Eine beringte Fledermaus auf einer Hand.
Die Fledermäuse bekommen eine Alu-Manschette an ihren "Unterarm", um sie identifizieren zu können. Bildrechte: Harald Tippmann/Raimund Franke

Fledermäuse Der Herr der Ringe aus Marienberg

14. Januar 2025, 07:36 Uhr

Alte Schächte, Höhlen oder verlassene Gebäude. Das sind die Orte, die Harald Tippmann regelmäßig aufsucht. Denn nur hier findet er die kleinen Tiere, für deren Schutz er sich seit Jahrzehnten engagiert.

Angefangen hat es bei Harald Tippmann in den 1970er Jahren eher durch Zufall. Ein Bekannter lud den Marienberger ein, mit ihm auf Fledermauspirsch zu gehen, um die kleinen Tiere zu bestimmen und zu beringen. Und seitdem ist der heute 72-jährige gelernte Kühlanlagenmonteur und Hobby-Biologe regelmäßig in ganz Sachsen unterwegs. Einmal im Sommer und wie jetzt im Winter.

Der Kopf einer Fledermaus in Nahaufnahme. 8 min
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Staatlich anerkannter "Herr der Ringe"

Tippmann ist staatlich anerkannter Fledermausberinger: "Ich suche die Winterquartiere der Tiere auf, um sie zu zählen und zu beringen", sagt der Erzgebirger. Früher war er in ganz Sachsen unterwegs und hatte dutzende Stellen, die er inspizierte. Seit einiger Zeit hat sich Tippmann eingeschränkt. "Es ist zum Teil ziemlich anstrengend, die verborgenen Orte aufzusuchen. Ich werde ja auch nicht jünger. Jetzt kontrolliere ich nur noch einige besonders interessante Stellen hier im Erzgebirge".

Ein Mann hat einen alten Senfbecher mit Löchern im Deckel in der Hand.
In diesen alten Senfbecher kommen die kleinen Wichte, wenn sie von Harald Tippmann gewogen werden. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Es ist zum Teil ziemlich anstrengend, die verborgenen Orte aufzusuchen.

Harald Tippmann Fledermausberinger

Alumanschette sorgt für Klarheit

Eine dieser Stellen ist der "Weiße Ofen" im alten Kalkwerk Lengefeld. Hier sammeln sich jedes Jahr viele Tiere. "Sie verbringen hier ihren Winterschlaf. Und da ist es für uns einfach, sie zu zählen und die Tiere zu beringen." Dabei bekommen die Fledermäuse eine Alu-Manschette an ihren "Unterarm". In die Ringe ist eine Zahl eingeprägt, die dann im Landesumweltamt registriert wird.

Fledermausringe auf einer Handfläche.
Solche speziellen Aluringe bekommen die Tiere. Zu DDR-Zeiten haben Tippmann und seine Kollegen die Ringe selbst hergestellt. Heute kommen sie aus England. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

17 verschiedene Arten in Sachsen

Es gibt mehr als zwanzig verschiedene Arten von Fledermäusen. In Sachsen hat Tippmann allein 17 Arten nachgewiesen. "Die Kleinste bei uns ist die Zwergfledermaus, die Größte der Große Abendsegler, mit einer Flügelspannweite bis 45 Zentimeter." Durch die Beringung kann man die Entwicklung der Bestände und die Wanderungsbewegungen der Tiere besser verfolgen. Die meisten Tiere sind aus Sachsen. "Ich hatte aber auch schon eine Fledermaus aus Tschechien. Die sind also recht mobil."

Ein Mann in einem Bergwerksstollen hält eine Flederaus an ihren Flügeln.
Die kleinsten Fledermäuse wiegen kaum zwei Gramm. Eine Größere zeigt Tippmann hier Besuchern. Bildrechte: Harald Tippmann/Raimund Franke

Schwankende Bestände

Auch die Entwicklung der Bestände wird überwacht. "Insgesamt muss man sagen, dass wir im Sommer immer weniger Tiere an den bekannten Stellen finden. Im Winter ist es stabil. In diesem Winter haben wir im Kalkwerk sogar mit 76 Tieren mehr Fledermäuse als sonst registriert." Beim Beringen muss Tippmann aufpassen. Darauf, dass die Tiere nicht zu sehr gestresst werden und darauf, dass er nicht gebissen wird. "Es kommt schon hin und wieder vor, dass eine beißt. Aber das ist nicht so schlimm. Zur Sicherheit bin ich gegen Wundstarrkrampf geimpft".

Eine Fledermaus schaut aus einem Loch im Felsen.
Der Große Abendsegler gehört zu den größten Arten hierzulande. Bildrechte: Harald Tippmann/Raimund Franke

Hilfe für verletzte Tiere

Tippmann hilft auch, wenn Fledermäuse gefunden werden. "Ich hab schon einige aufgepäppelt, die krank oder verletzt waren." Wenn sie wieder gesund sind, setzt sie Tippmann wieder aus, wo sie gefunden wurden. Wer Fledermäusen günstige Lebensbedingungen schaffen will, kann sich spezielle Fledermauskästen besorgen, sagt der Hobby-Biologe. "Die sind wie ein Holzbriefkasten. Nur dass der Schlitz unten ist. Da können sie dann rein." Am besten bringe man sie höher als vier Meter an Bäumen oder am Schuppen an. Wenn man Glück habe, suchten sich die kleinen Tiere diese Behausungen als Unterschlupf.

Eine Fledermaus kriecht aus einem Spalt heraus.
Dieses braune Langohr macht seinem Namen alle Ehre. Bildrechte: Harald Tippmann/Raimund Franke

Fledermaus versus Mensch

Gerade bei Investoren werden Fledermäuse aber nicht ausschließlich so positiv gesehen. Denn manche Bauprojekte drohen am Tierschutz zu scheitern. Tippmann hat hier eine klare Meinung: "Wärmedämmung ist so ein Thema. Wenn es Fledermäuse gibt, dann muss man warten, bis die Tiere ins Winterquartier gezogen sind. Erst danach sind Arbeiten an der Fassade vertretbar." Eine viel größere Gefahr sind für den Fledermaus-Fan Windkraftanlagen.

"Untersuchungen haben belegt, dass viele Fledermäuse durch den Druck, den die riesigen Flügel erzeugen, getötet werden. Windkraftanlagen sind für Fledermäuse wie für Vögel eine Gefahr."  Deshalb plädiert Tippmann dafür, die Standorte neuer Windmühlen sehr sorgfältig auszuwählen, um den Bestand von Fledermäusen und Vögeln nicht weiter zu gefährden.

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MDR (mwa)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 13. Januar 2025 | 16:30 Uhr

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