Tagebau Nochten Die letzten Einwohner von Mühlrose nehmen Abschied
Hauptinhalt
15. Januar 2025, 06:00 Uhr
Mühlrose soll den Kohlebaggern weichen. Der Tagebau Nochten soll so ausgeweitet werden, dass das Dorf verschwinden muss. Die letzten Einwohner nehmen Abschied von ihren Häusern. Nur einer bleibt noch ein paar Wochen.
"Rettet unser schönes Mühlrose! Wir bleiben!", steht auf einem Banner auf einem Backsteinhaus. Er erinnert daran, dass einige Mühlroser nicht glücklich waren mit dem Vorhaben des Energieunternehmes Leag, ihr Dorf für die darunter liegende Kohle wegzubaggern. Doch bleiben wird auch der Bewohner dieses Hauses nicht. Das bestätigt er, mehr will er nicht sagen.
Bei ihm ist eine Mitarbeiterin der Leag - wohl für die Übergabe des Hauses. Auch sie will nicht mit einem Medienvertreter sprechen. "Wenden Sie sich für ein Statement an die Pressestelle", sagt sie. Doch die lässt Nachfragen von MDR SACHSEN zu dem Thema unbeantwortet.
145 Millionen Tonnen Kohle
Dem Internetauftritt der Leag kann man immerhin so viel entnehmen: Ab 2030 soll auf dem Gebiet des Dorfes Kohle gefördert werden. Rund 145 Millionen Tonnen sollen im sogenannten "Teilfeld Mühlrose" noch zu holen sein. Die Umsiedlung der Bewohner ist nahezu abgeschlossen. Sie wurden von der Leag entschädigt, über die Höhe schweigt das Unternehmen.
Am anderen Ende des Dorfes ist schon der Abrissbagger angerückt. Mehrere Container stehen für den Bauschutt bereit. Andere Häuser wurden bereits abgerissen.
Der wohl letzte Bewohner von Mühlrose
Gegenüber dem Haus mit dem Banner wohnt noch jemand. Ein Katze maunzt zur Begrüßung. Über der Tür hängt ein Herrnhuter Stern. Der Bewohner kommt in Arbeitskleidung heraus. Auch er wird den Ort bald verlassen. Wann, wisse er nicht genau. "Ostern wird’s wahrscheinlich werden."
Schon vor zwei Jahren habe er mit seiner Frau außerhalb des Dorfes neu bauen wollen. "Dann ist sie verstorben. Da hat sich das alles erstmal zerschlagen", erklärt er. Er habe dann länger ein anderes Haus für sich und seinen Sohn gesucht und sich schließlich dafür entschieden, in Trebendorf neu zu bauen. "Jetzt bin ich wohl der Letzte hier, der das Licht ausmacht", sagt er und lacht.
Dann wird er ernst. Das Haus zurückzulassen, sei nicht einfach für ihn. Fast 30 Jahre lang hätte er zusammen mit seiner Frau alles erneuert, nachdem sie es geerbt hatte. "Ich bin ja hier aufgewachsen. 54 Jahre lang habe ich hier gelebt. Es war eine gute Dorfgemeinschaft", erzählt er. "Naja, so ist das eben. Was soll man machen?"
Schlüsselübergabe an die Leag
Etwas abseits der anderen Häuser steht ein großes Backsteinhaus. Das Dach wurde bereits abgerissen. Ein Ehepaar fährt vor. Sie wollen noch etwas abholen und den Schlüssel an die Leag übergeben, erklärt der Mann, der seinen Namen nicht in einem Artikel lesen will. Seine Frau und er seien schon im August in ihr neues Haus in Schleife gezogen.
"Wir haben 70 Jahre hier gewohnt", sagt er. "Es ist schon schwer, das Haus ohne Dach zu sehen und zu wissen, dass es weiter abgerissen wird." Die beiden gehen rein. Nach einiger Zeit kommt die Frau wieder heraus, stellt sich auf die gegenüberliegende Straßenseite und betrachtet das Haus, das sie jahrzehntelang bewohnt hat und das nun der Leag gehört.
"Nehmen Sie Abschied?", fragt der Reporter vorsichtig. "Ja", sagt die Frau und betrachtet weiter in Stille das Haus, als wäre es ein verstorbener Freund. Bald wird nur noch ein Häufchen Schutt davon übrig sein.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 14. Januar 2025 | 16:30 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/fb36a645-c7b2-42f0-9202-afac8cf0a7c9 was not found on this server.