Ausstellungsraum: drei historische Standuhren 4 min
Schon im 18. Jahrhundert von umschätzbarem Wert: In den Paraderäumen des Dresdner Residenzschlosses könne Interessierte etwa barocke Standuhren bestaunen. Mehr im Audio. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Carina-Sonntag

Ausstellung im Residenzschloss Dresden: So kunstvoll waren die Möbel des sächsischen Adels

22. Oktober 2024, 12:25 Uhr

Monarchen wie August III. umgaben sich gern mit kunstvollen Möbelstücken. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden besitzen heute die größte Sammlung an Prunkmöbeln des Pariser Kunsttischlers Jean-Pierre Latz. Für eine aktuelle Sonderausstellung wurden viele aufwendig restauriert, einige Stücke tragen die Spuren von Dresdens Bombardierung 1945. Nun sind sie erstmals nach 80 Jahren wieder zu sehen.

Uhren über Uhren kann man zur Zeit in Dresden bestaunen. Eine Bodenstanduhr reiht sich derzeit in den Paraderäumen des Dresdner Residenzschlosses an die andere. Zweieinhalb Meter hoch, prunkvoll und detailreich gestaltet mit üppig vergoldeten Beschlägen und kostbaren Intarsien, so genannten Boulle-Marketerien aus Schildpatt, Perlmutt, Ebenholz und farbig hinterlegtes Horn. Hochkomplexe Meisterwerke des Pariser Kunsttischlers – oder wie es in Frankreich heißt, Ebenisten – Jean-Pierre Latz aus dem 18. Jahrhundert.

Drei Besucher in einem Ausstellungsraum
Neben diversen Standuhren stellen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auch einen Schreibtisch aus dem Besitz eines preußischen Königs aus. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Carina-Sonntag

Weltweit einzigartige Sammlung

"Für uns war es wichtig, dass wir eben diese Menge sichtbar und erlebbar machen", sagt die Kuratorin Christiane Ernek-van der Goes. Um die Stücke ansprechend zu präsentieren, habe man besonderes Augenmerk auf die Hintergründe und Raumhöhe gelegt.

30 Einzelobjekte und 20 Ensembles umfasst der Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen. Das ist weltweit einzigartig, was auch daran liegt, dass die Uhren, am sächsischen Hof mindestens paarweise, manchmal auch in Vierergruppen in einem Raum aufgestellt wurden. Denn zur Vorliebe für luxuriöse Kreationen aus Frankreich kam noch ein Faible für Symmetrie hinzu bei König August III., vor allem aber bei seinem Premierminister Heinrich Graf von Brühl.

Goldenes Detail eines Ausstellungsstückes
Reicht verziert: Viele der Stücke sind vergoldet. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Frank Grätz

Möbel als Statussymbol

Christiane Ernek-van der Goes sieht hinter der Sammelleidenschaft der sächsischen Edelleute ein "großes Status- und Repräsentationsbedürfnis." Schließlich waren die Stücke schon zur damaligen Zeit sehr wertvoll: "Durch das Reisetagebuch von Johann Andreas Silbermann wissen wir, dass eine dieser Uhren alleine 1.000 Tahler gekostet hat und das war für die damalige Zeit unheimlich viel Geld. Also wenn man dann vier von diesen Uhren in einem Raum hat, das ist natürlich eine Aussage."

Das Statusdenken zeige sich der Kuratorin zufolge auch an der Gestaltung der Uhren. Eine der Uhren des Heinrich Graf von Brühl ist etwa mit dem Haupt des Sonnengottes Apoll beschlagen  – ein Symbol das eng mit dem französischen "Sonnenkönig" Ludwig XIV. verbunden sei. "Dass wir das an den Uhren von einem Premierminister haben, zeugt schon von einem großen Selbstbewusstsein", stellt Christiane Ernek-van der Goes fest.

