Trockener Boden mit Rissen in einem Bachbett
Weniger Niederschläge sorgen für ausgetrocknete Böden. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO/Panama Pictures

Anhaltende Trockenheit Niedrige Grundwasserstände in Sachsen: "Uns fehlt ein Jahr Niederschlag"

25. Juli 2023, 05:00 Uhr

Die heißen Sommer der letzten Jahre haben auch Auswirkungen auf das Grundwasser. Brunnenbauer berichten, dass sie inzwischen tiefer bohren müssen als noch vor einigen Jahren. An mehr als 80 Prozent der Grundwassermessstellen in Sachsen wird der monatstypische Messstand unterschritten. Wird bald das Wasser knapp in Sachsen?

Wenn Brunnenbauer Heinz Schubert* aus der Nähe von Dresden ein Loch für einen Brunnen bohrt, muss er tief bohren, um auf Wasser zu stoßen - je nach Region zwischen zehn und 35 Meter, berichtet er.

Und seit einiger Zeit werden die Bohrungen in manchen Gegenden noch ein wenig tiefer. "Wo wir früher elf Meter gebohrt haben, müssen wir heute manchmal auf 12, 13, 14, 15 Meter runtergehen, um auf Wasser zu stoßen", erzählt der Brunnenbauer. Auf die Frage, ob häufig Kunden zu ihm kommen, die einen neuen Brunnen brauchen, weil ihr alter versiegt ist, antwortet er kurz und knapp mit "Ja".

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Tiefe Grundwasserstände an vielen Messstellen

Das Problem dürften einige Brunnenbesitzer in Sachsen kennen. Und wenn die Trockenheit der letzten Jahre anhält, könnte es größer werden. Am 17. Juli dieses Jahres unterschritten 82 Prozent der ausgewerteten Messstellen den monatstypischen Grundwasserstand um durchschnittlich 29 Zentimeter, wie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie auf Nachfrage von MDR SACHSEN mitteilt.

Der Hydrogeologe Dr. Andreas Musolff vom Helmholtz-Zentrum für Umweltfoschung in Leipzig beschreibt die derzeitige Lage so: "Uns fehlt für Leipzig mehr als ein Jahr Niederschlag". Ähnlich sei die Situation in ganz Sachsen.

Gründe für niedriges Grundwasser

Feuchte und trockene Phasen habe es zwar schon immer gegeben, betont Andreas Musolff. "Durch den Klimawandel werden diese Phasen aber stärker ausgeprägt und länger". Die derzeitige Trockenphase halte schon außergewöhnlich lange an.

Seit 2014 gab es laut dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie nur eine Abfolge von Trocken- und Normaljahren ohne ein einziges Nassjahr. Jahre mit besonders viel Niederschlag seien aber notwendig dafür, dass die Grundwasserstände "nachhaltig" wieder ansteigen.

Außerdem habe es seit 2014 "ein bisher noch nie beobachtetes Temperaturniveau" gegeben. Durch die damit verbundenen hohen Verdunstungsraten seien deshalb seit 2014 die Grundwasserstände im Sommerhalbjahr stark zurückgegangen.

"Auswirkung des Klimawandels"

Die normalen Niederschlagsmengen der letzten Winterhalbjahre würden deshalb nicht zur nachhaltigen Erholung der Grundwasserstände führen. "Das war bis 2013 so noch nicht zu beobachten und ist eine Auswirkung des sich veränderten Klimas in Sachsen", heißt es vom Landesamt.

Extrem tiefe Grundwasserstände wurden dieses Jahr aber noch nicht erreicht, weil es im Frühjahr relativ viel geregnet hat. Dafür sei "ein kumulativer Effekt über mehrere Jahre erforderlich, wie er letztmalig 2018 bis 2020 in extremer Art aufgetreten war".

Beim Landratsamt Bautzen meldeten sich damals Bürgerinnen und Bürger, deren Brunnen versiegt waren, berichtet eine Sprecherin. Dieses Jahr sei dies noch nicht der Fall gewesen. 

Geht uns in Sachsen das Grundwasser aus?

Andreas Musolff vom Helmholtz-Zentrum für Umweltfoschung glaubt nicht, dass uns auf lange Sicht das Grundwasser ausgeht. Denn auf die verlängerten Trockenphasen würden auch verlängerte Feuchtphasen folgen, in denen sich das Grundwasser wieder auffüllt.

"Aber regional gesehen kommen Wasserversorgungen teilweise an ihre Grenzen, weil sie nicht auf so lange Trockenphasen ausgelegt sind" - etwa weil Brunnen nicht tief genug gebohrt oder keine ausreichenden Wasservorräte angelegt worden seien. Man müsse deshalb die Wasserversorgung "zukunftssicher" machen, indem man sie auf lange Trockenphasen ausrichtet.

Beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie klingt die Prognose pessimistischer: Dort verweist man auf eine aktuelle Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass in Europa generell die Häufigkeit und Dauer von Hitze-Dürre-Ereignissen zunehmen wird. Damit sei in Sachsen eine "weitere Diskrepanz zwischen Wasserbedarf und Wasserverfügbarkeit zu erwarten". Sprich: Wenn es, wie anzunehmen, noch häufiger heiß und trocken wird, haben wir weniger Grundwasser zur Verfügung als wir verbrauchen.

Mit der aktuellen Entwicklung deute sich an, dass es "nicht immer und überall" genug Niederschlag geben werde, um den Rückgang des Grundwassers auszugleichen. Zukünftig könnten noch deutlich extremere Klimabedingungen auch mit gravierenden Abnahmen des Wasserangebots verbunden sein, so das Landesamt.

Brunnenboom in Sachsen Wohl auch als Reaktion auf die Trockenheit der letzten Jahre gibt es in Sachsen einen kleinen Brunnenboom. Beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sind rund 6.000 private Brunnen registriert.

Vor allem in den letzten Jahren wurden dort viele private Bohrungen gemeldet. Wurden 2014 noch 77 private Brunnenbohrungen registriert, waren es in dem sehr trockenen Jahr 2020 schon 990. 2021 gab es wieder eine etwas feuchtere Witterung. Damals wurden mit 630 wieder etwas weniger Brunnenbohrungen gemeldet.

Wer in Sachsen einen Brunnen bohrt, muss dies melden. Wer ohne Erlaubnis bohrt, muss mit hohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro rechnen.

*Der Name wurde auf Wunsch des Brunnenbauers geändert. Name der Redaktion bekannt.

MDR (jwi)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 18. Juli 2023 | 11:30 Uhr

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