Tötungsverbrechen Döbeln trauert um Valeriia: Fahnder nehmen Tatverdächtigen in Prag fest
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14. Juni 2024, 18:34 Uhr
Der gewaltsame Tod der Neunjährigen aus Döbeln in Sachsen hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Nun haben die Ermittler einen verdächtigen 36 Jahre alten Mann gefasst. Er muss noch von Tschechien nach Sachsen überstellt werden. Die Nachricht kam kurz vor der Trauerfeier für das Mädchen. Zu der kamen rund 1.800 Einwohner, Mitschüler und Kinder.
- Polizisten nehmen in Prag dringend tatverdächtigen Mann fest. Er soll zügig nach Sachsen überstellt werden.
- Der 36 Jahre alte Mann aus Moldawien soll der Ex-Freund der Mutter sein.
- Festnahme-Nachricht trifft Döbeln kurz vor Gedenkfeier in der Innenstadt.
Nach dem gewaltsamen Tod der neunjährigen Valeriia haben Ermittler am Freitagvormittag in Tschechien einen Tatverdächtigen in einem Restaurant in Prag festgenommen. Das teilte die Polizei in Chemnitz mit. Der moldawische Staatsangehörige sei dringend tatverdächtig, das neun Jahre alte Mädchen aus Döbeln getötet zu haben. Nach Medieninformationen soll es sich um den Ex-Freund von Valeriias Mutter handeln.
Internationaler Haftbefehl beantragt
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hatte einen nationalen und internationalen Haftbefehl gegen ihn beantragt, der vom Amtsgericht Chemnitz erlassen wurde. Der Mann sei derzeit im Gewahrsam tschechischer Behörden, hieß es. Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft habe ein Überstellungsersuchen ins Nachbarland geschickt. Der wegen Totschlags gesuchte Mann solle schnell nach Deutschland gebracht werden.
Innenminister dankt Polizisten in Sachsen und Tschechien
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) dankte den Ermittlern "und den tschechischen Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit sowie allen weiteren involvierten Polizisten". Schuster hoffe, "dass mit der Festnahme eines Tatverdächtigen dieses schreckliche Verbrechen zügig aufgeklärt werden kann".
Ermittlungen konzentrieren sich auf zwei Männer
Nach Recherchen der "Bild"-Zeitung hatte die Kriminalpolizei zwei Männer als Tatverdächtige im Visier. Einer sei der Ex-Freund von Valeriias Mutter und solle sich in Tschechien aufhalten, hieß es in den vergangenen Tagen. Er habe die Mutter am Vormittag von Valeriias Verschwinden kontaktiert, schrieb "Bild". Sein Handy soll in einer Funkzelle in Döbeln eingeloggt gewesen und er von der Überwachungskamera eines Nachbarhauses gefilmt worden sein. Gesucht werde außerdem ein Mitte 50-Jähriger, der Valeriias Mutter zuvor gestalkt haben soll. Die Staatsanwaltschaft wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.
Trauerfeier und Gottesdienst geplant
Unterdessen trauern in Döbeln viele Menschen um das getötete Mädchen. Sie haben in der Nähe der Wohnung des Kindes Kerzen, Plüschtiere, Bilder, Engelsfiguren und Blumen niedergelegt, um ihre Fassungslosigkeit auszudrücken. "Warum hat man dir das angetan?", ist auf einem Zettel zu lesen. "Du hattest noch so viel vor dir."
Die Stadt Döbeln hat das fürs Wochenende geplante Stadtfest abgesagt. Man folge damit dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger, denen nicht nach Feiern zumute sei, sagte Oberbürgermeister Sven Liebhauser. Am Freitagabend wurde auf dem Obermarkt bei einer Trauerfeier Valeriia gedacht. Am Sonntag um 10 Uhr ist ebenfalls auf dem Obermarkt ein ökumenischer Gedenk-Gottesdienst geplant. Die Stadt Döbeln hat zur Unterstützung der Familie außerdem ein Spendenkonto eingerichtet.
Erschütterung in der Schule
Auch an Valeriias Schule ist die Erschütterung groß. Zehn Schulpsychologen seien Ende der Woche an der Grund- und Oberschule, informierte das Landesamt für Schule und Bildung. Sie waren je nach Bedarf in den Klassen zum Einsatz. Zudem stimmten sich Lehrer, Schulleitung und Schulreferentin über die konkrete Form des Trauerns und Gedenkens ab. Geplant sei, eine Trauerecke in der Schule einzurichten.
Mädchen wurde nicht sexuell missbraucht
Mehr als eine Woche lang war nach dem Mädchen gesucht worden. Am Dienstagnachmittag hatten Polizisten in einem Wald die Leiche des Kindes gefunden. Laut Staatsanwaltschaft ist es Opfer eines Verbrechens geworden. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Kind nicht sexuell missbraucht wurde.
"Das Mädchen war bekleidet", sagte Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart. Zu genaueren Ermittlungsansätzen wollte sie nichts sagen, ebenso zur Todesursache - wegen eines möglichen Täterwissens. "Wir haben Thesen zum Motiv", so Burghart. "Deshalb suchen wir ja auch im engeren sozialen Umfeld." Auch am Freitag wurden weiter Spuren ausgewertet und Zeugen vernommen.
Mögliches Fehlverhalten der Schule
Geprüft wird von der Staatsanwaltschaft auch ein mögliches Fehlverhalten der Schule. Die hatte Valeriias Mutter nicht wie vorgeschrieben kontaktiert, als das Kind am Montag voriger Woche nicht zur Schule kam, sodass ihr Verschwinden erst viele Stunden später auffiel. Dazu werde ein Bericht des Landesamtes für Schule und Bildung abgewartet und dann entschieden, ob ein Anfangsverdacht für strafrechtliches Handeln vorliege, hieß es. Im Raum stehe eine mögliche Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht.
Die Behörde hatte das Versäumnis der Schule bestätigt und geht dem Fehlverhalten nach. Den Angaben zufolge könnte das arbeitsrechtliche Schritte nach sich ziehen.
MDR (ama/kbe)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 13. Juni 2024 | 19:00 Uhr