Ausstellung: Detail des Piedestals, Jean-Pierre Latz zugeschrieben
Homage an den "Sonnenkönig": Apolls Antlitz ziert eine Uhr des Heinrich Graf von Brühl. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Frank Grätz

Vergessener Schatz im Depot

Seit 2008 beschäftigt sich die Kunsthistorikerin intensiv mit den Möbeln des Jean-Pierre Latz. Damals waren durch die Inventarisierung mit der Museumsdatenbank "Daphne" die Rokoko-Möbel wiederentdeckt worden. Latz hieß eigentlich Johann Peter Latz, denn er stammte aus Gegend um Köln.

Nachdem die Stücke im Zweiten Weltkrieg eingelagert worden waren, war das Konvolut anschließend ins Depot der Staatlichen Kunstsammlungen gewandert und dort in Vergessenheit geraten. Oftmals waren die Möbel in Einzelteile zerlegt und in unterschiedlichen Kisten verpackt. Es begann eine komplexe Puzzelei.

"So kamen dann die Aufsatzfiguren wieder auf die Uhr, das Uhrwerk wieder rein, das Pendel wieder an das Uhrwerk", schildert Christiane Ernek-van der Goes, "und irgendwann konnten wir das Puzzle beenden und erst damit wurde dann auch richtig ersichtlich, wie groß und was das für ein Bestand ist."

Barocker  Ausstellungsraum mit Standuhren und einem Thron
Ein Blick in die Ausstellung in den Paraderäumen des Residenzschlosses. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Frank Grätz

Aufwendiges Restaurierungsprojekt

Deutlich wurde bei den Sichtungsarbeiten aber auch, dass die kunstvoll gearbeiteten Pendeluhren und ihre Sockel dringend restauriert werden müssen.

Ein interdisziplinäres Forschungs- und Restaurierungsprojekt wurde daher initiiert, die Möbel eingehend untersucht und damit ein Einblick in die Werkstatt Jean-Pierre Latz‘ ermöglicht, wie die leitende Restauratorin Clara von Engelhardt berichtet: "Tatsächlich ist es so, dass wir beim ihm extrem viel farbige Boulle-Marketerien feststellen, die bei anderen Kollegen nicht so intensiv auftauchen."

Ausstellung: eine Restauratorin bei der Arbeit mit dem Pinsel.
Für die Restaurierung der Möbelstücke wurde eigens ein Forschungsprojekt aus der Taufe gehoben. Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Martin Förster

Auch die feuervergoldeten Messingbeschläge seien herausragend, so Engelhardt. Es gäbe nur "wenige Ebenisten, die so qualitätsvolle Marketerien und Beschläge haben."

Spuren der Bombardierung Dresdens

Nicht alle Stücke in der jetzigen Ausstellung wurden in einen prunkvollen Zustand zurückversetzt. Manche der Uhren wurden lediglich konserviert. Zwei so genannte Palmstammpendulen wurden im derzeitigen Zustand belassen.

Die Uhren hatte man nach der Bombardierung Dresdens 1945 aus dem zerstörten Schloss geborgen. Die Spuren sind bis heute sichtbar, schildert Clara von Engelhardt: "Es ist jetzt die ganze Feuervergoldung nicht mehr sichtbar, man sieht aber noch die ganze Kraft des Ausdrucks von der ganzen Bearbeitung von Latz in seiner Werkstatt."

fait a paris Uhr Barock
Einige Exponate tragen die Spuren von Dresdens Bombardierung im Februar 1945. Bildrechte: Herbert Boswank

Die Arbeit von Jean-Pierre Latz hat übrigens auch Friedrich der Große zu schätzen gewusst. So präsentiert die Schau sechs Stücke aus Schloss Sanssouci, unter anderem den Schreibtisch des Preußenkönigs. Zumindest bei ihrem Möbelgeschmack waren sich Friedrich und sein Intimfeind von Brühl damals also einig. Das Motto: "Fait á Paris", hergestellt in Paris, von Jean-Pierre Latz.

Mehr Informationen:

"Fait á Paris. Die Kunstmöbel des Jean-Pierre Latz am Dresden Hof"

19. Oktober 2024 bis 2. Februar 2025

Adresse

Residenzschloss Dresden
Taschenberg 2
01067 Dresden

Öffnungszeiten

täglich 10-18 Uhr, Dienstag geschlossen

Redaktionelle Bearbeitung: tis

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. Oktober 2024 | 08:15 Uhr

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