Erwachsenenbildung Bildungsurlaub in Sachsen: Kritik von Unternehmen wegen finanzieller Belastung
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30. Juni 2024, 05:00 Uhr
Mehr als 50.000 Unterschriften hat ein Bündnis gesammelt, damit Bildungsurlaub auch in Sachsen eingeführt wird. Denn nur wenige Erwachsene nehmen im Laufe ihres Lebens an Weiterbildungen teil. Die Unternehmen im Freistaat sind davon nicht begeistert.
- Ein bezahlter Bildungsurlaub würde einige Unternehmen in Sachsen belasten.
- Wenige Erwachsene nehmen an Weiterbildungen teil.
- Ein Bündnis hat etwa 50.000 Unterschriften gesammelt, um Bildungsurlaub auch in Sachsen zu ermöglichen.
Fabian Magerl macht keinen Hehl aus seiner Meinung. Mit Bildungsurlaub, mit der Freistellung von Beschäftigten für selbst ausgewählte Weiterbildungen, kann der Hauptgeschäftsführer der IHK Leipzig nichts anfangen. Denn, so Magerl, die Unternehmen setzten sich jetzt schon für Bildung ein. "Wir wissen, dass ein großer Teil der Unternehmen sehr viel Zeit und Geld in die Weiterbildung und Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden investiert. Insofern ist es im Kern Perlen vor die Säue", sagt er.
Von Zwangsfreistellung spricht Magerl daher. Und zwar von einer, die die Unternehmen auch finanziell stark belasten würde: "Dann muss das auch von der Gesellschaft bezahlt werden, dann muss da auch über Steuergelder was dafür getan werden." Es könne nicht sein, dass jedes Thema dem Unternehmen aufgelastet werde. "Das funktioniert so nicht", sagt Magerl.
Bündnis fordert Bildungsurlaub auch für Sachsen
Geht es nach einem Bündnis aus Gewerkschaft, Grünen, SPD und Linken, soll Bildungsurlaub bald auch in Sachsen eingeführt werden. Bildungsurlaub sind bis zu fünf Tage pro Jahr, die sich Arbeitnehmer freistellen lassen können, für Weiterbildungen wie Fremdsprachen-, Rhetorik- oder IT-Kurse. Die Gebühren übernimmt der Arbeitnehmer, das Unternehmen zahlt den Lohn weiter.
Im Prinzip sei das eine gute Sache, sagt Sabine Schmidt-Lauff von der Bundeswehr-Universität in Hamburg. Sie widerspricht der IHK Leipzig und sagt: Für die Erwachsenenbildung werde eben nicht genug getan. "Wir wissen auch, dass immer noch nur jeder Zweite im Erwachsenenalter zwischen 18 und 64 an Weiterbildungen teilnimmt. Solange das so ist, bleibt noch einiges für die Erwachsenenbildung zu tun", sagt Schmidt-Lauff.
Nicht immer muss der Bildungsurlaub etwas mit dem Job des Arbeitnehmers zu tun haben. So kann ein Kfz-Mechaniker auch an einem Yogakurs teilnehmen. Doch selbst dann könne Bildungsurlaub sinnvoll sein, sagt Schmidt-Lauff – auch für Arbeitgeber. Es gehe darum, eigene Interessen und Motivationen zu unterstützen: "Wenn der Arbeitgeber die Lerninteressen seiner Beschäftigten ernst nimmt, hat das wiederum ganz andere Wirkungen für eine Unternehmenslernkultur, die vielleicht so direkt nicht sichtbar wären", sagt Schmidt-Lauff.
50.000 Unterschriften gesammelt
In Sachsen sperrt sich die CDU gegen Bildungsurlaub. Auch die CDU verweist darauf, dass sich nicht alle Unternehmen das Weiterzahlen des Lohns leisten könnten. Doch DGB-Landesvize Daniela Kolbe macht Druck: "Wir haben deutlich über 50.000 Unterschriften gesammelt, die im Bestätigungsprozess sind, sodass wir sehr sicher sind, dass wir sie Anfang bis Mitte August dem Landtagspräsidenten übergeben können und dann muss der Landtag sich damit beschäftigen."
Nur in den Bundesländern Sachsen und Bayern gibt es keinen Bildungsurlaub. Doch in den anderen 14 Bundesländern ist das Konzept Bildungsurlaub offenbar kaum bekannt. Nur zwei Prozent der Arbeitnehmerinnen und -nehmer haben dort bislang das Angebot wahrgenommen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 30. Juni 2024 | 06:07 Uhr