. Wahlgang am Sonntag hat die CDU-Kandidatin deutlich vorn gelegen.
- Diese Kandidaten waren in Heidenau angetreten.
- Das wünschen sich die Heidenauer von der neuen Stadtspitze.
Bei der Bürgermeisterwahl in Heidenau gibt es noch keine Entscheidung. Am Sonntag erhielt keiner der Kandidierenden die absolute Mehrheit. Damit ist ein neuer Wahlgang in drei Wochen, also am Sonntag, den 13. April, erforderlich. Dann reicht die einfache Mehrheit.
CDU-Kandidatin liegt deutlich vorn
Nach Auszählung der Stimmen liegt die Kandidatin der CDU deutlich vorn. Marion Franz erhielt laut vorläufigem Ergebnis 2.987 Stimmen, das sind 44,54 Prozent. Dahinter folgt Conny Oertel von der Heidenauer Bürgerinitiative mit 24,05 Prozent, gefolgt vom rechtsextremen Max Schreiber von den Freien Sachsen. Er kam auf 16,40 Prozent der Stimmen. Auf Christoph Mitschke von der Bürgerinitiative Oberelbe für mehr Demokratie entfielen 15,01 Prozent der Stimmen.
Die Wahlbeteiligung lag bei 50,29 Prozent. Das sei für eine Bürgermeisterwahl sehr viel, sagte Noch-Amtsinhaber Opitz am Sonntagabend auf Anfrage von MDR SACHSEN. Zugleich freute er sich über das Ergebnis seiner Stellvertreterin und Parteikollegin Marion Franz: "Das ist für den zweiten Wahlgang eine gute Ausgangsposition. Wir werden sehen, inwieweit die Mitbewerber reagieren, ob sie noch mal antreten oder nicht."
Amtsinhaber hatte "anspruchsvolle Zeiten"
Amtsinhaber Jürgen Opitz (CDU) kandidiert aus Altersgründen nicht mehr. 35 Jahre lang war er in der Stadtverwaltung tätig, davon zwölf Jahre als Bürgermeister. In seine Amtszeit fielen eine große Elbeflut, Amokalarm in der Schule, ein Bombenfund und die Flüchtlingskrise im Jahr 2015, in der Heidenau bundesweit in die Schlagzeilen geriet. "Das waren sehr anspruchsvolle Zeiten als Bürgermeister, sowas prägt", sagte Noch-Bürgermeister Jürgen Opitz MDR SACHSEN.
Auf seine Zeit als Stadtoberhaupt blickt der CDU-Politiker zufrieden zurück: "Man konnte jeden Tag gestalten, mit Leuten reden, die Leute haben einen zugehört. Und ich glaube, das habe ich gut gemacht als Bürgermeister. Und deswegen glaube ich auch, dass ich ein gutes Standing in Heidenau habe."
Wer trat zur Wahl an?
Stellvertretende Bürgermeisterin Marion Franz (CDU): Die studierte Verwaltungswirtin und Juristin ist seit April 2013 Vizebürgermeisterin von Heidenau und dabei für das Amt für Schule und Familie, das Bauamt und den Bauhof zuständig. Im September 2014 trat sie der CDU bei, seit vergangenem Jahr sitzt sie für die Partei auch im Kreistag des Landkreises Sächsische Schweiz Osterzgebirge. Die 51-Jährige bringt jahrelange Erfahrung aus der Steuer-und Finanzverwaltung mit. Franz ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Conny Oertel, Heidenauer Bürgerinitiative: Die gelernte Erzieherin an der Heinrich-Heine-Grundschule in Heidenau-Großsedlitz arbeitete acht Jahre in Führungspositionen von Kindertagesstätten in Hessen. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Heinrich-Heine-Schulförderverein in Großsedlitz. In einer Mitteilung spricht sich die 49-Jährige für eine bürgernahe Verwaltung, sozialen Zusammenhalt und die Förderung von Ehrenamt und Tourismus aus. "Gemeinsam gestalten wir eine Stadt mit starkem wirtschaftlichem Wachstum, sozialem Zusammenhalt und transparentem Miteinander!" Oertel ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Christoph Mitschke, Bürgerinitiative Demokratie Oberes Elbtal: Der gelernte Koch arbeitet als Notfallsanitäter in der Johanniter Rettungswache in Dohna. Außerdem betreibt er gemeinsam mit seiner Frau das Kulturcafé M in Dohna und tritt auch als Liedermacher auf. Er ist in keiner Partei, wird aber von der AfD als Kandidat für das Bürgermeisteramt unterstützt. Seit vergangenem Jahr sitzt der 56-Jährige im Stadtrat.
Max Schreiber, rechtsextremistische Kleinstpartei Freie Sachsen: Der Inhaber einer Gerüstbaufirma ist das Gesicht der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen im Großraum Dresden: Der 37-Jährige ist Ex-NPD-Kreisvorsitzender und regelmäßiger Organisator von Demonstrationen in Dresden. Im vergangenen Jahr verurteilte ihn das Amtsgericht Dresden wegen mehrerer Straftaten zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung. Schreiber hat dagegen Berufung eingelegt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Seit der Kommunalwahl im Juni 2024 sitzt er im Stadtrat und im Kreistag.
Erfolgsrezept für neue Stadtspitze
Für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin hat Nochbürgermeister Jürgen Opitz Tipps für Erfolg im neuen Amt: "Wenn man sich als Bürgermeister vor die Leute stellt, muss man Symphatie für die Menschen haben, man muss ehrlich sein, auch unangenehme Dinge aussprechen. Die Ehrlichkeit zu eigenen Fehlern oder Versäumnissen gehört dazu. Das ist, glaube ich das Geheimnis, wie man gut als Bürgermeister seinen Job machen kann."
Wenn man sich als Bürgermeister vor die Leute stellt, muss man Sympathie für die Menschen haben, man muss ehrlich sein, auch unangenehme Dinge aussprechen.
Viele Wünsche an die neue Stadtspitze
An die neue Stadtspitze haben die Menschen in Heidenau große Erwartungen und zahlreiche Wünsche: eine neue Gaststätte etwa, genug Kindergarten- und Kinderkrippenplätze, dass "es freundlich und menschlich bleibt", dass mal "was los ist" in der Stadt, dass Geschäfte kommen und die Stadt grüner wird und dass sich ein neuer Betreiber für den Weihnachtsmarkt findet, aber auch, dass das Thema Rechtsextremismus angegangen wird.
Vor zehn Jahren, im August 2015, hatten tagelange gewaltsame Ausschreitungen von Rechtsradikalen vor einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau auch bundesweit Schlagzeilen gemacht. Neonazis griffen die Polizei mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik an. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Stadt kurz darauf besuchte, wurde sie von Demonstranten auf unflätige Weise bepöbelt. Der scheidende Bürgermeister Jürgen Opitz stellte sich damals gegen die rassistischen Hasstiraden, verteidigte aber zugleich die Stadt gegen eine Verurteilung.
MDR (kbe/kav/Leoni Kipka/dkö)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 23. März 2025 | 19:00 Uhr