Interview WhatsApp-Betrug: Geschädigte sind oft Zufallsopfer
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25. Januar 2023, 13:00 Uhr
Trickbetrug kommt in Wellen: Wenn die Täter in einer Region aktiv sind, häufen sich dort die Fälle, bis die Betrüger weiterziehen. Eine Masche, mit der sie ihre Opfer am Telefon überrumpeln, ist der sogenannte WhatsApp-Betrug. In den Medien wird immer wieder davor gewarnt und auch in den Polizeiberichten aus Sachsen ist davon regelmäßig zu lesen. Was hat es damit auf sich? Gibt es einen konkreten Fall? Lothar Schirmer, Kriminalrat a.D., beantwortet im Gespräch mit MDR SACHSEN wichtige Fragen.
Wie läuft die Betrugsmasche ab? Gibt es einen konkreten Fall?
Lothar Schirmer: Vor einigen Tagen hat ein Mann aus Spohla, einem Ortsteil von Wittichenau, eine WhatsApp bekommen, die vermeintlich von seinem Sohn stammte. Allerdings war da eine ihm unbekannte Telefonnummer im Display zu sehen. Im Text war zu lesen, dass der Sohn ein neues Handy habe, damit jedoch noch kein Online-Banking nutzen kann. Daraufhin folgte die Bitte, für ihn eine Überweisung von knapp 9.000 Euro zu übernehmen. Dies tat der Mann, bemerkte aber erst zu spät, dass er auf einen Betrüger hereingefallen ist.
Trickbetrügereien kommen in Wellen Trickbetrügereien wie die WhatsApp-Masche treten für gewöhnlich in Wellen auf, erklärt Uwe Hofmann von der Polizei Dresden. So hätten die Zahl der Betrugsversuche, die der Polizeidirektion Dresden gemeldet wurden, in dieser Woche stark abgenommen, in der vergangenen Woche habe dies jedoch noch ganz anders ausgesehen. Außerdem konzentrierten sich die Betrügereien auch örtlich, insbesondere dann, wenn die Betrüger bei den Opfern vorbeikommen, um ihnen Bargeld oder Wertgegenstände abzunehmen: "Und nach einer gewissen Zeit ziehen die dann weiter und dann gibt es plötzlich in anderen Regionen mehr Betrugsfälle", sagt Hofmann. Uwe Hofmann, Polizei Dresden
Lassen Sie sich bitte nie durch WhatsApp-Meldungen dazu verleiten, Geld zu überweisen und schon gar nicht per Echtzeitüberweisung.
Besteht eine Chance, das Geld zurückzubekommen? Schließlich ist ja die Kontoverbindung des Betrügers bekannt.
In diesen Fällen ist offensichtlich durch eine arglistige Täuschung Geld an einen Betrüger überwiesen worden. Da wäre es nur gerecht, wenn dieses Geld wieder zurückgeholt wird. In der Praxis hapert es aber an europaweit gültigen Verfahrensweisen, an die sich Banken und Sparkassen halten müssen.
Wird ein Geldbetrag per Online-Banking im Standardverfahren überwiesen, dann ist da noch ein Hoffnungsschimmer, wenn man den Betrug rechtzeitig bemerkt. Ein Beispiel: Löst man werktags um 11 Uhr eine Überweisung per Online-Banking aus, bemerkt aber gegen 13 Uhr, dass da offensichtlich ein Betrug dahintersteckt, kann man sich sofort mit seiner Bank in Verbindung setzen und verlangen, dass die Überweisung gestoppt wird.
Wird ein Geldbetrag per Online-Banking im Standardverfahren überwiesen, dann ist da noch ein Hoffnungsschimmer, wenn man den Betrug rechtzeitig bemerkt.
Können Sie das noch mal genauer erklären?
Die Chancen sind recht groß, da die meisten Banken häufig alle eingehenden Überweisungsaufträge zusammen am Nachmittag erledigen. Wurde also der Buchungsvorgang von der Hausbank noch nicht ausgeführt und es ist bei der Empfängerbank noch keine Wertstellung erfolgt, dann ist das Geld nicht verloren.
