Ein Spielmannzug in Uniform.
Der Spielmannszug beim Musikfest 2022 in Radeberg. Neben klassischer Marschmusik beherrschen die Radeberger auch moderne Arrangements. Bildrechte: Spielmannszug Radeberg

Weltgrößtes Volksfest "Eine große Ehre": Spielmannszug aus Radeberg spielt beim Oktoberfest

16. September 2023, 09:12 Uhr

Über 9.000 Teilnehmer hat der traditionelle Trachten- und Schützenzug des Münchner Oktoberfestes. Die meisten der Anwesenden kommen dabei aus Bayern selbst. Als einziger Verein aus Ostdeutschland wird abermals der Radeberger Spielmannszug mitmarschieren. Bei der erfolgreichen Bewerbung war nicht nur das musikalische Talent entscheidend, sondern insbesondere die Kleiderordnung. Die Radeberger wollen das Rampenlicht nutzen, um auch Werbung für die gesamte Szene zu machen.

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Noch hakt es beim "Yorckschen Marsch" ein klein wenig. Die Marschmusik aus der Feder von Ludwig van Beethoven gehört zu den Klassikern bei traditionellen Trachtenumzügen und wird auch beim Münchner Oktoberfest am 17. September zu hören sein. Die größte Herausforderung besteht darin, dass der Marsch am Sonntag in einer Endlosschleife gespielt wird und sich jeder Musiker und jede Musikerin sehr konzentrieren muss, um sich nicht zu verhaspeln.

Der Radeberger Spielmannszug lässt sich an diesem Tag bei einer seiner letzten Proben aber nicht aus der Ruhe bringen. Genügend Erfahrung haben die Vereinsmitglieder schließlich. Bereits vier Mal waren sie schon beim weltgrößten Volksfest dabei. Nach 2018 werden sie erneut als einziger Verein aus Ostdeutschland die regionale Spielmannszene repräsentieren.   

Spielmannszug mit klassischen und modernen Arrangements

"Das Oktoberfest ist ein Welt-Event und dementsprechend sind die Straßen voll", sagt der Abteilungsleiter des Radeberger Spielmannszugs, Jens Burkon. "Man hat die Ehrentribünen, wo sich die Prominenz und die Politiker alles anschauen. Durch das strenge Auswahlverfahren ist es für uns als Sachsen eine große Ehre, dass wir teilnehmen dürfen."

Als mehrmaliger Landesmeister sind die Radeberger deutschlandweit bekannt. Sie spielen bei Konzerten und anderen Veranstaltungen auch mal modernere Arrangements wie ein Medley aus Disney-Songs oder den 80er-Jahre-Klassiker "Final Countdown".

Beim Trachtenumzug in Richtung der Münchner Theresienwiese wird es aber klassisch zugehen – mit Querflöte, Marschtrommeln, Becken und Lyra. Ihr musikalisches Talent war aber nur ein Grund, warum sie für das Oktoberfest ausgewählt wurden.

Der andere betrifft ihre Kleidung: eine Tracht, die der Uniform des Infanterieregiments des sächsischen Monarchen Prinz Friedrich August von 1810 nachempfunden ist. Die Uniformen sind seit vielen Jahren das Erkennungsmerkmal der Musiker.

Traditionelle Uniformen überzeugte Oktoberfest-Veranstalter

Wie Burkon erklärt, haben sie 1991 nach der Wende angefangen, sich neu auszurichten und dabei auch auf die Vereine der alten Bundesländer geschaut, wie sie es machen. Dabei herausgekommen seien unter anderem die maßgeschneiderten Baumwollgewänder, die nun schon zum fünften Mal die Organisatoren des Trachtenumzugs in München überzeugten.

"Inoffiziell fühlen wir uns schon ein bisschen als Botschafter, weil wir die Uniformen in den sächsischen Landesfarben grün-weiß tragen. Und auch auf unserer Standarte werden wir ganz groß ankündigen, dass wir aus Sachsen kommen", sagt Burkon.   

Fünf Personen stehen in einem Vereinskeller.
Im Vereinsraum stellen einige Abteilungsleiter den Spielmannszug vor. Von Links nach Rechts: Emilo Deutsch (Wart für Instrumente und Sachen), Jeanine- Lysette Eisner (Leiterin Erwachsenenspielmannszug), Tom Thiele (Öffentlichkeitsarbeit), Nora Kunath (Social Media), Jens Burkon (Abteilungsleiter) Bildrechte: MDR / Martin Dietrich

Werbung für die Szene

Die Aufmerksamkeit können die Spielmänner und Frauen gut gebrauchen. Mit mehr als 130 Mitgliedern und einer aktiven Nachwuchsszene geht es den Radebergern als Verein noch vergleichsweise gut. Die Corona-Pandemie habe zwar für eine Delle im Trainingsplan gesorgt. Im Vergleich zu anderen Vereinen habe man die Zeit aber gut überbrückt.

Inoffiziell fühlen wir uns schon ein bisschen als Botschafter, weil wir die Uniformen in den sächsischen Landesfarben grün-weiß tragen.

Jens Burkon Abteilungsleiter des Radeberger Spielmannszugs

Das berichtet auch Anna, die seit 20 Jahren als Flötenspielerin Teil des Spielmannzuges ist. "Es gibt nicht mehr so viele Spielmannszüge, auch im Westen nicht. Hier im Osten sind es vereinzelt doch mehr wie in Lommatzsch, Zabeltitz oder uns", sagt sie. "Dieses Spielmannszugswesen soll in meiner Welt nicht aussterben und dafür ist das Oktoberfest natürlich eine gute Werbung."

Ein lebenslanges Hobby

Ihre besten Freunde habe sie beim Spielmannszug kennengelernt. Viele fangen in der zweiten oder dritten Klasse an, hier zu spielen. Es sei ein lebenslanges Hobby. Ein Quereinstieg wäre kaum möglich, weil es regelmäßiges Training brauche, um mit mehreren Dutzend Musikern eine Einheit zu bilden.

Dieses Spielmannszugswesen soll in meiner Welt nicht aussterben und dafür ist das Oktoberfest natürlich eine gute Werbung.

Anna Flötenspielerin beim Radeberger Spielmannszug

Auch die Reisen sind besonders. Der Radeberger Spielmannszug spielte schon in Berlin, Würzburg, Bremen, den USA und Russland. "Ich fahre ein Wochenende nach München, um dann mit allen in einem Raum zu schlafen, die mich vollschnarchen. Das kann nicht jeder nachvollziehen", erzählt Anna grinsend.    

Drei Stunden Freizeit

Der Trachtenumzug beim Oktoberfest wird aber das Highlight der Saison werden, da sind sich alle einig. Zwar gibt es keine Gage für den zweistündigen Auftritt, doch allein die generierten Fernsehbilder und der Besuch der Radeberger Partnerstadt Garchingen einen Tag zuvor würde jeden Stress rechtfertigen. 

Nach dem Trachtenumzug am Sonntag werden die Musiker auch kurz Zeit haben, die weiteren Vorzüge des Oktoberfestes zu genießen. Im Festzelt wird es dann eine ausgiebige Mahlzeit geben – ein Maß Bier inklusive. Nach drei Stunden heißt es dann aber mit dem Mannschaftsbus wieder ab in die Heimat. Die nächsten Konzerte und Veranstaltungen warten schließlich schon.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport | 12. September 2023 | 16:30 Uhr

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