Ehrenamt Colorido-Verein aus Plauen erhält Theodor-Heuss-Medaille
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20. April 2024, 14:00 Uhr
Morddrohungen, zerschlagene Scheiben, Schikane - von all dem lässt sich der Colorido-Verein Plauen nicht davon abhalten, für ein menschliches Miteinander einzustehen. Und er warnt regelmäßig vor den verfestigten rechten Strukturen in der Region. Für sein Engagement und sein Durchhaltevermögen hat der Verein am Sonnabend eine bedeutende Auszeichnung erhalten.
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Bücher, alte Möbel, Geschirr – all das und noch mehr können bedürftige Menschen im "Bring und Nimm" Laden in Plauen abholen. Und wer zu viel hat, der kann hier spenden. Betrieben wird der Laden vom Colorido-Verein. Und so ein Laden überlebt nur durch Engagement.
Einer der Ehrenamtlichen ist Reda Hjej. Seine Aufgabe ist es, gespendete Möbel zusammenzubauen. Ihm ist es sehr wichtig, sich in der Stadt einzubringen. "Wie kann ich mehr tun, um Deutschland dankbar zu sein?" Vor zwei Jahren kam der Venezolaner nach Deutschland. Da seine dortige IT-Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird, absolviert er sie hier erneut. In seiner Freizeit arbeitet er im Laden und hilft beim Übersetzen vom Spanischen und Arabischen ins Deutsche.
Geben, nehmen, tauschen - Menschen in Plauen unterstützen sich
Der Colorido-Verein hat den Laden eröffnet, um einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen gegenseitig unterstützen und füreinander da sind. Der Laden wächst stetig und darüber freut sich Vereinsgründerin Doritta Kolb-Unglaub sehr: "Wir haben gemerkt, dass der Bedarf bei den Menschen riesig ist. Und deshalb wird er auch immer wichtiger." Es gebe viele Plauener, die zu viele Dinge in ihren Schränken und Kammern haben und es zum Laden bringen. "Und es gibt so viele Bedürftige, die gerne nehmen", beobachtet Kolb-Unglaub. Und dann gebe es die Menschen, die gern tauschen, auch der Umwelt zuliebe.
Es gibt so viele Bedürftige, die gerne nehmen. Und es gibt auch viele, die gerne tauschen. Auch der Umwelt zuliebe.
Neben dem Laden arbeitet der Verein Colorido in unterschiedlichen Bereichen. Regelmäßig trifft sich ein Buchclub, um Menschen unterschiedlicher Herkunft miteinander zu verbinden. Im eigenen Begegnungscafé organisiert der Verein Lesungen, Vorträge und Workshops. Das Projekt "Austausch Lebenswelten" bietet geflüchteten Menschen die Möglichkeit, sich über die eigenen Fluchterfahrungen auszutauschen.
Für den Plauener Oberbürgermeister Steffen Zenner ist die Arbeit des Vereins unverzichtbar in der Stadt: "Demokratie lebt vom Mitmachen und genau das, denke ich, versucht Colorido auch hier in sehr guter Art und Weise hier lebendig und mit Leben zu erfüllen."
Stadtratswahlen im Juni: Wahlmüde erreichen
Auch das politische Parkett hat der Verein betreten. Neben politischer Aufklärungsarbeit, häufig zum Thema Populismus, organisiert der Verein Ausstellungen im Bahnhof von Plauen. Derzeit hängt dort eine Kunstausstellung mit dem Fokus auf die anstehenden Stadtratswahlen Anfang Juni. Das Ziel sei es, die Menschen zu erreichen, die nicht wählen gehen, meint Doritta Kolb-Unglaub. "Wir arbeiten gerade auf Hochtouren daran, dass wir Wahlmüde erreichen. […] Dass sie zur Wahl gehen und das möglichst ohne eine Beeinflussung vorzunehmen."
Wir wollen die Wahlmüden erreichen und ihnen sagen: Die Wahl ist wichtig, geht hin.
SS-Runen, Hakenkreuze, Bedrohungen - Vereinsmitglieder über Entwicklung besorgt
Besorgt ist Doritta Kolb-Unglaub über die Entwicklung in der Stadt. Wenn sie über SS-Runen und Hakenkreuzen an Wänden spricht, zittert ihre Stimme leicht. "Hier unten ist eine Tafel, da wird regelmäßig das 'nie' von 'nie wieder Faschismus' durchgestrichen. Solche Sachen passieren ganz vermehrt."
Hier unten ist eine Tafel, da wird regelmäßig das 'nie' von 'nie wieder Faschismus' durchgestrichen. Solche Sachen passieren ganz vermehrt.
Auch persönliche Drohungen wie rohe Herzen im Briefkasten, Morddrohungen und zerschlagene Scheiben mussten die Vereinsmitglieder schon erleben. Trotzdem lassen sich die Ehrenamtlichen des Vereins nicht unterkriegen. Ihre Stadt Plauen wollen sie nicht aufgeben.
Was ist der Theodor-Heuss-Preis? Die Theodor-Heuss-Stiftung vergibt seit 1964 jedes Jahr einen Hauptpreis sowie mehrere Ehrenmedaillen. Geehrt werden Menschen, Vereine und Projekte, die sich besonders engagiert für Menschenrechte einsetzen. Benannt wurde der Preis nach dem ersten Bundespräsidenten der BRD, Theodor Heuss. Theodor Heuss erlebte beide Weltkriege und bekannte sich während des Zweiten Weltkrieges offen gegen den Faschismus.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. April 2024 | 19:00 Uhr