
Amphibienschutz Schweißtreibende Arbeit in der Teichlausitz für einige paarungswillige Kröten
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09. März 2025, 16:00 Uhr
Bei den milden Temperaturen kommen im Tierreich Frühlingsgefühle auf. Rotbauchunke, Knoblauchkröte und Moorfrosch machen sich auf den Weg zur Paarung. Zäune sollen helfen, dass die Amphibien heil in den Laichgewässern der Teichlausitz ankommen. Die sind bitter nötig, weil immer weniger Amphibien gezählt werden.
An der Straße zwischen Dauban und Mücka braust ein Auto nach dem anderen an Michael Mittag vorbei. Er steht mit zwei Kollegen am Straßengraben und baut seit 7 Uhr morgens einen grünen Krötenzaun auf. "Man steht immer gebückt, das ist schon ganz schön schwer", sagt der Mitarbeiter der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz.
Der Mann in orangener Warnweste nimmt seinen Hammer und haut alle paar Meter die Metallhalterungen in den Lehmboden. Seine Kollegen spannen dann die grüne Zaunfolie ein und setzen die Sammeleimer in die Erde. Die Männer der Naturschutzstation betreuen gut 20 Kilometer Krötenzäune in der Region. Am Feldrand ein Stück weiter steht der Zaun schon – hier gab‘s maschinelle Unterstützung mit dem Motorpflug von Daniel Müller.
Motorpflug und Erdbohrer als Arbeitserleichterung
"Ich hab mit dem Pflug diese Rille gemacht, die Kollegen haben die Bahnen ausgelegt, die Zaunfolien sind 50 Meter lang und gut schwer", beschreibt Müller. Die anderen hauen die Erdnägel rein. Dort wird der Zaun eingeklemmt, damit er aufrecht stehen bleibt. "Man kommt gut ins Schwitzen. Das ist Sport."
Großer Aufwand für ein paar Kröten, Frösche und Lurche – "aber der muss sein", sagt Annett Hertweck von der Naturschutzstation. Denn die Zahl der Amphibien sei deutschlandweit dramatisch zurückgegangen. Auch an den Krötenzäunen zwischen Rietschen und Malschwitz werden bei den täglichen Kontrollen immer weniger Tiere gezählt.
Innerhalb von acht Jahren ein Rückgang um mehr als 90 Prozent
"Wir haben in allen Abschnitten, die wir betreuen seit vielen Jahren, also seit 2016 einen Rückgang um 68 Prozent und an einzelnen Abschnitten wie in Kaschel zum Beispiel 93 Prozent", stellt die Naturschützerin fest. An dem Abschnitt seien 2016 noch 19.600 Amphibien gezählt worden. Vergangenes Jahr waren es nur noch 1.300. "Wenn wir diese Kontrollen nicht machen würden, würde man das gar nicht merken", ist Hertweck überzeugt.
Ursachen für den Rückgang gibt es viele: Die Trockenheit, die Straßen zwischen den Teichgebieten, die Gülle auf den Feldern. Stickstoff-Dünger sei für die Amphibien gefährlich, weil die durch die Haut atmen, erklärt Annett Hertweck. So nehmen die Tiere den Stickstoff auf und sterben daran. Deshalb hat die Naturschutzstation eine Kooperation mit einer Agrargenossenschaft aus der Region gestartet. Die bringt auf gemeinsam festgelegten Feldern keine Gülle aus. Die Naturschützer wollen in diesen Abschnitten beobachten, ob sich damit die Amphibienbestände erholen.
Jäger sollen Amphibienräubern den Garaus machen
Aber auch Waschbären werden zunehmend zum Problem. Für die Allesfresser seien die Sammeleimer an den Amphibienzäunen ein Festmahl, schildert Annett Hertweck. "Die laufen dann natürlich ihren vollen 'gedeckten Tisch' ab und greifen in die Eimer und lassen es sich schmecken."
Ab diesem Jahr sollen deshalb mit Jägern Waschbärfallen aufgebaut werden. "Wir kontrollieren die Amphibienzäune ja sowieso jeden Tag und können mitteilen, wenn ein Waschbär in der Falle ist. Dann kommt der Jäger und holt ihn sich ab", so Hertweck.
Komplett blau: Moorfrösche zur Paarungszeit
Noch aber sind nicht viele Amphibien unterwegs. Die Nächte müssen noch wärmer werden. Wenn bei den Fröschen dann die Hormone verrückt spielen, zeigt sich das auch in sonderbaren Erscheinungsformen. Der männliche Moorfrosch zum Beispiel – eigentlich unscheinbar braun/grau – färbt sich zur Paarungszeit komplett blau.
"Letztes Jahr hatte ich welche im Eimer, die nur um die Augen blau waren. Da hatte das gerade erst angefangen", erzählt Susann Müller von der Naturschutzstation. "Das ist eine chemische Reaktion, die durch Hormone umgesetzt wird. Sobald die Fortpflanzung abgelaufen ist, werden die Frösche wieder unscheinbar."
Auffälligkeiten zeigen zur Paarungszeit auch die Erdkröten. Ihnen wachsen sogenannte Brunftschwielen. Schwarze Verhärtungen an den Fingern. "Damit klammern sie sich huckepack auf die Weibchen und werden von A nach B getragen", weiß Annett Hertweck. Ein Naturschauspiel - zu beobachten bei der Kontrolle an den Krötenzäunen an den Oberlausitzer Teichen.
MDR (vis/mak)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 07. März 2025 | 16:30 Uhr