Eröffnung Bedroht der Dresdner Stadtrat die Zukunft der Filmnächte am Elbufer?
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27. Juni 2024, 04:01 Uhr
Mit Open-Air-Kino wie der Kurzfilmnacht und Konzerten wie der "Kaisermania" locken die Filmnächte am Elbufer jedes Jahr Hunterttausende an. Ob es allerdings so weitergeht, ist ungewiss, denn die Stadt Dresden will die Fläche an der Elbe künftig europaweit ausschreiben. Bedeutet das möglicherweise nach mehr als 33 Jahren das Aus für dieses besondere Sommerkino am Elbufer?
- Laut eines Stadtratsbeschlusses will Dresden ab 2029 das Recht zur Nutzung des Königsufers an der Elbe europaweit ausschreiben.
- Ein CDU-Stadtrat spricht bei der geplanten Ausschreibung von "Ideenklau" gegenüber den Filmnächten am Elbufer.
- Die bisherigen Veranstalter befürchten angesichts der dann steigenden Kosten, die Filmnächte am Elbufer nicht mehr realisieren zu können.
Open-Air-Kino vor imposanter Barock-Kulisse: Damit könnte in der bisherigen Form Schluss sein. Denn, so hat der Dresdner Stadtrat kürzlich beschlossen, die Veranstaltungsfläche am Königsufer, seit 1991 angestammte Spielstätte der Filmnächte am Elbufer, soll ab 2029 europaweit ausgeschrieben werden.
Die monatelange Ungewissheit bei den Veranstaltern von der Pan GmbH, welche die Filmnächte bisher ausrichten, darüber, wie es weitergeht, ist damit aber längst nicht beseitigt: "Eher im Gegenteil", sagt Philip Hartmanis, einer der drei Geschäftsführer, im MDR-Gespräch. Man habe schon sehr deutlich formuliert, dass man eine Perspektive brauche, so Hartmanis. Er bedauert: "Es bleibt jetzt dabei, dass die Zukunft ungewiss ist und dass wir mit dem Risiko umgehen müssen, dass es auch zu Ende sein kann." Das sei wirtschaftlich eine große Herausforderung.
Es bleibt jetzt dabei, dass die Zukunft ungewiss ist und dass wir mit dem Risiko umgehen müssen, dass es auch zu Ende sein kann.
Stadt befürchtet Klagen
Die Debatte begann vor einem Jahr. Damals hatte der Stadtrat die Erhöhung der Veranstaltungstage von 60 auf 67 beschlossen. Verbunden damit war aber gleichzeitig die Forderung der Verwaltung, die Fläche künftig, nach Beendigung des Mietvertrages mit den Filmnächte-Veranstaltern, europaweit auszuschreiben und eine Konzession, also ein Nutzungsrecht für Kino- und Konzertveranstaltungen, zu vergeben. Begründet wurde und wird das mit dem EU-Vergaberecht und der Befürchtung, dass potenzielle Konkurrenten die Stadt verklagen könnten, denn Wettbewerb sei zwingend vorgeschrieben.
CDU-Stadtrat spricht von "Ideenklau"
CDU-Stadtrat Steffen Kaden argumentiert, die Ausschreibung sei nicht notwendig und hatte mit seiner Fraktion die Rücknahme des Beschlusses beantragt. Man habe großes Interesse, das Veranstaltungsformat zu erhalten.
Der Antrag ist knapp gescheitert. Doch aus Sicht von Steffen Kaden kommt mit der europaweiten Ausschreibung eine neue Rolle auf die Stadt zu, denn sie wäre dann Mitveranstalter, hätte mehr Mitspracherecht bei der Planung bis hin zu Eingriffen ins Programm. Ob die Verwaltung dieser Herausforderung gewachsen ist, daran hat Steffen Kaden seine Zweifel.
Auch die Vorlage für die Ausschreibung weist seiner Meinung nach noch erhebliche Mängel auf. Steffen Kaden kritisiert, dass sich für die Ausschreibung das erfolgreiche Konzept des Veranstalters zu eigen gemacht werde: "Man kann es auch 'Ideenklau' nennen." Der bisherige Veranstalter und Erfinder des Konzepts dürfe sich jetzt im Rahmen der Ausschreibung um dieses erfolgreiche Konzept erneut bemühen und ein Angebot abgeben, erklärt Kaden.
Das Verrückte an der Sache ist, dass der bisherige Veranstalter, der dieses Konzept kreiert hat, sich jetzt im Rahmen der Ausschreibung um dieses erfolgreiche Konzept erneut bemühen darf.
Steigende Kosten verunsichern Veranstalter
Die Veranstalter müssten sich zudem ab 2029 auf eine sogenannte Konzessionsabgabe von mindestens 180.000 Euro einstellen. Durch weitere damit verbundene Kosten wäre man dann schnell bei etwa 250.000 bis 270.000 Euro, rechnet Geschäftsführer und Mitbegründer der Filmnächte Matthias Pfitzner vor. Zum Vergleich: Aktuell beträgt die Miete 39.000 Euro. Man müsse sehen, ob die Konzertveranstalter bei den hohen Preisen mitziehen – oder ob sie stattdessen in Berlin, Leipzig oder Prag spielen würden.
In den vergangenen Jahren haben die Filmnächte am Elbufer ihr Konzept auch an anderen Orten etabliert: in Leipzig im Scheibenholz, in der Krabatmühle in Schwarzkollm, in Cottbus. Inzwischen gibt es auch in Dortmund, von wo Philip Hartmanis stammt, einen Filmnächteableger. Vielleicht ein Plan B, falls es am Elbufer ab 2029 keine Fortsetzung geben sollte? Das schon, aber kein Standbein, räumt Mit-Geschäftsführer Pfitzner ein. Denn ohne die Filmnächte am Elbufer würde es die anderen Veranstaltungen nicht geben. Die Ableger losgelöst von den Filmnächten zu betreiben, wäre aus seiner Sicht nicht möglich.
Ohne die Filmnächte am Elbufer würde es die anderen Veranstaltungen nicht geben.
Hoffnung auf neuen Antrag
Noch ist der Abgesang auf die Filmnächte nicht angestimmt, denn auch mit dem Stadtratsbeschluss jetzt muss das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, erklärt Stadtrat Steffen Kaden: "Wenn in sechs Monaten eine der Fraktionen erneut den Antrag stellt, wird über das Thema erneut gesprochen werden müssen." Ob das dann die CDU-Fraktion sein wird, lässt er offen. Erstmal heißt es jetzt durchatmen, auch für den Stadtpolitiker – und im besten Falle Filmnächte am Elbufer genießen.
Filmnächte Dresden: Seit mehr 30 Jahren erfolgreich
Die Filmnächte am Elbufer finden seit 1991 jedes Jahr im Sommer am Königsufer statt. Sie gelten als Deutschlands größtes Freilichtkino-Festival. 2023 kamen 230.000 Besucherinnen und Besucher. Im Jahr davor waren knapp 274.000 Menschen dabei.
Redaktionelle Bearbeitung: hro, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. Juni 2024 | 07:40 Uhr