Gedenken Dresden erinnert an Bombenangriffe und schlägt Bogen zu heute
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14. Februar 2023, 07:16 Uhr
Die Luftangriffe auf Dresden am 13. Februar 1945 prägen die Stadt bis heute. Daran wurde am Montag bei den Gedenkfeiern für die bis zu 25.000 Opfer erinnert - auch mit weißen Rosen und einer Menschenkette als Zeichen für Versöhnung und die Sehnsucht nach Frieden - gerade in Zeiten des Krieges in der Ukraine. Nach dem Gedenken in der sächsischen Landeshauptstadt hat die Polizei eine erste Bilanz gezogen.
- Ermittlungsverfahren nach Demos und Kritik an Polizei.
- Eine Menschenkette in der Dresdner Innenstadt hat den gemeinsamen Willen nach Frieden und Versöhnung symbolisiert.
- Politiker verknüpften das Gedenken mit dem aktuellen Krieg in der Ukraine.
Zum 78. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Februar 1945 durch Luftangriffe der Alliierten hat die Stadt ein Zeichen für Versöhnung und Frieden in die Welt gesendet. Tausende reichten sich am frühen Montagabend die Hände für die traditionelle Menschenkette. Die Kranzniederlegungen und Veranstaltungen tagsüber blieben laut Polizei störungsfrei und entspannt.
Demos am Abend und Fazit der Polizei
Der Abend war geprägt von zwei Demonstrationen: Ein Aufzug aus dem rechten Spektrum mit Anhängern aus dem sogenannten Querdenker-Milieu wollte durch die Stadt ziehen. Dagegen hatte sich linker und bürgerlicher Protest an mehreren Stellen versammelt. Neben Parteien und Initiativen hatte auch der Studierendenrat der TU Dresden zum Gegenprotest aufgerufen, der sich gegen Geschichtsklitterung und gegen rechte Vereinnahmung des Dresden-Gedenkens richtete.
Die Polizei hielt bis nach 22 Uhr beide Demo-Seiten voneinander getrennt. Von linker Seite gab es Sitzblockaden, bei denen die Polizisten nach Angaben des Vorsitzenden der Jusos Dresden, Matthias Lüth, mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Gegendemonstranten vorgingen. MDR-Reporter bestätigten die Kritik des Juso-Chefs. Im Polizeibericht heißt es dazu: "Um ein unmittelbares Aufeinandertreffen zu verhindern, mussten die Beamten an verschiedenen Stellen unmittelbaren Zwang anwenden." Fünf Ermittlungsverfahren unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz sowie Sachbeschädigung seien eingeleitet worden.
Um ein unmittelbares Aufeinandertreffen zu verhindern, mussten die Beamten an verschiedenen Stellen unmittelbaren Zwang anwenden.
Rund 1.200 Polizisten seien im Einsatz gewesen, neben der Polizeidirektion Dresden auch Beamte der sächsischen Bereitschaftspolizei, der Bundespolizei und Polizisten aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Thüringen.
Versöhnliche Worte am Vormittag
"Versöhnung bildet das Fundament eines Friedens, der über Generationen hinweg trägt", sagte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) vor der Frauenkirche. Dort formierte sich kurz darauf auch die traditionelle Menschenkette. Zu der hatten sich nach Angaben der Stadtverwaltung 10.000 Menschen zusammengefunden. Um 18 Uhr umschloss die Menschenkette, die sich über zwei Elbbrücken um einen Teil der City zog, die Altstadt. Traditionell läuteten dann auch zehn Minuten lang alle Kirchenglocken in Dresden. Ein weiteres Mal läuteten sie um 21:45 Uhr zur Mahnung und Erinnerung, dass vor 78 Jahren der erste Luftangriff um diese Zeit begann.
"Was wir hier am 13. Februar tun können, ist klar zu benennen, wie Nationalismus, Imperialismus und Größenwahn enden: in Trümmern." Dass Russland die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 "völkerrechtswidrig und brutal angreift, betrifft uns und es macht uns tief betroffen", sagte Hilbert. Dresden sei ein Beispiel, wie Frieden und Freundschaft neu entstehen, "im Respekt vor der Würde jedes Menschen und im Eintreten für eine demokratische und pluralistische Gesellschaft.
Kranzniederlegungen auf Friedhöfen der Stadt
Mit einer Kranzniederlegung auf dem Nordfriedhof und einer Mahnwache an der Kreuzkirche hatte zuvor das offizielle Gedenken begonnen. Auf dem Nordfriedhof nahmen unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des Sächsischen Landtages, der Landesregierung und der Bundeswehr an einer Kranzniederlegung teil. Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) sagte am Rande der Veranstaltung MDR SACHSEN, die Erinnerung an den Bombenangriff bewege die Stadt seit Generationen. "Es ist gut, dass wir das an so vielen Orten immer wieder tun, weil es eine Zäsur in unserer Stadtgeschichte gewesen ist."
Der Krieg ist zurückgekehrt, auch zu uns nach Europa. Das haben wir nicht für möglich gehalten.
Politiker ziehen Parallelen zum Ukrainekrieg
Das Gedenken fand auf dem Teil des Friedhofs statt, auf dem vor allem an die Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte erinnert wird, die nach den Dresdner Bombenangriffen im Einsatz ihr Leben verloren - zusammen mit geschätzten 25.000 zivilen Opfern. Auch Rößler schlug den Bogen zum Krieg in der Ukraine. "Der Krieg ist zurückgekehrt, auch zu uns nach Europa. Das haben wir nicht für möglich gehalten." Er hoffe, dass der Krieg schnell ein Ende finde, so der Landtagspräsident.
Auch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert zog schon am Rande einer Kranzniederlegung auf dem Dresdner Heidefriedhof Parallelen zum Krieg in der Ukraine. Dresden habe selbst viele Geflüchtete aufgenommen. "Deswegen ist es auch mit unseren Erfahrungen wichtig, daran zu erinnern", sagte er.
Vor einem Jahr hätten wir es uns nicht vorstellen können, dass wenige Tage später ein Krieg beginnt. Ein Krieg, der in seinen Auswirkungen auch bis nach Dresden zu spüren ist.
Am Abend fand außerdem ein ökumenischer Friedensgottesdienst in der Hofkirche statt. Vereinzelt stellten Bürger schon am Mittag vor der Frauenkirche Kerzen auf. Das Gotteshaus gilt als Mahnmal der Angriffe und wurde mit internationaler Hilfe bis 2005 wieder aufgebaut. In der Semperoper und im Kulturpalast musizierten Orchester bei speziellen Gedenk-Konzerten für Frieden und Versöhnung.
Bereits am Sonnabend hatten mehrere Hundert Menschen in Dresden gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Dresdens demonstriert. Rechtsextreme nutzen den Jahrestag seit zwei Jahrzehnten für Aufmärsche. In Dresden wird jedes Jahr am 13. Februar an die Zerstörung der Stadt und an die Opfer von Nationalsozialismus und Krieg erinnert.
MDR (kbe/red)/epd/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 13. Februar 2023 | 19:00 Uhr