Wärmeversorgung Zukunftsprojekt: Grünes Heizen für drei Städte in der Lausitz
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14. März 2024, 05:49 Uhr
Durch den Kohleausstieg muss Deutschland bis 2038 alternative und sichere Stromquellen finden. Doch es gibt noch eine andere Herausforderung: Kohlekraftwerke liefern nicht nur Strom, sondern auch Wärme. In der Lausitz hängen noch Zehntausende Haushalte an den Fernwärmenetzen der Braunkohlemeiler. Deren Abwärme macht ganze Stadtviertel gemütlich. Wie sollen diese Viertel künftig beheizt werden? Wer wärmt die Lausitz nach dem Kohleausstieg? MDR SACHSEN-Reporter Ralf Geißler ist dem nachgegangen.
- Die Stadtwerke in Hoyerswerda haben zeitliche Vorstellungen, bis wann sie auf eine kohlefreie Wäremversorgung umstellen.
- Die Fraunhofer-Studie für eine zukünftige Wärmeversorgung richtet sich an drei Städte in der Lausitz.
- Für eine Wärmeversorgung ohne Kohle muss in der Region kräftig investiert werden.
Das Kohlekraftwerk Schwarze Pumpe wärmt in Hoyerswerda 20.000 Menschen. Wolf-Thomas Hendrich will dafür sorgen, dass sie auch in Zukunft nicht frieren. Der Geschäftsführer der Stadtwerke sitzt vor einer Studie. Darin steht, woher die Fernwärme in Hoyerswerda künftig kommen könnte: Über eine See-Wärmepumpe am benachbarten Scheibesee, über Sonnenkollektoren mit Erdspeicherbecken, aus der Abwärme einer Müllverbrennung oder aus einem Kraftwerk für grüne Gase.
Heizen ohne Kohle als Mammutaufgabe
"Das ist natürlich eine Mammutaufgabe", sagt Hendrich. Die Fernwärmeversorgung mit 80 Kilometern Fernwärmenetz in der Stadt sei in sechzig Jahren gewachsen. "Wir haben jetzt die sportliche Aufgabe, in sechs, sieben, acht Jahren die Transformation hinzubekommen", fasst Stadtwerkechef Hendrich zusammen. Demnach werde es darauf hinauslaufen, grüne Erzeugungsanlagen quasi stufenweise zuzuschalten.
Das ist natürlich eine Mammutaufgabe. Wir haben jetzt die sportliche Aufgabe, in sechs, sieben, acht Jahren die Transformation hinzubekommen.
Hundert Prozent grüne Wärme machbar
Grundsätzlich ist es machbar, in Hoyerswerda bis zum Kohleausstieg auf 100 Prozent grüne Wärme zu kommen. Zu dieser Einschätzung kommt Institutsleiter Mario Ragwitz von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie. Er hat die Wärmestudie für die Lausitz geschrieben, mit konkreten Vorschlägen auch für Spremberg und Weißwasser. Alle drei Städte hängen noch an Kohle-Fernwärmeleitungen. Alle drei könnten zu einem vernünftigen Preis alternativ versorgt werden, so Ragwitz.
90 Hektar für Pumpen, Speicher, Kollektoren
"Wir sehen, dass wir Erzeugungskosten zwischen neun und zwölf Cent je Kilowattstunde realisieren können, wenn wir ein geeignetes Portfolio aus Erneuerbare-Energien-Anlagen nehmen", machte Ragwitz die Rechnung auf. Das enthalte schon den Ausbau der Wärmenetze. "Aber es enthält noch nicht die möglichen Förderungen über Bundesprogramme, so dass wir es schaffen, mit diesen Investitionen wettbewerbsfähig Wärme für diese Städte bereitzustellen."
Vorher muss aber investiert werden: In riesige Wärmepumpen, Sonnenkollektoren oder Erdspeicher. Auf fast 90 Hektar schätzt Ragwitz den Flächenbedarf dafür und auf fast 180 Millionen Euro die Kosten. Die Kommunen müssten demnach entscheiden, ob sie das allein stemmen können oder ihren bisherigen Wärmeversorger, das Kohleunternehmen Leag, mit ins Boot holen.
Die Geschäftsführerin von den Stadtwerken Weißwasser Katrin Bartsch hat diesbezüglich eine klare Tendenz: "Was die Leag betrifft, sind wir mit ihr schon länger im Gespräch, um das Projekt idealerweise gemeinschaftlich zu bearbeiten. Es wäre unsere Idee, das mit Spremberg und Hoyerswerda zusammen anzugehen, weil wir dort eine Ressourcenbündelung erfahren", so Bartsch. Denn diese Projekte, die in den Kommunen vorliegen, seien immens.
Deswegen setze ich darauf, dass wir bei bestimmten Entscheidungen beschleunigen müssen. Auch mit politischer Unterstützung, damit die Versorgung gesichert ist.
Die Stadtwerke Weißwasser überlegen außerdem, das Fernwärmenetz zu erweitern. Denn je mehr Haushalte dranhängen, desto günstiger wird es für alle. Allerdings läuft die Zeit davon. Das Kohlekraftwerk, das Weißwasser versorgt, soll schon 2030 vom Netz gehen. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", betont Bartsch. Man habe ein dringendes Erfordernis. "Deswegen setze ich darauf, dass wir bei bestimmten Entscheidungen beschleunigen müssen. Auch mit politischer Unterstützung, damit die Versorgung gesichert ist." Das gelte für alle drei Kommunen ohne Wenn und Aber.
Stadtrat in Hoyerswerda pro Wärmestudie
In Hoyerswerda hat der Stadtrat bereits bestätigt, dass die Fraunhofer-Studie in die Wärmeplanung einfließen kann. In den anderen Kommunen steht die Entscheidung noch aus. Trotzdem haben alle drei Städte vielen anderen etwas voraus. Die Studie zeigt sehr konkret auf, wie man Fernwärme in diesen Städten künftig klimaneutral liefern kann.
MDR (wim)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 13. März 2024 | 06:48 Uhr