Teilnehmer bei der Gegenprotest-Demo
Mehrere Hundert Menschen hatten sich zum Gegenprotest gegen die letzte Pegida-Versammlung zusammengefunden, darunter "Herz statt Hetze", "Omas gegen Rechts" und weitere Initiativen. Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Extremismus Polizei ermittelt nach letzter Pegida-Demo und Gegenprotesten in Dresden

21. Oktober 2024, 11:11 Uhr

In Dresden hat das islamfeindliche Pegida-Bündnis zum 250. Mal - und laut Mitbegründer Lutz Bachmann gleichzeitig zum letzten Mal - demonstriert. Auch mehrere Gegenproteste versammelten sich. Die Polizei war im Großeinsatz und hat Ermittlungsverfahren eingeleitet. Politikexperten sind von dem Pegida-Aus angesichts neuer rechtsextremer Strömungen nicht überrascht.

Nach zehn Jahren hatte die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung am Sonntag ihr nach eigenen Angaben letzte Demonstration in Dresden aufgerufen. Es gab auch Gegendemonstrationen.

Laut Polizei wurden mehrere Ermittlungsverfahren gegen Demonstrationsteilnehmer eingeleitet. Ihnen werde das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen, hieß es. Die Polizei ermittelt ferner gegen Teilnehmer des Gegenprotests wegen Vorwurfs der Beleidigung von "Pegida"-Anhängern.

Zudem sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet worden, hieß es. Dieses richte sich ebenfalls gegen Teilnehmer des Gegenprotests. Die Betroffenen hätten sich vermummt.

Polizei: 500 "Pegida"-Teilnehmer

Hinter "Pegida" hatten sich am Sonntag hunderte Teilnehmende auf dem Dresdner Neumarkt vor dem Verkehrsmuseum versammelt. Die Polizei sprach zwischenzeitlich von rund 500 Menschen bei der Demonstration, deutlich weniger als die Veranstalter erwartet hatten. Mehrere Teilnehmende hatten Reichsflaggen oder auch Flaggen der rechtsextremen Freien Sachsen dabei.

Nach einer Kundgebung auf dem Neumarkt startete die Demonstration am Nachmittag ihren Protestzug durch die Stadt. Mehrere Dutzend Gegendemonstranten blockierten die Route. Daraufhin wurde der Aufzug von der Polizei umgeleitet. Am frühen Abend war die Pegida-Demo zu Ende.

Teilnehmer eine Kundgebung des islamkritischen Bündnisses Pegida versammeln sich auf dem Neumarkt. 1 min
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MDR SACHSEN So 20.10.2024 19:00Uhr 00:39 min

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500 Menschen bei Gegenprotest vor Frauenkirche

Fünf Gegenproteste waren angemeldet, einige davon auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche - direkt in Hör- und Sichtweite zur Pegida-Demonstration. Hier versammelten sich nach Polizeiangaben ebenfalls rund 500 Menschen zur Gegendemo. Verschiedene Bündnisse, darunter "Herz statt Hetze" und "Omas gegen Rechts", zeigten lautstark ihr Engagement für Demokratie und gegen Rassismus.

Die Polizei war mit 270 Beamten im Einsatz und schirmte die beiden Protestveranstaltungen voneinander ab. Unterstützt wurde die Polizeidirektion Dresden von der Polizei Berlin sowie der sächsischen Bereitschaftspolizei.

250. Pegida-Versammlung ist die letzte, AfD-Vertreter dabei

"Pegida" wird vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft. Mitbegründer Lutz Bachmann hatte vor einer Woche in den sozialen Medien mitgeteilt, dass am 20. Oktober die 250. und zugleich letzte Demonstration der zehn Jahre alten Bewegung veranstaltet werde. Gründe für das Aus seien unter anderem logistische und finanzielle Probleme. Aber man werde wiederkommen mit neuen Formaten, kündigte Bachmann an. Auf der Demo sprachen auch AfD-Vertreter, etwa der Fraktionsvorsitzende der Partei im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt.

Lutz Bachmann, Pegida-Gründungsmitglied, spricht während einer Kundgebung der extremistischen und islamfeindlichen Pegida-Bewegung. 6 min
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Verfassungsschutz stuft Pegida als extremistisch ein

Pegida entstand im Oktober 2014 und steht für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. 2015 und 2016 brachte die Gruppierung an ihrem Entstehungsort Dresden Tausende Menschen auf die Straße. Anderswo fiel der Zuspruch weit geringer aus. 2021 stufte der Verfassungsschutz Pegida als extremistische Bewegung ein. Pegida-Chef Lutz Bachmann - mehrfach vorbestraft - wurde von den Verfassungsschützern zu diesem Zeitpunkt schon als Rechtsextremist bezeichnet.

Nach 2016 nahm der Zuspruch für die Bewegung immer mehr ab, zuletzt war Pegida weitgehend von der Bildfläche verschwunden.

Politikwissenschaftler: Pegida von AfD, Freien Sachsen und Identitären abgelöst

Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer betrachtet das von der Pegida-Bewegung angekündigte Ende der Straßenproteste als überfällige Entscheidung.

"Die Anliegen, die Pegida ursprünglich thematisiert oder über die Zeit in radikalisierter Form vorgetragen hat, sind von anderen politischen Kräften wie der AfD, den rechtsextremen Freien Sachsen oder der Identitären Bewegung aufgenommen und zum Teil verstärkt worden", sagte der Professor der Deutschen Presse-Agentur.

Hans Vorländer
Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer betrachtet das von der Pegida-Bewegung angekündigte Ende der Straßenproteste als überfällige Entscheidung. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Jürgen Heinrich

Kein Mensch braucht Pegida. Und wenn die jetzt selber Schluss machen, dann wird kein vernünftiger Mensch eine Träne nachweinen.

Frank Richter Ex-Chef der Landeszentrale für politische Bildung

Frank Richter: Letzte Demo kein Grund zur Freude, sondern zu anhaltender Sorge

Der Theologe und frühere Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, bewertet die langjährige "Pegida"-Bewegung als eine Niederlage für die Demokratie.

Frank Richter, 2018 5 min
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Frank Richter, Ex-Chef der Landeszentrale für Politische Bildung, blickt im Gespräch mit MDR Aktuell auf zehn Jahre Pegida in Dresden zurück.

MDR AKTUELL Sa 19.10.2024 11:35Uhr 05:29 min

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Trotz der für Sonntag in Dresden angekündigten letzten Demonstration des asylfeindlichen Bündnisses gebe es "keinen Grund zur Freude, vielmehr Anlass zu anhaltender Sorge", so Richter. Längst vertrete der AfD in Stadträten und Landtagen dieselben Positionen wie das fremdenfeindliche Bündnis auf der Straße. Im Gespräch mit MDR Aktuell erklärte Richter: "Kein Mensch braucht Pegida. Und wenn die jetzt selber Schluss machen, dann wird kein vernünftiger Mensch eine Träne nachweinen."

Die Landeszentrale hatte anfangs versucht, mit Gesprächsangeboten Pegida und seine Anhänger inhaltlich abzuholen. Das war aber nicht gelungen. Richter sieht als einen Grund auch die zunehmende Radikalisierung der Gruppe.

MDR (dkö/sth/lev/bhm)/epd/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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