Fremdenfeindlichkeit Juristische Aufarbeitung von Ausschreitungen in Heidenau dauert an

21. August 2018, 14:54 Uhr

Auf den Tag genau vor drei Jahren hat die Kleinstadt Heidenau bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Proteste eines rechtsgerichteten Mobs gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in einem leerstehenden einstigen Baumarkt war eskaliert. Die Polizei hatte Mühe, die Lage zu beruhigen. Mehr als 30 Beamte wurden bei Auseinandersetzungen mit den Demonstranten verletzt. Flüchtlinge wurde dennoch in dem einstigen Baumarkt einquartiert. Als Bundespolitiker wenig später in die Stadt eilten, wurden sie beschimpft.

Die juristische Aufarbeitung der Ausschreitungen von Heidenau im August 2015 dauert an. Gegen rund 20 Beschuldigte laufen noch Verfahren an verschiedenen Gerichten. Das ergab eine Anfrage von MDR SACHSEN bei den zuständigen Staatsanwaltschaften. Den Beteiligten wird Landfriedensbruch vorgeworfen. Acht Personen wurden demnach wegen der Vorfälle in Heidenau bereits juristisch zur Rechenschaft gezogen, mehrere Verfahren wurden aber auch eingestellt. Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, Wolfgang Klein, sagte MDR SACHSEN, der "Kern der Beteiligen" sei ermittelt und zur Verantwortung gezogen worden.

Polizei stößt auf immer neue Verdächtige

Allerdings tauchen bei Ermittlungen der Polizei auch heute noch neue Verdächtige auf. So wurden erst am 31. Juli mehrere Wohnräume einer 20-Jährigen durchsucht. Das Landeskriminalamt wirft der Frau besonders schweren Landfriedensbruch vor. Sie soll am 22. August 2015 unter rund 100 gewaltbereiten Vermummten aus der rechtsextremen Szene gewesen sein, die eine linke Demonstration vor der Erstaufnahme in der Stadt stören und Polizisten angreifen wollten. Während der Ermittlungen wurden immer wieder Belege gefunden, dass bekannte rechtsradikale Vereinigungen, wie die "Gruppe Freital" und die "Freie Kameradschaft Dresden", an den Ausschreitungen in Heidenau beteiligt waren. Die juristische Aufarbeitung erfolgte teilweise in Prozessen, bei denen andere Taten im Mittelpunkt standen.

Tagelange Proteste beginnen mit NPD-Demo

Am 21. August 2015 gab es im Zentrum von Heidenau einen angemeldeten NPD-Demonstrationszug gegen die Ankunft von Flüchtlingen, an dem rund 1.000 Menschen - viele aus dem rechtsradikalen Spektrum - teilnahmen. Am Abend allerdings versuchten Demonstranten, die S172 und eine Zufahrtsstraße zu einem leeren Baumarkt in einem Gewerbegebiet zu blockieren. Sie wollen verhindern, dass die angekündigten Busse mit den Asylsuchenden die Notunterkunft erreichen. Die Landesdirektion Sachsen hatte drei Tage zuvor angekündigt, den Baumarkt als provisorische Flüchtlingsunterkunft nutzen zu wollen. Im Sommer 2015 wurden viele vergleichbare Objekt kurzfristig hergerichtet, um Flüchtlinge unterzubringen.

Randalierer können Ankunft der Flüchtlinge nicht verhindern

Als die Polizei die Blockaden in Heidenau auflöste und Pfefferspray sowie Tränengas einsetzte, eskalierte die Lage. Augenzeugen sprechen von einer regelrechten Straßenschlacht in der Nacht. Es flogen Steine, Baustellenabsperrungen und Pyrotechnik gegen die Beamten. Mindestens 31 Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Die DRK-Mitarbeiter, die eigentlich Flüchtlinge betreuen sollten, verarzteten die verletzten Polizisten. Noch in derselben Nacht konnte ein erster Bus Flüchtlinge nach Heidenau bringen. Zwei weitere Busse folgten. Es erreichten zunächst 93 Flüchtlinge die Unterkunft.

Fremdenhass in Heidenau, Freital und Meißen

Nach ähnlichen ausländerfeindlichen Vorkommnissen in Meißen und Freital wurde Heidenau bundesweit zum neuen Synonym für Fremdenhass in Sachsen. In Meißen wurde ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingswohnung verübt, in Freital gab es Aufmärsche von Rechtsradikalen gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in einem Hotel sowie Anschläge auf Politiker der Linken. Die Täter von Meißen und Freital wurden verurteilt.

Bundespolitiker, darunter Kanzlerin Angela Merkel und der damalige Vize-Kanzler Sigmar Gabriel, eilten nach den Ausschreitungen von Heidenau nach Sachsen. Sie wurden von Demonstranten beschimpft. Es dauerte mehrere Wochen, bis sich die Lage in Heidenau schließlich entspannte.

Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz räumte im Gespräch mit MDR SACHSEN ein, dass er auch heute noch häufig auf die Ereignisse in seiner Kommune angesprochen werde. Allerdings sieht er seine Stadt auf einem guten Weg. Der Rathauschef setzt bei der Integration auf Zusammenarbeit mit Vereinen. Diese sei seit den Ereignissen von vor drei Jahren intensiviert worden.  

Quelle: MDR/dpa/lam

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 21.08.2018 | 12.00 Uhr in den Nachrichten

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