Firmengebäude von Infineon sind hinter einem Erdhaufen auf der Fläche für ein neues Werk zu sehen.
Für die vierte Chip-Fabrik von Infineon in Dresden haben schon die Erdarbeiten begonnen. Es ist die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Infineon Neue Chip-Fabrik in Dresden: "Silicon Saxony" wächst weiter

02. Mai 2023, 17:56 Uhr

Fünf Milliarden Euro Investitionsvolumen und 1.000 neue Arbeitsplätze. Mit dem Spatenstich für den Ausbau des Halbleiterwerks von Infineon festigt das "Silicon Saxony" in der "Europäischen Liga" seinen Spitzenplatz. Zu dem Termin am Dienstag in Dresden sind neben Bundeskanzler Olaf Scholz auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angereist.

Der Chiphersteller Infineon hat mit dem Ausbau seiner Produktionsstätte in Dresden begonnen. Im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) wurde am Dienstag der symbolische Spatenstich für den Ausbau der Chipfabrik vollzogen. Der Rohbau der sogenannten Smart Power Fab soll im Herbst stehen und 2026 soll der Bau vollendet sein.

Von der Leyen: "Dresden ist digitaler Leuchtturm in Europa"

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht im Ausbau des Dresdner Chip-Werks von Infineon eine großartige Perspektive für Sachsen und Europa sowie einen wichtigen Meilenstein. "Dresden ist ohne jeden Zweifel ein digitaler Leuchtturm in Europa", sagte von der Leyen in Dresden. Die Erweiterung der Produktionsstätte sei ein großer Schritt für Dresden und Sachsen in der digitalen Welt.

"Der Globalisierungsschub der vergangenen Jahrzehnte hat es mit sich gebracht, dass sich die Wirtschaftsregionen der Welt zu sehr auf ihre jeweiligen Stärken konzentriert haben", so von der Leyen. Das neue Werk in Dresden trage dazu bei, die Lieferketten der wichtigsten Güter und Technologien in Europa zu stärken.

Dresden ist ohne jeden Zweifel ein digitaler Leuchtturm in Europa.

Ursula von der Leyen EU-Kommissionspräsidentin

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, dieser Aufbruch sei die große Chance für Deutschland, sich unabhängig von fossilen Energien zu machen. Hierfür seien "sehr viele Halbleiter" notwendig. Deutschland und Europa müssten deshalb noch mehr Fahrt aufnehmen. Zudem würden die in Dresden gefertigten Chips Arbeitsplätze und Wohlstand sichern. Scholz hält am Standort weitere Chip-Investitionsprojekte für möglich: "Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Großinvestition die letzte ist, die wir in Silicon Saxony erleben werden."

Sachsen ebnet den Weg für Infineon-Neuansiedlung

Schon vor dem ersten Spatenstich in Dresden am Dienstag waren die Bagger angerollt und haben den Bauplatz vorbereitet. Sachsens Staatskanzlei hat die Chipbranche zur Chefsache gemacht, Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt, Erdarbeiten waren so schon vor der Baugenehmigung möglich. Für Großprojekte wurde zudem ein eigener Staatsbeauftragter bestellt.

Staatskanzleichef Oliver Schenk spricht von einer Erfolgsgeschichte der Wiedervereinigung, die sich in der Ansiedlung der Chipbranche zeige - inzwischen kommt jeder zweite bis dritte europäische Halbleiter aus Sachsen. Und weitere Unternehmen sollen folgen, wenn es nach dem Willen der Landesregierung geht. Halbleiter werden für Autos, Haushaltsgeräte, Handys und viele andere Waren gebraucht.

Weitere Chip-Riesen im "Silicon Saxony" stehen bereit

Infineon ist im "Silicon Saxony", wie die Region zwischen Dresden, Freiberg und Chemnitz genannt wird, schon jetzt nicht der einzige große Player. Mit Globalfoundries und Bosch gibt es zwei weitere Riesen in der Branche. Bosch hatte im Vorjahr drei Milliarden Euro Investitionen in sein Halbleitergeschäft angekündigt. In Reutlingen und Dresden sollen für zusammen mehr als 170 Millionen Euro neue Halbleiter-Entwicklungszentren entstehen. 

Sachsen verfügt über eine Fläche von 170 Hektar bei Dresden, die für Chip-Investoren bereitstehen; an einem weiteren Grundstück in der Nähe von Leipzig wird gearbeitet. Die Branche hat dabei insbesondere den taiwanesischen Chip-Hersteller TSMC im Blick. Dresden hat sich dafür in Stellung gebracht und hofft auf den Zuschlag - eine Entscheidung steht allerdings noch aus.

Infineon im Einklang mit "European Chips Act"

Infineon könnte beim Bau seines neuen Werkes als erstes Unternehmen vom "European Chips Act" profitieren, der erst vor zwei Wochen in Brüssel beschlossen wurde. Das Gesetz soll Europa künftig weniger abhängig machen von Halbleitern aus den USA und vor allem aus Asien. Damit will die EU ihren derzeitigen Anteil an der globalen Halbleiterproduktion von zehn Prozent bis 2030 verdoppeln. 43 Milliarden Euro will die EU dafür mobilisieren.

Aus dem EU-Budget sind 3,3 Milliarden Euro vorgesehen. Das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten müssen dem Vorhaben noch zustimmen, was allerdings als Formsache gilt. Wieviel Subventionen Infineon aus dem Topf bekommt? Branchenkenner rechnen mit etwa einer Milliarde Euro. Die Anträge auf eine Förderung hat Infineon bereits gestellt.

Grundstein für Chip-Industrie schon in der DDR gelegt

Das Branchennetzwerk "Silicon Saxony" wirbt gern damit, der größte europäische Standort für Mikroelektronik sowie Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zu sein. Weltweit ordnet man sich als Nummer 5 ein. In der Region gibt es dem Branchennetzwerk zufolge eine einzigartige Ballung von Akteuren aus den Bereichen Mikro- und Nanoelektronik, Organische Elektronik, Taktiles Internet, 5G oder aus den Bereichen Sensoren und Automatisierungstechnologie. Etwa 2.500 Unternehmen mit insgesamt 73.500 Beschäftigten seien hier auf allen Stufen der Wertschöpfungskette aktiv. Bis 2030 sollen es 100.000 sein.

Dabei profitieren die vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen von einem starken akademischen Umfeld. Tatsächlich sind neben vier Universitäten und fünf Fachhochschulen, neun Fraunhofer-, drei Leibniz-, ein Helmholtz- und zwei Max-Planck-Institute auf dem Gebiet Mikroelektronik und IKT aktiv. Hinzu kommen rund 1.700 Software- Unternehmen mit über 30.000 Menschen. Der Grundstein für all das wurde schon zu DDR-Zeiten gelegt, als der Computerhersteller Robotron in Dresden seinen Stammsitz hatte und das Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) als Herzstück der DDR-Chipforschung galt.

MDR (kbe)/dpa/reuters

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. Mai 2023 | 19:00 Uhr

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