Religion Moscheeneubau in Dresden: Stadträte fordern Bekenntnis zum Grundgesetz
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13. März 2024, 13:59 Uhr
In Dresden gibt es Streit um den Neubau einer Moschee. Geplant ist keine klassische Moschee mit Minaretten und Kuppel, sondern ein modernes Gebäude mit großen, runden Fenstern. Neben baurechtlichen Fragen hat der Fall aber auch politische Brisanz. Denn initiiert wird der Neubau von einem Verein, dessen Vorsitzender vom sächsischen Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft wird. Die Stadträte der sächsischen Landeshauptstadt ringen um eine Lösung.
- Weil das jetzige Gebäude der muslimischen Gemeinde zu klein ist, findet etwa das wichtige Freitagsgebet zur Verwunderung mancher Anwohner im Freien statt.
- Die Fraktionen der CDU und der AfD im Dresdner Stadtrat drängen auf einen sogenannten Bauleitplan, der das Bauvorhaben unter Umständen verhindern könnte.
- Da der Vereinsvorsitzende des Marwa Elsherbiny Zentrums vom sächsischen Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft wird, fordern mehrere Stadträte eine Distanzierung und ein Bekenntnis zum Grundgesetz.
Jeden Freitagmittag kommen die Gläubigen zum Freitagsgebet ins Marwa Elsherbiny Zentrum nach Dresden-Johannstadt – ein ehemaliges Technikgebäude eines Energieversorgers. Für die Gläubigen dennoch ein wichtiger Anlaufpunkt. "Für mich ist das Wichtige, immer zum Freitagsgebet hierherzukommen und meine Gebete zu machen", sagt einer von ihnen.
Gebete finden wegen Platzmangel auch im Freien statt
Für die vielen Gläubigen ist das Gebäude jedoch zu klein. Daher findet das Freitagsgebet bislang auch im Freien statt – gut hörbar für die Anwohner. So mancher wundert sich deshalb – zum Beispiel darüber, dass es hauptsächlich Männer sind, die dort beten. Man sehe dort keine Frauen, sagt einer der Anwohner. Eine andere Person findet: "Die übertreiben es ein bisschen mit der Lautstärke und es sind halt ziemlich viele." Ein weiterer Anwohner sagt: "Naja, man versteht halt nichts. Wer weiß, worüber die dort reden oder beten."
Das Marwa Elsherbiny Zentrum möchte die provisorische Moschee nun durch einen Neubau ersetzen. Doch der sächsische Verfassungsschutz stuft den Vorsitzenden der Gemeinde aufgrund seiner Nähe zur extremistischen Muslimbruderschaft als verfassungsfeindlich ein. Die Neubaupläne sorgen daher im Dresdner Stadtrat fraktionsübergreifend für Unmut, bestätigt CDU-Fraktionsvize Mirko Göhler. "Wir können eines nicht zulassen: Dass wir inmitten unserer Gesellschaft eine Brutstätte demokratiefeindlichen Gedankentums haben. Das funktioniert nicht."
Bauleitplan könnte Neubau verhindern
Die Entscheidung über den Moscheeneubau trifft jedoch die Bauverwaltung. Die Grundlage dafür ist das Baurecht – und keine politischen Erwägungen. Jetzt versucht die AfD-Fraktion den Moscheeneubau mithilfe eines sogenannten Bauleitplanes zu verhindern – den der Stadtrat beschließen müsste. Dem entgegnet Thomas Löser von den Grünen: "Ich glaube, dass das rein baurechtlich schwierig wird, denn das ist dann eine Art Verhinderungsplanung. Der Eigentümer hat die Möglichkeit, dagegen zu klagen, und würde dann wahrscheinlich Recht bekommen."
Neben der AfD fordert auch die CDU-Fraktion einen Bauleitplan, da es sich um ein Bauvorhaben mit besonderer Exponiertheit handele. So will Baupolitiker Veit Böhm zumindest mehr Beteiligung der Anwohner: "Das sollte so weit wie möglich im Konsens erfolgen, was die baurechtlichen Dinge betrifft." Damit sich das Bauvorhaben dort gut einordne.
Stadträte fordern Bekenntnis der Gemeinde zum Grundgesetz
Unabhängig vom Ausgang des Bauverfahrens fordern viele Fraktionen ein Bekenntnis der muslimischen Gemeinde, wie Linke-Stadtrat Tilo Wirtz unterstreicht: "Liebe Leute, ihr nehmt hier Rechte wie zum Beispiel das Baurecht und die Religionsfreiheit in Anspruch und dann erwarten wir auch, dass ihr das Grundgesetz verteidigt, wenn ihr euch darauf bezieht." Und CDU-Stadtrat Göhler stellt klar: "Sollten sie sich nicht von ihrem Vereinsvorsitzenden distanzieren, dann gehen sie – wie sagt man so umgangssprachlich – mit in Sippenhaft."
Dem widerspricht Grünen-Stadtrat Löser: "Das Problem hier ist eine Person, da kann man natürlich nicht die gesamte Gemeinde in Haftung nehmen." Aber die Gemeinde müsse sich dazu in irgendeiner Form verhalten.
Auf MDR-Nachfrage wollte sich das Marwa Elsherbiny Zentrum selbst nicht äußern. Ob die muslimische Gemeinde den Bau überhaupt realisieren kann, ist fraglich. Laut den Stadträten ist die Finanzierung nicht transparent und bleibt damit unklar.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. März 2024 | 06:05 Uhr