Nach Einbruch ins Grüne Gewölbe Mieter über Garage, in der Täter Auto anzündeten: "Wir haben hier alles verloren"
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20. November 2024, 05:00 Uhr
Kurz nach dem Einbruch ins Grüne Gewölbe flohen die Täter Richtung Autobahn. Zuvor fuhren sie eines ihrer Fluchtautos in eine Tiefgarage. Um Spuren zu verwischen, zündeten sie den Audi an. Für manche Mieter im Haus über der Garage bestand Lebensgefahr, weil der Rauch durch Versorgungsschächte nach oben quoll. Mit der Rauchgasvergiftung, die sich das Paar Wiesner zuzog, begannen qualvolle Monate voller Ärger und Aufwand. Sie mussten wegen der Clan-Kriminellen ihr Leben ändern.
Den Morgen des 25. November 2019 wird Frank Wiesner nie vergessen. Obwohl er nichts mit dem Einbruch von Clan-Kriminellen ins Grüne Gewölbe zu tun hat und 5,5 Kilometer weit weg vom Residenzschloss wohnt, ist sein Leben in Gefahr. Ebenso das seiner Partnerin, seines Schwagers und vieler Nachbarn. Wiesner schläft tief, als ihn sein Schwager weckt. Der ist als Übernachtungsgast zu Besuch. "Zum Glück hat der irgendwie die Alarmglocken angehabt und uns alle geweckt, auch die Hunde. Da hatten wir nochmal einen Schutzengel."
Penetranter Gestank und Kohlenmonoxid
Rauch und Gestank habe die Wohnung erfüllt. "Wir haben im Bad geschaut. Die Toilette aufgemacht und dort war alles grau wie Ruß drin. Wie bei einem Vulkan blubberte es immer nach oben, richtig heiß. Das Wasser kochte." Erst später realisieen die Wiesners: "Es kommt durch die Versorgungsschächte im Bad und durch die Toilette, Reifengeruch, extrem penetranter Rauchgeruch. Boah, übel." Rauch und Gestank hätten sich dann permanent und wochenlang in der Wohnung verbreitet. "Das kam durch alle Ritzen und durch die Tür."
Man hat ja nicht mit so etwas gerechnet, dass dort irgendjemand ein Auto abbrennt in einer Tiefgarage.
Kurz zuvor haben mehrere Einbrecher in der Tiefgarage unter Frank Wiesners Erdgeschoss-Wohnung in der Kötzschenbroder Straße einen Audi angezündet, um ihre Spuren zu verwischen.
Rauchgasvergiftung und viele Umstände
Als die Bewohner und kurz darauf Rettungskräfte den Qualm bemerken, bleibt lange unklar, was los ist. Ein Elektroauto? Ein Kabel? Woher kommt der Rauch? "Es rannten viele Menschen verstört herum. Alle waren aufgeregt und wussten nicht, woran sie sind. Da war so eine Panikstimmung."
Frank Wiesner wundert sich, warum es in seiner Wohnung so qualmt und bei seinen Nachbarn kaum. Seine Frau und er erleiden eine Rauchgasvergiftung. Noch heute ist er seinem Schwager dankbar, dass er Alarm geschlagen hatte: "Es wäre wahrscheinlich schief gegangen. Das war ja Kohlenmonoxid. Da schläft man einfach ein und dann ist es vorbei."
Das sieht der Kriminaloberrat und Leiter der Soko Epaulette, Olaf Richter, genauso im Gespräch mit MDR SACHSEN: "Man hätte dort auch durchaus in die Katastrophe schliddern können, wenn das nicht so schnell bemerkt worden wäre oder noch irgendetwas explodiert wäre."
Man hätte dort auch durchaus in die Katastrophe schliddern können, wenn das nicht so schnell bemerkt worden wäre.
Mieter fühlen sich ignoriert
Das Ehepaar Wiesner geht zu Frank Wiesners Vater und von dort aus zum Arzt, um die schmerzenden Lungen durchzuchecken. Es habe am Brandort keine medizinische Versorgung gegeben, "gar nichts", sagt der Mieter noch heute enttäuscht.
Noch lange Zeit danach haben die Wiesners den Schrecken der Nacht nicht verdaut. Sie wundern sich, warum sie beispielsweise am Brandmorgen nicht von Feuerwehrleuten oder Rettungskräften informiert worden sind. Doch das sei nicht das Schlimmste. "Man hat ja erwartet, dass irgendetwas von dem Hausbesitzer oder von der Hausverwaltung von irgendeinem irgendetwas kommt und jemand nachfragt: Geht es euch gut? Was können wir machen? Nix kam. Das war schon enttäuschend."
Tiefgarage erst Wochen später gereinigt
Man habe versucht, sich selbst zu helfen: "Wir haben erstmal alle Flächen abgewischt und weggeschrubbt. Aber der Dreck war teilweise wie so eine Gummipaste, dazu permanent Benzin und Dieselabgase. Der Gestank, kam direkt durch den Versorgungsschacht und die Toilette, die ganze Zeit in die Wohnung." Erst Wochen später sei die Tiefgarage gereinigt worden.
"Wir haben immer gelüftet und immer gehofft, dass irgendwann mal eine Hilfe kommt. Uns wurde keine Hilfe zur Verfügung gestellt. Ich habe mit Bauschaum versucht alles abzudichten, dass da nichts mehr rauskommt. Aber das geht durch jede Ritze", kritisiert der Mieter die Hausbesitzer und Hausverwaltung in der Kötzschenbroder Straße.
Viel Privates verloren
Am Ende zieht das Paar aus. Wegen des Brandes in der Tiefgarage hat es viele Einbußen: "Wir haben viel, viel weggeschmissen. Auch das Hochzeitskleid von meiner Frau, das war ganz traurig, ist in Mitleidenschaft gezogen worden", erinnert sich Wiesner an die Gegenstände voller Rußgestank. Und: "Sehr schade, dass wir das alles verloren haben."
Mieter wirft Tätern Gedankenlosigkeit vor
2023 sagen die Wiesners vor dem Landgericht Dresden als Zeugen über den Brandmorgen aus. Über die verurteilten Täter sagt er: "Das war unsere erste gemeinsame Wohnung. Unser Leben ist durch diese ganze Situation aus der Bahn gelaufen. Wir wollten nicht umziehen. Dafür, sagen wir mal, hasse ich diese Menschen."
Frank Wiesner mutmaßt, dass sich die Täter "wahrscheinlich gar keine Gedanken über die ganze Situation gemacht haben, einfach nur das Auto abbrennen. Aber dass dann Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten..."
- Mehr Details gibt es seit Montag, 18. November 2024, in der Exakt-Story "Die Beute der Remmos" in der ARD-Mediathek zu sehen.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | EXAKT-Story "Die Beute der Remmos" | 20. November 2024 | 20:45 Uhr