
Work Life Balance Bäckerei für Spätaufsteher in Görlitz: Warum diese Biobäcker lieber etwas länger schlafen
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29. März 2025, 10:00 Uhr
Zur Kaffeezeit am Nachmittag haben Bäcker längst Feierabend. Sie müssen bereits nachts wieder raus, um die Brötchen für die nächsten Tag in den Ofen zu schieben. Aber was machen Bäcker, die ihren Beruf lieben und früh aufstehen doof finden? Zwei junge Biobäcker in Görlitz kamen auf die Idee, ihren Laden erst um 10 Uhr aufzumachen. MDR-Reporter Jens Czerwinka hat mit den beiden gesprochen und hat sich das Geschäft in der Görlitzer Altstadt angeschaut.
Es ist kurz nach 10 Uhr. Seit wenigen Minuten hat das Bäckergeschäft von Valentin Hänel und Joachim Marschall in der Weberstrasse geöffnet. Die ersten Kunden stehen vorm Verkaufstresen und werden freundlich bedient. Wahrscheinlich hat der leckere Duft so viele Leute angelockt, meint auch Geschäftsführer Valentin Hänel: "Das haben uns schon einige Leute erzählt. Man kommt um die Ecke und es kommt einem so ein Duft entgegen."
Wecker klingelt erst um 6 Uhr
Üblicherweise stehen Bäcker bereits um zwei oder drei Uhr in der Nacht in der Backstube. Die Stunden bis zur Bäckereiöffnung werden zum Teig herstellen, Brot und Brötchen formen sowie zum Backen im Ofen benötigt. Nicht mit uns, dachten sich die beiden Biobäcker in Görlitz. Sie haben ihre Öffnungszeiten einfach um mehrere Stunden nach hinten verschoben.
Wann hat denn bei Valentin Hänel der Wecker geklingelt? "Ich bin entspannt halb 8 aufgestanden". Joachim Marschall habe wegen der Frühschicht etwas früher raus gemusst: "Um 6 Uhr bin ich aufgestanden und um 6:30 Uhr war ich in der Backstube."
Mehr Zeit auch am Wochenende für Freunde haben
Warum die beiden Bäcker die üblichen Arbeitszeiten nach hinten verschoben haben, erklärt Joachim Marschall. "Ein klassischer Bäcker hat so viele Einschränkungen im sozialen Bereich. Uns war das von Anfang an klar, dass wir das nicht wollen." Den beiden sei wichtig gewesen: "Wir wollten nicht am ganzen Wochenende arbeiten, wenn unsere Freunde frei haben." Deshalb hat die Bäckerei auch von Samstag bis Dienstag geschlossen.
Ein klassischer Bäcker hat so viele Einschränkungen im sozialen Bereich. Uns war das von Anfang an klar, dass wir das nicht wollen.
Nachtarbeit in Ausbildung in Kauf genommen
Das mit dem Frühaufstehen weiß man doch, bevor man mit der Lehre als Bäcker beginnt, oder? "Auf jeden Fall", sagt Valentin Hänel und fügt hinzu: "Es ist ein cooler Beruf. In der Ausbildung hatte ich das in Kauf genommen. Ich habe dann immer ein bisschen vor der und nach der Arbeit geschlafen." Über die Jahre sei das aber doch sehr anstrengend gewesen. "Dann war klar, so richtig ist es das nicht mit der Nachtarbeit."
Spätere Öffnungszeiten für Kunden kein Problem
Den Beruf deshalb an den Nagel hängen, wollte Hänel aber auch nicht. Und den Kunden scheint es egal zu sein, das der Laden erst am späten Vormittag öffnet. "Ich arbeite im Spätdienst diese Woche, da passt das perfekt" sagt eine Kundin. Ein anderer erklärt: "Das ist eben etwas für Spätaufsteher oder Spätfrühstücker."
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 20. März 2025 | 16:30 Uhr