Chemnitz Abschiebung nach Serbien - Härtefallkommission prüft Fall Robert A.
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17. Juli 2024, 17:16 Uhr
Robert A. ist 31 Jahre alt, als Baby kam er nach Chemnitz. Weil es Komplikationen mit seinen Dokumenten gab, sollte er nach Serbien abgeschoben werden. In das Herkunftsland seiner Eltern, in dem er nie war. In letzter Minute wurde seine Abschiebung durch den sächsischen Innenminister gestoppt. Jetzt prüft die Härtefallkommission den Fall.
Die sächsische Härtefallkommission hat das Verfahren im Fall des von Abschiebung bedrohten Robert A. aufgenommen. Der stellvertretende Vorsitzende Karlheinz Petersen sagte auf Anfrage von MDR SACHSEN, es werde geprüft, ob der Mann nach Serbien abgeschoben werden kann oder nicht. Bis eine Entscheidung gefallen sei, gelte für den 31-Jährigen eine Abschiebesperre. Die Komission habe jetzt vier Monate Zeit, um den Fall zu bearbeiten.
Robert A. lebt seit 30 Jahren in Chemnitz
In dem Fall geht es um Robert A., einen in den Niederlanden geborenen Mann. Nach Angaben des Flüchtlingsrates Sachsen waren seine Eltern 1993 vor dem Jugoslawien-Krieg geflohen. Robert A. wurde auf der Flucht in den Niederlanden unter anderem Namen geboren und besitzt keine Staatsangehörigkeit. Denn weder Serbien, das Geburtsland seiner Eltern, noch die Niederlande oder Deutschland haben ihn als Bürger ihrer Staaten anerkannt. Er kam als Baby nach Chemnitz und lebt seitdem hier mit seiner Familie.
Festnahme in der Ausländerbehörde
Nach Angaben der Chemnitzer Grünen-Chefin, Coretta Storz, wurde Robert A. am vergangenen Freitag bei einem Termin in der Ausländerbehörde Chemnitz festgenommen. "Ich hatte ihn zu dem Termin begleitet. Dabei sollte es um die Anpassung seiner Daten gehen. Denn er hatte eine neue Geburtsurkunde aus den Niederlanden zugeschickt bekommen."
Robert ist Chemnitzer. Er ist als Baby nach Chemnitz gekommen, spricht perfekt Deutsch und hat hier die Schule besucht und einen Beruf gelernt.
Nach einem kurzen Gespräch mit einem Behördenmitarbeiter sei die Polizei angerückt und habe A. aufgefordert, mitzukommen. Dieser habe sich absolut kooperativ gezeigt. "Ich war überrascht und schockiert von dieser Vorgehensweise", sagte die Kommunalpolitikerin MDR SACHSEN. Später seien A. sogar Handschellen angelegt worden.
Keine Papiere, keine Arbeitserlaubnis
Robert sei als Baby nach Deutschland gekommen, spreche perfektes Deutsch und habe eine Ausbildung absolviert, so Storz. Ihre Unterstützung für den Parteifreund sei auch trotz des Wissens um strafrechtliche Belange von Robert A. erfolgt. Laut einer Petition wurde er im Alter von 27 Jahren zu einer Bewährungsstrafe wegen Drogenhandels verurteilt. "Da er seine Wohnung ohne Arbeitserlaubnis finanzieren musste, versuchte er verzweifelt etwas Geld durch den Handel mit Drogen zu bekommen", heißt es in der Petition. "Ihm wurde hierfür eine Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgesprochen."
Er hatte nie die Möglichkeit, sein Leben selbst zu finanzieren oder sich überhaupt eines aufzubauen. All das wurde durch die Behörden verhindert - keine Geburtsurkunde, keine Staatsangehörigkeit, kein Aufenthalt, keine Beschäftigungserlaubnis.
Demonstrationen gegen Abschiebung in Chemnitz und Dresden
Die drohende Abschiebung hatte bundesweit für Aufregung gesorgt. In Sachsen gab es Solidaritätskundgebungen. So hatten sich am Sonntag etwa 200 Menschen vor der Chemnitzer Ausländerbehörde versammelt. Am Montag folgten ebenfalls mehr als 200 Menschen einem Kundgebungsaufruf vor dem sächsischen Innenministerium.
Bruder Elvis: Seine Festnahme war ein Schlag ins Gesicht
Dazu waren auch die Geschwister von Robert A. angereist. Bruder Elvis schildert im Gespräch mit MDR SACHSEN die Ereignisse der letzten Tage. Ihn habe die Nachricht der Festnahme auf Arbeit überrascht. "Das war ein Schlag ins Gesicht." Robert habe ihn aus der Abschiebehaft heraus angerufen und gebeten, sich um ihn zu kümmern. Zunächst sei davon die Rede gewesen, dass sein Bruder am Dienstag abgeschoben werden soll. Dann habe er am Montagmorgen die Nachricht erhalten, Robert sei schon auf dem Weg nach Frankfurt und stehe kurz vor der Abschiebung. "Da haben wir nochmal versucht Werbung zu schalten. Wir haben auf Instagram noch mal alles versucht, das zu verhindern. Zum Glück hat es geklappt."
MDR (lev/mwa)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 17. Juli 2024 | 11:00 Uhr