Görlitz Frust und Ärger um Winter-Schifffahrt am Berzdorfer See

08. November 2023, 09:57 Uhr

Es brodelt zwischen der Stadtverwaltung Görlitz und dem Unternehmer, der das Elektroschiff am Berzdorfer See betreibt. Der Unternehmer fühlt sich ausgebremst, die Verwaltung gegängelt.

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Für das elektrische Fahrgastschiff auf dem Berzdorfer See wurde eine Ausnahmegenehmigung für Winterfahrten erteilt. Das teilte der Görlitzer Landrat Stephan Meyer (CDU) am Mittwoch auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Allerdings dürfe das Schiff nur in den Monaten November, Dezember und März auf einem sehr kleinen Bereich des Sees fahren. Auf dem Berzdorfer See gilt aus Naturschutzgründen derzeit eine Winterruhe für den allgemeinen Bootsbetrieb.

Der Betreiber der EMS Berzdorf, Stefan Menzel, ist von der Ausnahmeerlaubnis enttäuscht: "Die Genehmigung ist zu eng gestrickt." Das Schiff dürfe nur auf einen kleinen Bereich an der Blauen Lagune und der Insel der Sinne. Für ihn ist klar, wer ihm Sand ins Getriebe streut. "Die Stadt Görlitz fährt eine Verhinderungsstrategie", sagte Menzel MDR SACHSEN.

Die Stadt Görlitz fährt eine Verhinderungsstrategie.

Stefan Menzel Betreiber der EMS Berzdorf

Wütende Mail an Oberbürgermeister

Dem 34-Jährigen platzte die Hutschnur und er formulierte am Montag eine geharnischte Mail an den Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU). Darin wirft er den Mitarbeitern der Behörde vor, "jede Handlung von Unternehmern persönlich zu nehmen und dann entsprechend persönlich negativ und destruktiv zu handeln". Als Folge werde er die Gastronomie auf der Landeskrone Ende November schließen, die Bikini-Bar in der Theaterpassage Ende Januar dichtmachen und die EMS Berzdorf nächste Saison auf ein anderes Gewässer umsetzen. Der Berzdorfer See bekomme ein adäquates Dieselschiff.

Was sich in der Mail an die Stadtverwaltung hart liest, relativierte Menzel am Dienstag im Gespräch mit MDR SACHSEN. "Ich mache mir Sorgen wegen der fehlenden Lösungsfindung", sagte er. "Bei mir ist das Maß voll, ich nehme die Bereitschaft zurück, in Vorleistung für schwierige Projekte zu gehen", erklärte der gebürtige Görlitzer.

Die Umsetzung der EMS Berzdorf sei auch keine Drohung, sondern die wirtschaftliche Konsequenz anhand der gegebenen Tatsachen. 900.000 Euro habe der Unternehmer in die Umrüstung auf Elektroantrieb gesteckt, die EMS sei für den Winterbetrieb vorgesehen. Der Bärwalder oder Senftenberger See wären da zum Beispiel eine tolle Alternative, die nun geprüft würden.

Vom Naturschutz verordnete Winterruhe

Trotz vom Naturschutz verordneter Winterruhe für den See soll die EMS Berzdorf - als nachhaltiges und emissionsfreies Schiff - nach Menzels Plänen im November, Dezember und März auslaufen. Entsprechende Glühweinfahrten für das Elektroschiff, das erst am 19. August seine Jungfernfahrt gemacht hatte, hat er im Veranstaltungskalender eingeplant. Damit sein unternehmerisches Konzept aufgeht, müsse er auch im Winter wenigstens die Hälfte des Berzdorfer Sees befahren dürfen.

Menzel fühlt sich von der Behörde ausgebremst. Der OB sei während der 300 Fahrten - trotz Einladung - nie mit dem Elektroschiff mitgefahren, bedauerte er. Die Reaktivierung der Gastronomie auf der Landeskrone sei ein Kraftakt gewesen, aber die Behörde habe in der ganzen Zeit das Problem der Befahrung zum Grundstück nicht geklärt. Menzel sprach von "Wirtschaftsfeindlichkeit", die nicht nur ihm entgegengeschlagen sei. Er wünschte sich konstruktive Gespräche.

Görlitz will Schiffbarkeit für alle

Die Stadt Görlitz äußerte sich auf Anfrage von MDR SACHSEN zum Streit nicht, schickte aber - mit der Anmerkung, dass es darüber hinaus nichts weiter zu übermitteln gebe - den Schriftverkehr zwischen Ursu und Menzel weiter. In einem Antwortschreiben auf Menzels Beschwerden weist Ursu im Namen der Stadt Görlitz zurück, dass man eine erfolgreiche wirtschaftliche und touristische Entwicklung verhindere oder dies verhindern möchte. Er habe sich persönlich sehr für die Schiffbarkeit des Berzdorfer Sees eingesetzt, betonte darin der Oberbürgermeister.

Einzelne Ausnahmen von den verfügten temporären Einschränkungen sollten möglich sein.

Octavian Ursu Oberbürgermeister von Görlitz

Octavian Ursu, 2021
Der Görlitzer OB Octavian Ursu weist den Vorwurf zurück, dass die Stadtverwaltung wirtschaftliche Entwicklungen behindere. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

In einer Stellungnahme ans Landratsamt für die Ausnahmegenehmigung für Menzel, habe die Stadtverwaltung jedoch auf die Gleichbehandlung hingewiesen. Demnach müsste, wenn die Winterruhe für die Vögel nicht mehr so relevant sein sollte, die Schiffbarkeit für alle am See gelten, erklärte der OB in dem Schreiben. Ebenfalls habe man dem Landkreis Görlitz signalisiert, dass "einzelne Ausnahmen von den verfügten temporären Einschränkungen möglich sein" sollten.

Ein elektrisch betriebenes Motorschiff ist ein unheimlicher Schatz, wenn man einen See nachhaltig entwickeln will.

Mike Altmann Görlitzer Stadtrat

Dass das Fahrgastschiff-Angebot von Menzel ein Gewinn für die Nutzung und Vermarktung des Berzdorfer Sees ist, stellte der Görlitzer Oberbürgermeister nicht in Frage. Das findet auch der Görlitzer Stadtrat Mike Altmann vom Bündnis Motor Görlitz: "Aus meiner Sicht ist ein elektrisch betriebenes Motorschiff ein unheimlicher Schatz, wenn man einen See nachhaltig entwickeln will", sagte er im Gespräch mit MDR SACHSEN. Der Stadtrat hofft, dass es jemandem gelingt, die Beteiligten an einen Tisch zu holen, um sich grundlegend auszusprechen und die Wogen zu glätten.

Der Görlitzer Landrat Meyer betonte am Mittwoch, dass zwingend seitens der Anrainerkommunen eine strategische Abstimmung zur Nutzung des Berzdorfer Sees erfolgen müsse. "Die Initiative sollte dabei aber von der Stadt Görlitz ausgehen", so Meyer.

MDR (ama)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 08. November 2023 | 11:30 Uhr

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