Das Uhrwerk der Zittauer Klosterkirche
Peter Knüvener zeigt das außergewöhnliche Uhrwerk der Zittauer Klosterkirche Bildrechte: MDR

Raffiniertes Handwerk Meisterhafte Uhren in Zittau ausgestellt

08. März 2025, 10:10 Uhr

Vor 300 Jahren gab es in Zittau eine innovative, moderne Uhrenfabrikation. Dort lebte und wirkte der Ratsuhrenmacher Johann Gottfried Prasse, ein Künstler und Genie seiner Zeit. So heißt nun auch eine Ausstellung in den städtischen Museen Zittau zu dessen 300. Geburtstag: "Johann Gottfried Prasse - seiner Zeit voraus".

Auf der Klosterkirche von Zittau tickt es noch, das historische Uhrwerk – im Jahr 1793 geschaffen von Johann Gottfried Prasse (1725-1799). Die Mechanik: damals hochmodern. "Wir haben eine Art der Hemmung, die Prasse entwickelt hat. Die sorgt dafür, dass die Uhr sehr gleichmäßig und zuverlässig ohne große Störung läuft", erklärt Peter Knüvener, Direktor der Städtischen Museen Zittau.

Mit vier Metern ist das Pendel an der Turmuhr besonders lang. Damit sei die Uhr sehr exakt. Und anders als seinerzeit üblich, ist das Uhrwerk horizontal aufgebaut. So ist es leichter möglich, einzelne Räder auszutauschen, ohne alles auseinander nehmen zu müssen.

Raffinierte Mechaniken machten Zeitanzeiger exakter

Die Turmuhr verrichtet nach wie vor zuverlässig ihren Dienst. 1955 restauriert, ist sie als technisches Denkmal anerkannt und die einzige noch existierende dieser speziellen Bauart in Deutschland. Vor Ort anschauen, können es Besucher nicht, da im engen Treppenhaus des Kirchturmes keine Führungen möglich seien. Doch anhand von Fotos und Konstruktionszeichnungen sind in einer neuen Ausstellung in Zittau Bau- und Funktionsweise des außergewöhnlichen Uhrwerks veranschaulicht.

Anlässlich des 300. Geburtstags des Erbauers zeigt das Kulturhistorische Museum die ganze Bandbreite von Prasses Schaffen. Eine Taschenuhr von 1757 mit meisterhafter Mechanik ist zu sehen genauso wie Werkzeuge und Maschinen des genialen Erfinders.

Taschenuhr von vor 1757 mit eingraviertem Namen des Uhrmachers: Johann Gottfried Prasse
Taschenuhr von vor 1757 mit eingraviertem Namen des Uhrmachers: Johann Gottfried Prasse Bildrechte: Rene Pech, Städtische Museen Zittau

Uhrmacher zur Blütezeit Zittaus

Prasse habe immer wieder versucht neue Mechanismen zu erdenken. "Das konnten vollkommen neuartige, andersartige Uhren sein oder auch Mechanismen, die zum Ziel hatten, die Zeitanzeige genauer und effektiver zu machen", weiß Peter Knüvener.

1760 wird Prasse in Zittau Ratsuhrmacher. Die Stadt ist zu der Zeit ein wichtiger Handelsplatz mitten in Europa. Das Handwerk blühte, darin die Uhrmacherwerkstätten. Johann Gottfried Prasse spezialisierte sich auf komplizierte Mechaniken.

Rätsel um uralte Nachtlichtuhr

Die funktionieren nach einer Ölung noch heute, wie Restaurator Frieder Eifler überrascht feststellt – an einer Uhr mit Weckfunktion. "Beim Reinigen wurde die Uhr aufgemacht und das Pendel ausgehängt und die Uhr hat von alleine wieder angefangen zu laufen."

Eine sogenannte Nachtlichtuhr von 1766 kommt sogar völlig ohne Zeiger aus. "Uns war nicht klar, wie sie funktionierte", sagt Peter Knüvener. Erst durch eine Untersuchung im Mathematisch­Physikalischen Salon der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden konnte das Rätsel gelöst werden.

Nachtlichtuhr von 1766 mit digitaler Anzeige
Nachtlichtuhr von 1766 mit digitaler Anzeige Bildrechte: Johannes Eulitz, Städtische Museen Zittau

Digitalanzeige aus dem 18. Jahrhundert

"Es ist eine digitale Anzeige. Das bedeutet eine Anzeige der Uhrzeit nur durch die Zahlen. Das war damals etwas sehr Ungewöhnliches", schätzt Knüvener ein. Eine ausgetüftelte Mechanik sorgt dafür, dass sich zwei Metallscheiben mit geraden und ungeraden Ziffern wie ein Stundenzeiger bewegen.

Johann Gottfried Prasse – er war ein Tüftler, der mit viel Fantasie und Können raffinierte Mechanismen entwarf und baute, mit denen auch die Spinnerei und Weberei hierzulande weiterentwickelt werden konnte. So habe der Zittauer Uhrmacher Ideen vorweggenommen, die später auch anderswo zum Tragen kamen. "Er war in Kontakt mit der großen weiten Welt – mit Uhrmachern in Frankreich, in England", hat Peter Knüvener herausgefunden. Deren Werke wurden gemeinsam publiziert und verglichen. "Das ist das Interessante, dass Prasse sich damit messen konnte."

Bis zum 17. August ist ein Teil dieser genialen Erfindungen in der Kabinettsausstellung im Kulturhistorischen Museum Franziskanerkloster in Zittau zu sehen.

MDR (dpa,mak)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 07. März 2025 | 19:00 Uhr

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