Es gab Fälle, da hat sich die überweisende Bank mit der Empfängerbank in Verbindung gesetzt und auf den Betrug hingewiesen. Wurde zu diesem Zeitpunkt von der Empfängerbank der Betrag dem Konto des Betrügers noch nicht gutgeschrieben, hat die Empfängerbank immer noch die Möglichkeit, die Transaktion zu stoppen.
Wann ist das Geld ganz verloren? Was können Sie zu Echtzeitüberweisungen sagen?
Die Betrüger haben zwischenzeitlich schon mitbekommen, dass ihnen mit einer "normalen Überweisung" ihr Gewinn verloren geht, deshalb bestehen sie, unter der Legende der Sohn oder die Tochter des Opfers zu sein, auf eine zeitnahe Übersendung des Geldes per "Echtzeitüberweisung". Diese Möglichkeit bieten die meisten Banken für das Online-Banking an.
Das kostet oft eine kleine Gebühr, bedeutet aber im Klartext, dass rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche das Geld innerhalb von Sekunden auf dem Konto des Empfängers ist. Die Chance, dieses Geld wiederzubekommen, ist gleich Null.
Sie werden es nicht glauben, aber während Sie mit dem Betrüger per WhatsApp kommunizieren, beobachtet der schon ganz genau seinen Kontostand und wickelt die Überweisung ab oder lässt im Hintergrund abwickeln. So wie das Geld angekommen ist, wird es sofort auf ein anderes Konto verschoben.
Wie kann man sich schützen? Welchen Tipp haben Sie?
Den ganzen Ärger können Sie sich ersparen, indem Sie Ihren Sohn, Ihre Tochter oder anderen Angehörigen, auf der alten, Ihnen bekannten Telefonnummer, anrufen. Lassen Sie sich bitte nie durch WhatsApp-Meldungen dazu verleiten, Geld zu überweisen und schon gar nicht per Echtzeitüberweisung.
Nummern werden zufällig generiert Oft kontaktieren die Betrüger ihre Opfer zuerst per SMS und bitten sie dann, auf WhatsApp umzusteigen. Die Nummer lassen die Betrüger von einem Computer generieren und schreiben die Leute dann auf gut Glück an. Uwe Hofmann, Polizei Dresden
Aus dem Polizeibericht: Jüngere WhatsApp-Betrugsfälle in Sachsen
Am 11. Januar 2023 sind gleich zwei Frauen aus Sachsen der WhatsApp-Masche aufgesessen: Eine 67-Jährige aus Zwickau überwies den Betrügern 2.800 Euro, eine 75-Jährige aus Markneukirchen 3.700 Euro. Bei beiden Frauen hatten sich die Betrüger als deren Töchter ausgegeben. Sie behaupteten, sie hätten ein neues Telefon, auf dem das Online-Banking noch nicht funktioniere und baten um Hilfe beim Begleichen dringender Rechnungen. Ähnliche Betrugsversuche habe es am gleichen Tag auch in Plauen, Steinberg, Zwickau und Lichtenstein gegeben, teilte die Polizei Zwickau mit.
Bereits am 7. Januar hatten Betrüger 5.500 Euro von einer Frau in Dresden-Striesen erbeutet. Sie gaben sich in einer WhatsApp-Nachricht als der Sohn der 52-Jährigen aus, der eine neue Handynummer hätte und Geld benötige.
Ein besonders großer Schaden ist im Oktober 2022 entstanden. Damals hatten Betrüger eine 68-Jährige aus Ringenhain um insgesamt 25.000 Euro gebracht. Auch in dem Fall meldeten sich die Täter per WhatsApp bei der Seniorin und gaben sich als ihre Tochter aus. Sie behaupteten, sie hätte ihr Smartphone verloren und jetzt eine neue Telefonnummer und baten um Hilfe beim Begleichen offener Rechnungen.
MDR (Henriette Schmidt/ino/win)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Tag | 25. Januar 2023 | 10:00 Uhr
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