Lurch des Jahres Blau in der Paarungszeit: So wird der bedrohte Moorfrosch im Landkreis Wittenberg geschützt
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04. Dezember 2024, 15:36 Uhr
Der Moorfrosch ist "Lurch des Jahres 2025". Die kleinste der drei Braunfrosch-Arten in Deutschland ist auch in Sachsen-Anhalt zu Hause. Der Bestand ist inzwischen aber dramatisch zurückgegangen. Naturschützer im Landkreis Wittenberg versuchen in den Elbauen, den Lebensraum der gefährdeten Art zu erhalten.
Für Axel Schonert ist es der Geburtstags-Frosch: "Immer um meinen Ehrentag herum, Mitte März, werden die Moorfrösche aktiv und fangen an zu balzen. Dann gibt es Rufer-Gemeinschaften von 150 Fröschen und mehr, die im Wasser blubbern – ein echtes Naturschauspiel", erzählt der Kemberger Herpetologe mit leuchtenden Augen.
Das ist Herpetologie
Herpetologen sind Biologen, die sich auf eine bestimmte Klasse spezialisiert haben. Sie erforschen Reptilien und Amphibien.
Quietsch-blau während der Balz
Die Moorfrösche haben eine Besonderheit. "Der Moorfrosch ist so ziemlich das coolste Amphib, was wir weit und breit haben", meint Schonert. Denn: Während der Balz werden die Männchen quietsch-blau. "Es ist keine echte Farbe, vielmehr lagert sich bei den Tieren Lymph-Flüssigkeit in der Haut ein und in der Reflektion des Lichtes wirken die daumengroßen Frösche dann blau", erklärt Schonert.
Es sei ein wundervoller Anblick, den der Amphibien-Experte so aber nur von früheren Geburtstagen kennt. Inzwischen tauchen in den Elbauen im Kreis Wittenberg nur noch äußerst selten Moorfrösche auf. "Der Moorfrosch ist auf eine gewisse Feuchtigkeit in der Landschaft und in der Luft angewiesen. Wenn die nicht da ist, dann sterben sie einfach. Insbesondere nach den letzten sechs Dürrejahren ist der Moorfrosch hier nahezu ausgestorben", sagt der 50-Jährige mit gedrückter Stimme.
Klimawandel macht Moorfrosch zu schaffen
Der Moorfrosch sei der große Verlierer des Klimawandels, so Schonert, und Hilfe nur bedingt möglich. "Flächendeckend können wir den Frosch nicht retten, aber wir tun, was wir können". So würden im Frühjahr vielerorts im Landkreis Wittenberg entlang der Straßen Amphibien-Schutzzäune aufgestellt, damit auch die wenigen verbliebenen Moorfrösche auf ihrer Wanderung zu den Laichplätzen nicht von Autos überrollt werden.
Zudem sind die Naturschützer demnach auch im Kemberger Ortsteil Bleddin aktiv geworden. "Wir haben über Fördermittel ein Gewässer entschlammt. Das hat sich hervorragend entwickelt, tolle Flachwasser-Zonen, tolle Röhricht-Zonen. Da haben wir zuletzt auch wirklich einen Moorfrosch blubbern hören." Laut Schonert besteht dort eine Chance, dass sich wieder ein Bestand aufbaut. "Bei einem Moorfrosch-Weibchen reden wir von bis zu 3.000 Eiern pro Jahr", weiß der Experte. Allerdings müssten dafür auch die Bedingungen rund ums Gewässer stimmen. "Wenn dort nur trockener Acker ist, überlebt der Frosch nicht".
Die Umweltschützer um Axel Schonert hoffen darauf, generell umzudenken: "Kann man ausgetrocknete Gewässer in den Elbauen wiederherstellen? Kann man Gewässer sanieren? Wer organisiert den Bagger? Wer bezahlt den Bagger?" Viel Geld sei nötig. Der Landesarbeitskreis Feld-Herpetologie sei da engagiert. "Aber wir sind eine kleine Gruppe Ehrenamtler. Wir allein können das nicht schaffen, da machen wir uns nichts vor", gibt Schonert ehrlich zu.
Hoffnung auf Aufmerksamkeit durch Titel "Lurch des Jahres"
Dabei gehe es nicht nur um das Amphib allein. "Wenn wir den Moorfrosch schützen, schützen wir eine gesamte Arten-Gesellschaft von Fischen über Wasser-Insekten und ganz, ganz viele Vogelarten." Axel Schonert hofft, dass die Auszeichnung "Lurch des Jahres 2025" bei politischen Entscheidungsträgern für Aufmerksamkeit sorgt. "Vielleicht sagt ein Kommunalpolitiker, der am Jahresende noch Geld übrig hat: Lasst uns hier mal einen Dorfteich wieder instand setzen. Oder auch der Landwirt nebenan, der sagt: Okay, ich lasse um den Teich in Zukunft einen größeren Grünstreifen."
Vielleicht gelingt es, den Lurch des Jahres zu retten. "Dieser einzigartige, quietsch-blaue Moorfrosch hätte es verdient", sagt Axel Schonert. Und das meint er nicht nur, weil es sein Geburtstags-Frosch ist.
MDR (Martin Krause, Kalina Bunk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Dezember 2024 | 07:40 Uhr
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