Poetry Slam 78-Jähriger gewinnt Dichterwettbewerb in Kamenz

16. November 2022, 15:29 Uhr

Allein mit Applaus den Sieg entscheiden: Das geht wohl nur beim Poetry Slam - also einem Wettbewerb schlauer Köpfe, die alle mit viel Wortgewandtheit das Publikum berühren wollen. In der Oberlausitzer Lessingstadt wetteiferten sie um die "Goldene Kamenzer" - ein Preis benannt nach der regionalen Wurstspezialität. Das Slam-Format ist jung, der Sieger von Kamenz punktete beim Publikum mit Lebenserfahrung.

Beim 3. Kamenzer Poetry Slam ging es wortwörtlich um die Wurst: Michael Christoph aus Senftenberg, Klaus Urban aus Hannover und Monika Mertens aus Hamburg präsentierten in der neuen Stadtbibliothek selbst geschriebene Texte, um damit die "Goldene Kamenzer" zu ergattern - eine Trophäe in Form einer Wurst.

Vor Beginn der Veranstaltung hatte sich vor der Bibliothek eine Schlange gebildet. Zahlreiche Menschen versuchten noch an Tickets zu kommen - aber keine Chance: Der Poetry Slam war ausverkauft. Schon die ersten beiden Veranstaltungen dieser Art waren so beliebt, dass auch bei der dritten Ausgabe mit großem Andrang zu rechnen war.

Poeten erzählen von Liebschaften, Märchen und einem Pflegefall

"Es braucht mehr Veranstaltungen dieser Art in unserer Stadt. Für junge Menschen gibt es wenig Angebote. Poetry Slam macht vielen Menschen Spaß", sagte ein Besucher. "Es ist einfach ein schöner, unterhaltsamer und kurzlebiger Abend."

Das Publikum war bunt gemischt. Hier saß jung neben alt. Auch die Kontrahenten auf der Bühne gehörten unterschiedlichen Generationen an: Der 78-jährige Klaus Urban sprach, reimte, rappte und berührte das Publikum mit einer Geschichte über seine Ehefrau. Monika Mertens erzählte lässig von flüchtigen Liebschaften im Fernverkehr und Michael Christoph erklärte, warum es klassische Märchenfiguren bei Kindern heutzutage schwer haben.

Nach drei Runden Lachen und Jubeln musste das Publikum entscheiden, wer sich am besten geschlagen hatte. Scheinbar eine schwierige Entscheidung: Alle Teilnehmenden bekamen beinahe gleich viel Zuspruch und Applaus für ihre Texte.

Am Ende musste sich Moderatorin Kaddi Cutz mit den Veranstalterinnen beraten, um herauszufinden, bei wem das Publikum am meisten Beifall geklatscht hatte.

Mischung aus Humor und Melancholie gewinnt

Knapp vorn lag am Ende Klaus Urban. Der Wissenschaftler hatte nicht nur besonders viel Wortwitz, sondern auch eine Portion Nachdenklichkeit in seine Texte eingebaut. Als Urban über die Hilfe für seine hilfsbedürftige Ehefrau sprach, war das Publikum sichtlich berührt. Urbans Text thematisierte, wie er nachts für seine Liebste aufstehen musste. Er erzählte, wie er sich in der ernsten Lebensphase, in der seine Frau steckte, für sie aufopferte - das alles offenbrte die jahrelange Liebe des Paares füreinander und mit der Erzählung packte Urban das Publikum.

"Ich freue mich riesig über diese goldene Kamenzer Wurst und dass ich als alter, weißer Mann nach langer Corona-Pause wieder einen Poetry Slam gewonnen habe", sagte Urban nach seinem Sieg.

Es war eine besondere Veranstaltung: Mit tollen Kollegen, einem wunderbaren Publikum und einer Vielfalt an Texten und Themen. Das ist das, was mich immer wieder an Poetry Slams fasziniert.

Klaus Urban Sieger des 3. Kamenzer Poetry Slams

Der nächste Poetry Slam ist schon in Planung: Voraussichtlich im März 2023 gibt es wieder eine goldene Wurst in Kamenz zu gewinnen.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 15. November 2022 | 16:30 Uhr

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