Energieerzeugung Pumpspeicherwerk Niederwartha stellt Betrieb vorerst ein

10. August 2023, 15:55 Uhr

Für den Energiekonzern Vattenfall ist eine Modernisierung des Pumpspeicherwerks Niederwartha nicht wirtschaftlich. Zwar geht die Anlage am 14. August außer Betrieb, das muss nicht das endgültige Aus bedeuten. Dresden hat Interesse an einer Übernahme bekundet. Tatsächlich ist die uralte Arbeitsweise eines Pumpspeicherwerkes noch immer sinnvoll. Mit so einer Anlage kann nicht benötigte Solar- und Windenergie im Oberbecken gespeichert und bei Bedarf durch Wasserkraft wieder zu Strom werden.

Das Pumpspeicherwerk Niederwartha stellt am Montag zumindest vorläufig seinen Betrieb ein. Ein Sprecher des Betreibers Vattenfall bestätigte auf Anfrage von MDR SACHSEN, dass die Anlage "energetisch stillgelegt" wird. Zuerst hatten die "Dresdner Neueste Nachrichten" (DNN) berichtet. Der Antrag sei Anfang 2020 bei der Bundesnetzagentur gestellt worden, so der Vattenfall-Sprecher. Obwohl sich die Lage auf dem Energiemarkt nicht zuletzt durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine deutlich verändert hat, gab es laut Betreiber keine Rückmeldungen aus der Branche, dass "energietechnische Gründe (...) gegen eine vorläufige Stilllegung" sprächen.

Vattenfall: Pumpspeicherwerk war nur noch sporadisch im Einsatz

Die Anlage sei "zur Stromerzeugung in der Vergangenheit allenfalls noch sporadisch zum Einsatz" gekommen, hieß es. "Die klassische Fahrweise, nach der nachts gepumpt und tagsüber turbiniert wird, gibt es so nicht mehr." Klassische Mittagsspitzen beim Energieverbrauch würden "heutzutage durch Solarenergie abgedeckt".

Pumpspeicherwerk In einem Pumpspeicherwerk wird aus Wasserkraft Strom erzeugt. Es besteht aus einem Ober- und einem Unterbecken und einem Wasserkraftwerk. In der Regel wird bei hohem Strombedarf Energie erzeugt, indem Wasser aus dem Oberbecken Turbinen antreibt. Wenn weniger Strom verbraucht wird, wird das Wasser dann wieder aus dem Unter- ins Oberbecken gepumpt.

Der Vattenfall-Sprecher erklärte, das 1929 in Betrieb gegangene Pumpspeicherwerk habe nach einer Laufzeit von mehr als 90 Jahren sein "technisches Lebenszeitende" erreicht. Zugleich sei die Anlage aber ein Beleg für die Langlebigkeit dieser Technologie.

Unternehmen betreibt noch Anlagen im Erzgebirge

Eine Modernisierung sei trotz mehrfacher Prüfungen für den Energiekonzern aber nicht wirtschaftlich. "Das hängt auch mit den topografischen Gegebenheiten des Standorts zusammen, wie beispielsweise der Länge der Triebwasserleitungen und der vergleichsweise geringen Fallhöhe zwischen Ober- und Unterbecken", erläutert der Sprecher.

Fallrohre an den Wasserschlössern am Oberbecken des Pumpspeicherwerks Niederwartha
Die Fallhöhe zwischen Oberwartha und Niederwartha bezeichnet Vattenfall als vergleichsweise gering. Auch das spreche gegen eine wirtschaftlich vertretbare Modernisierung. Bildrechte: IMAGO / Olaf Döring

Grundsätzlich spricht sich Vattenfall aber nicht gegen die Technologie von Pumpspeicherwerken aus. Im Gegenteil: "Wir haben unlängst (...) einen Ausblick auf ein mögliches neues Pumpspeichervorhaben in Thüringen gegeben, das ab 2030 in die Realisierung gehen könnte, sofern die Marktbedingungen und die regulatorischen Rahmenbedingungen dies zulassen", betont Vattenfall. In Sachsen betreibt das Unternehmen noch das Pumpspeicherwerk in Markersbach im Erzgebirge, das seit 1981 am Netz ist.

Freibad Cossebaude vorerst nicht in Gefahr

Für das Freibad Cossebaude soll das Betriebs-Aus von Niederwartha keine Auswirkungen haben. Der Unternehmenssprecher sagte auf Nachfrage: "Der Wasserstand des Freibads Cossebaude, das einen Teil des Unterbeckens einnimmt, wird über 18 Brunnen sichergestellt." Dies sei vertraglich zwischen Vattenfall und den Bäderbetrieben der Landeshaupstadt geregelt.

das Stauseebad Cossebaude
Das Freibad im unteren Stausee bei Cossebaude soll über Brunnen mit Frischwasser versorgt werden und auf absehbare Zeit auch ohne Pumpspeicherwerk erhalten bleiben. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO/C3 Pictures

Der Wasseraustausch zwischen Ober- und Unterbecken werde weiterhin gewährleistet. "Das Oberbecken bleibt bis auf Weiteres Teil einer technischen Anlage", so der Sprecher. Für diesen Bereich gelte weiterhin Betretungs- und Badeverbot.

Dresdner Stadtverwaltung signalisiert Interesse an Übernahme

Aus dem Dresdner Rathaus hieß es auf Nachfrage: "An der Übernahme des Pumpspeicherwerkes Niederwartha besteht Interesse." Die Landeshauptstadt habe Sachsenenergie beauftragt, die entsprechenden Verhandlungen mit der Vattenfall zu führen. "Zu den Inhalten der laufenden Verhandlungen kann sich die Landeshauptstadt Dresden nicht äußern". Das Rathaus wollte auch Fragen nach der Energiesicherheit nicht beantworten und verweist hierbei auf den Betreiber. Vattenfall bestätigte Gespräche mit Sachsenenergie.

Als jahrzehntelanger Betreiber der Anlage stehen wir zu unserer Verantwortung für den Standort Niederwartha und unser Ziel ist es, hier ein tragfähiges Konzept zur Zukunft des Standorts gemeinsam mit der Stadt Dresden und der Sachsenenergie zu erarbeiten.

Lutz Wiese Pressesprecher Vattenfall

Die Landeshauptstadt Dresden hat ferner nach eigenem Bekunden ein Interesse an der langfristigen Aufrechterhaltung des Stauseebades Cossebaude "und bringt sich auch diesbezüglich in die laufenden Verhandlungen ein". Aktuell sei der Badbetrieb vertraglich zwischen Vattenfall und der Bäder GmbH gesichert.

Zeitung: Fachmann plädiert für Erhalt der Anlage

Inzwischen hat sich der frühere Physik-Professor Sigismund Kobe in den DNN für den Erhalt des Pumpspeicherwerks ausgesprochen: "Als Großspeicher sind Pumpspeicherwerke derzeit die einzige Möglichkeit, um eine große Menge volatiler Energie aufzunehmen", zitiert die Zeitung den Fachmann. Gemeint ist: Mit nicht benötigtem Wind- oder Solarstrom kann das Wasser ins Oberbecken gepumpt, die Energie dort für nachfragestarke Zeiten gespeichert und dann über die Wasserkraft wieder in Strom gewandelt werden.

MDR (lam)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 09. August 2023 | 14:30 Uhr

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