Papier liegt auf einem Tisch
Die Publikation "Vernetzt und etabliert: Unternehmerisches Engagement für die extreme Rechte in Ostsachsen" hat zu einem Rechtsstreit zwischen Hentschke Bau und einem Recherchekollektiv geführt. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Urteil am Oberlandesgericht Dresden Recherchekollektiv darf Text über Hentschke Bau teils wieder veröffentlichen

22. Oktober 2024, 16:38 Uhr

Ein Bauunternehmen in der Oberlausitz hat ein Recherchekollektiv wegen dessen Aussagen, dass in der Firma rechtsradikale Äußerungen getätigt und geduldet würden, verklagt. Das Landgericht Dresden hatte in erster Instanz zugunsten der Firma entschieden. Dagegen hat das Recherchekollektiv Berufung eingelegt. Am Dienstag wurde am Oberlandesgericht Dresden das Urteil verkündet.

Im Rechtsstreit zwischen einem Recherchekollektiv und der Bautzner Firma Hentschke Bau mit ihrem Geschäftsführer Jörg Drews ist das Urteil gefallen. Laut dem Oberlandesgericht Dresden darf die Aussage einer anonymen Quelle über rechtsradikale Gespräche im Pausenraum der Firma nicht weiter veröffentlicht werden. Dafür habe das Recherchekollektiv - so die Richter - keine ausreichenden Beweise vorgetragen.

Künftig darf aber publiziert werden, dass die Baufirma durch eine AfD-Parteispende von 19.500 Euro und die Teilfinanzierung von medialen Auftritten extrem rechter Akteure rechte Strukturen in Ostsachsen befördert habe. "Die Schlussfolgerung daraus, der Kläger falle durch extrem rechtes Engagement auf - diese Äußerung ist im Sinne der Meinungsfreiheit zulässig", sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter Markus Schlüter.

Publikation über rechtes Unternehmertum in Ostsachsen

Zum Hintergrund: Sowohl das Recherchekollektiv 15 Grad Research als auch das Else-Frenkel-Brunswik-Institut (Efbi) der Uni Leipzig hatten im Frühjahr 2023 Texte über rechte Strukturen in ostsächsischen Unternehmen veröffentlicht. In diesen ging es unter anderem um die Firma Hentschke Bau und deren Geschäftsführer.

Diese gingen juristisch gegen die Veröffentlichung vor. Stein des Anstoßes für die Firma war vor allem das Zitat eines ehemaligen Hentschke-Mitarbeiters über rechtsradikale, menschenverachtende Aussagen im Pausenraum. Hentschke weist das als behaupteten Vorfall zurück und klagte gegen "15 Grad Research". Das linke Recherchekollektiv, vertreten von der Vereinigung der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in Sachsen, verlor den Rechtsstreit am Landgericht Dresden Anfang April in erster Instanz. Mit der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung von 66.000 Euro bei der Gerichtskasse hatte zudem Hentschke Bau die vorübergehende Löschung von Rechercheergebnissen erwirkt. Der VVN-BdA legte Berufung ein.

Beide Parteien sehen sich bestätigt

Mit dem Richterspruch am heutigen Dienstag zeigten sich beide Seiten zunächst zufrieden: "Wir bewerten das Urteil grundsätzlich positiv", sagte Silvio Lang vom VVN-BdA. Das Zentrale sei, dass man Herrn Drews als Unterstützer rechter Netzwerke bezeichnen darf. Auf den Pausenraumvorfall könne man gut verzichten, das sei nur ein ergänzender Sachverhalt gewesen, so Lang. 15 Grad Research will nun den entsprechend gekürzten Absatz über das Bauunternehmen wieder in seine Veröffentlichung hineinnehmen.

Auch Hentschke Bau sieht sich als Sieger der Auseinandersetzung: Das Gericht habe entschieden, dass die Lüge, in einem Pausenraum der Hentschke Bau GmbH sei es zu rechtsradikalen Äußerungen gekommen, verboten bleibt. Damit habe es "den für uns wichtigsten Punkt" im Urteil des Landgerichts Dresden bestätigt, sagte Hentschke Bau-Sprecher Falk Al-Omary. Man erwäge nun eine Schadensersatzklage gegen den VVN-BdA. Auch wolle man die Klage gegen die Uni Leipzig weiterführen. Im Policy Paper der Uni Leipzig sind bisher alle Passagen lesbar.

Ex-Mitarbeiter äußert sich zum Rechtsstreit

MDR SACHSEN hatte mit dem früheren Mitarbeiter gesprochen und sich die Situation schildern lassen. "Es ist eine Lachnummer", sagte er mit Blick auf das ganze juristische Nachspiel. Ohne Klage wäre der Beitrag von 15 Grad Research nach zwei Wochen vergessen gewesen. "Aber jetzt, mit der Medienpräsenz, schaden die sich doch nur selbst", findet der Mann*. "Jeder, der gegenüber Hentschke skeptisch war, fühlt sich bestätigt."

Eine Revision zum Urteil wird vom Oberlandesgericht nicht zugelassen. Beide Seiten, sowohl Hentschke Bau als auch der VVN-BdA, tragen die Kosten des Verfahrens.

* Der Name des ehemaligen Hentschke-Mitarbeiters ist der Redaktion bekannt.

MDR (ama)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 22. Oktober 2024 | 17:30 Uhr

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