Autobahnausbau Abgesagter A4-Ausbau? Machtwort des Kanzlers gefordert

11. Januar 2023, 17:25 Uhr

Nach der Absage des A4-Ausbaus zwischen Dresden und Görlitz durch den Bund ist der Ärger in der Oberlausitz groß. Kommunalpolitiker sind entsetzt und fordern nun ein Machtwort des Kanzlers und eine Kurskorrektur. Auch Sachsens Verkehrsminister Dulig hat für die Entscheidung des Bundes kein Verständnis. Bisher hat der Bund noch keine Zahlen genannt, um die Absage zu begründen.

Die Autobahn 4 soll zwischen Dresden und Görlitz nun doch nicht sechsspurig ausgebaut werden. Diese Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums stößt in Sachsen und vor allem in der Oberlausitz auf Unverständnis. "Ich bin verärgert und entsetzt. So kann man mit uns nicht umgehen", sagt dazu Marko Schiemann. Der Bautzener CDU-Politiker setzt sich schon lange für den A4-Ausbau ein. Er fordert jetzt eine Klarstellung und ein Machtwort des Bundeskanzlers Olaf Scholz. Erst im September habe ihm der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, zugesichert, dass der Ausbau komme, sagt Marko Schiemann. Doch nach Auswertung der Voruntersuchungen ist nun offenbar alles anders.

Ich erwarte, dass der Bundeskanzler persönlich hier ein Machtwort spricht, damit eine Klarstellung stattfindet. Strukturwandel, Infrastrukturausbau und Ersatzarbeitsplätze in der Lausitz können nur so geschaffen werden.

Marko Schiemann CDU-Landtagsabgeordneter aus Bautzen

Bund liefert keine aktuelle Zahlen

Die Autobahn GmbH des Bundes teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN mit, dass das prognostizierte Verkehrsaufkommen nicht reiche, um einen Ausbau östlich von Dresden wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aktuelle Zahlen nannte die Behörde aber nicht. Aber aus vergangenen Verkehrszählungen ist klar, dass zwischen Dresden und Bautzen pro Tag mehr als 40.000 Fahrzeuge über die A4 rollen. Jedes dritte Fahrzeug ist ein Lkw. Seit 2012 hat sich der Schwerlastverkehr nahezu verdoppelt. Für Marko Schiemann ist klar: "Dieses kleine Stück von hundert Kilometern ist das Nadelöhr, um die Existenz von Unternehmen in Westeuropa, aber besonders im westlichen Teil Deutschlands zu sichern."

Verkehrsministerium fordert Transparenz

Deshalb kann auch Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) die Absage des Bundes nicht nachvollziehen. "Wir sind ein Transitland. Gerade der Verkehr nach Polen verstopft unsere Autobahn." Aber auch das sächsische Verkehrsministerium kennt die aktuellen Daten nicht, die der Entscheidung zugrunde liegen. Der Bund müsse nun klarmachen, warum die Zahlen jetzt nicht ausreichen sollen, verlangt Dulig.

Der Bund muss jetzt klarmachen, warum die Zahlen nicht ausreichen sollen. Uns ist das überhaupt nicht transparent. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass es eine politische Entscheidung des FDP-geführten Verkehrsministeriums ist.

Martin Dulig Sächsischer Verkehrsminister

Standstreifennutzung ist problematisch

In Laufe des Januars erhofft sich das sächsische Verkehrsministerium nun mehr Klarheit. Der Bund wolle den Freistaat entsprechend informieren, sagte Verkehrsminister Dulig. Aus fachlicher Sicht habe sich für Sachsen bisher nichts geändert: "Wir brauchen den Ausbau der A4 östlich von Dresden." Die Nutzung des Standstreifens als dritte Spur sei im übrigen keine Alternative. Sie sei rechtlich nur möglich, wenn man den Ausbau plane und die baulichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Bei Brücken, von denen es auf der Strecke einige gebe, sei dies schon wieder problematisch.

Landrat: Glaubwürdigkeit der Politik leidet

Der Landrat des Landkreises Bautzen, Udo Witschas (CDU), hat von der Absage des Projektes erst aus den Medien erfahren: "Die Nachricht hat uns wirklich wie ein Schlag getroffen." Für die Region sei die A4 eine Lebensader und eine wichtige europäische Hauptverkehrsstrecke. Mit Blick auf den Strukturwandel ist für Witschas die Entscheidung ebenfalls nur schwer nachvollziehbar. Man habe sich auf die Absichtserklärung des Bundes von 2019 verlassen, die A4 auszubauen.

Die Nachricht hat uns wirklich wie ein Schlag getroffen.

Udo Witschas Landrat Landkreis Bautzen (CDU)

Jetzt ein solch wichtiges Standbein abzusagen, da schlage man hier vor Ort auch erst einmal die Hände über den Kopf zusammen. Und nicht zuletzt leide die Glaubwürdigkeit der Politik unter solchen Kehrtwendungen. Jetzt wartet der Landkreis wie auch die anderen Behörden dringend auf eine genaue Begründung des Bundes, warum die A4 nicht ausgebaut werden soll.

Ausbaupläne komplett vom Tisch

Doch ist das Projekt A4-Ausbau noch zu retten? Der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, Tim Alexandrin, machte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin wenig Hoffnung. Voraussetzung für den Ausbau ist die Aufnahme in den Bedarfsplan des Gesetzes zum Ausbau der Bundesfernstraßen. Das hatte Sachsen nachträglich beantragt und dies mit dem "unvorhergesehenen Verkehrsbedarf" begründet. Nun hat der Bund bei der Prüfung diesen Bedarf östlich von Dresden aber nicht feststellen können und damit den Ausbau abgesagt.

Eine Alternative wären Mittel aus dem Strukturstärkungsgesetz gewesen. Doch die hatte der Freistaat nicht für das A4-Projekt beantragt, sondern ganz auf den Bundesverkehrswegeplan gesetzt. Wie es nun weitergeht, ist offen.

MDR (vis)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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