Kulturelle Ausflugsziele Wohin am Wochenende? Tipps für Erfurt, Thale und Löbau

Als ich letzte Woche auf den letzten Drücker die Rembrandt-Ausstellung im MdbK Leipzig besuchte, sah ich mich widersprüchlichen Kräften ausgesetzt. Während ich in die leuchtenden Bilder von Rembrandt schaute, ertönte immer wieder ein lautes, nerviges Määkmääk määkmääk. Das war das Geräusch der Alarmschranken vor den Kunstwerken, die dazu da waren, dass die Besucher*innen nicht zu nahe herantraten. Was sie aber doch machten. Und zwar ständig. In der Fülle ergab das eine Tonspur, die eher an Jahrmarkt erinnerte und nicht an eine Kunst-Ausstellung. Es war dann an mir, beide widersprüchlichen Eindrücke unter einen Hut zu bringen. Jetzt kommen höchst widersprüchliche Tipps für Ihr Wochenende.

Kennen Sie das Cover des DDR-Kinderbuch-Klassikers "Detektiv Pinky" von Gert Prokop? Wenn man einige Zeit in der DDR gelebt hat, entdeckt man darauf ganz links eine vertraute Form. Es handelt sich um eine runde Mülltonne aus Eisenblech. So sahen die früher aus. Wenn man aber eine echte dieser alten Tonnen vor sich hat, fühlt es sich dann doch irgendwie fremd an. Überprüfen Sie das widersprüchliche Gefühl gern beim Betrachten dieses Bildes. Vertraut und doch fremd:

"Ab in die Tonne" heißt eine Ausstellung im Hüttenmuseum Thale, die sich vielleicht aus dieser Widersprüchlichkeit heraus zu einem Publikumsrenner entwickelt hat. Nach einer Verlängerung endet sie nun endgültig am Sonntag: letzte Gelegenheit also, sich in die Welt der alten Mülltonnen zu begeben. Ich denke, auch für Menschen, die nie etwas mit der DDR zu tun hatten, ist diese Ausstellung interessant. Es gibt viele Geschichten rund um die Mülltonnen, Müllmarken oder Müllfahrzeuge. Es geht darum, wie sie hergestellt wurden und was damals in ihnen landete. Eine Toninstallation macht die Müllbeseitigung hörbar und viele Foto-Schnappschüsse werden Sie erheitern – ja: Mülltonnen haben Botschaften.

Kennen Sie folgenden Dialog? Kind: "Die Jacke ist blöd, die zieh ich nicht an!" Eltern: "Aber die ist doch so praktisch!" Pffff, Eltern und ihre Argumente manchmal. Und doch kann praktisch auch richtig schön sein. Das beste Beispiel: Haus Schminke in Löbau. Der Architekt Hans Scharoun (1893 bis 1972) baute es für den Nudelfabrikanten Fritz Schminke, der die Schönheit von Schiffen liebte. Für Scharoun aber stand der Funktionscharakter eines Hauses im Vordergrund. Herausgekommen ist ein wunderschönes und gleichzeitig so praktisches Haus, das zu den vier bedeutendsten privaten Wohnhäusern der Architekturgeschichte zählt.

An diesem Wochenende eröffnet Haus Schminke nach seiner Winterpause. Da könnte man gucken, ob noch alles da ist: die von vorn bis hinten durchdachten Räume mit Reling, Bullaugen, Kommandobrücke und Kojen – weil der Hausherr eben Schiffe mochte. Und weil das Haus für die Ansprüche einer Familie konzipiert wurde, kann man hier bahnbrechend-praktische Ideen bewundern. Man kann sogar einen speziellen Kinderrundgang buchen, bei dem Kinder und Jugendliche von den Möglichkeiten erfahren, die Architektur für Menschen bereithält. Manche Leute behaupten: Im Haus Schminke käme man aus dem Staunen nicht mehr raus.

Wer, wenn nicht die Musik, kann widersprüchlichste Reaktionen hervorrufen: Während die einen von einem Klang entzückt sind, hört es sich für andere an wie Körperverletzung. In Erfurt gibt es ein Konzert mit Manu Delago. Ich habe mal in die Musik des Perkussionisten hineingehört: Also für mich war die völlig neu.

Das Instrument des Österreichers Manu Delago ist die Handpan, ein mit den Händen gespieltes Blechklanginstrument. Er hat schon zusammengearbeitet mit Anoushka Shankar, Björk oder Olafur Arnalds und spielt seine Musik sogar manchmal draußen, nämlich mitten in den Alpen. Sein aktuelles Album "Snow from Yesterday" entstand mit dem Vokalensemble Mad About Lemon, das Tiroler Trio besteht aus drei Frauen, die in dreistimmigen Chorsätzen singen. Wie das alles zusammen klingt, können Sie am Freitag, 20:15 Uhr, im Club "Franz Mehlhose" hören.

Vor ein paar Wochen fragte mich eine Freundin, ob ich mit ihr die Orgelstunde im Gewandhaus besuche. Da musste ich kurz überlegen – ich komme nicht oft mit Orgelmusik in Berührung. Aber dann habe ich mich darauf eingelassen – und würde wieder hingehen. Am Sonntag ist wieder Orgelstunde. Ich habe schon etwas Anderes vor, aber vielleicht könnten Sie mich vertreten?

Bei "meiner" Orgelstunde standen zwei kleine Orgeln auf der Bühne und der Gewandhaus-Organist Michael Schönheit spielte abwechselnd auf ihnen. Das hatte irgendwie einen emsig-schönen Charakter. Es wird kein Wort gesprochen, und es ertönt ausschließlich Musik von Johann Sebastian Bach. Und die ist (Achtung: Widerspruch) zugleich aufbrausend und beruhigend. Ich musste an den Begriff "verorgelt" denken, der eigentlich benutzt wird für den Anblick von jemandem, der am Abend vorher zu lange Party gemacht hat. Aber hinterher ging ich wirklich angenehm "verorgelt", also durch und durch georgelt, nach Hause und war ein bisschen mit der Welt versöhnt – und das will was heißen, wenn man sich die Welt im Moment betrachtet.

Im Programm: MDR Sachsen-Anhalt am 6. Dezember 2024, 19:00 Uhr | MDR KULTUR im Radio am 5. Juli 2023, 6:00 Uhr