Heizungstausch Handwerkspräsident: Wärmepumpen ohne Gebäudesanierung bringen nichts
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03. April 2023, 11:26 Uhr
Die Koalition in Berlin hat sich auf neue Vorgaben für Heizungen in Deutschland ab 2024 geeinigt. Im Vorfeld war in der Diskussion jede Menge Druck auf dem Kessel. Viele Bürgerinnen und Bürger fürchteten, dass sie ihre bestehenden Öl- und Gasheizungen zugunsten einer Wärmepumpe ersetzen müssen. Der Präsident der Handwerkskammer Dresden, Jörg Dittrich, warnt vor einem verengten Blick auf die Wärmepumpe als Allheilmittel. Am Montag ist Dittrich zu Gast bei "Fakt ist!" im MDR FERNSEHEN.
- Der Präsident der Dresdner Handwerkskammer, Jörg Dittrich, kritisiert die Vorgaben der Bundesregierung für den Einbau neuer Heizungen ab 2024.
- Bei der Umsetzung von Heizungsbau und Gebäudesanierung befürchtet er einen Personalmangel im Handwerk.
- Dittrich warnt davor, dass sich nur reiche Menschen die Energiewende leisten können.
Herr Dittrich, ein Montageverbot für Gas- und Ölheizungen ab 2024 wird es nun doch nicht geben. Dennoch macht der Kompromiss der Regierungskoalition einen schwammigen Eindruck. Wie bewerten Sie ihn aus Sicht der Handwerkerschaft?
Der Handwerker wünscht sich immer Realismus bei der Zielsetzung. Allerdings ist auch jetzt noch nicht ganz klar, wer eine Wärmepumpe einbauen muss und wer nicht. Das wird sich erst im Gesetz und den Durchführungsbestimmungen zeigen. Grundsätzlich kann man auch bei der Energiewende seine Ziele nur erreichen, wenn man sich damit beschäftigt, was technisch und gesellschaftlich geht und was nicht.
Was meinen Sie damit konkret?
Dieses einfache Zählen von Wärmepumpen ist Unsinn. Wenn beispielsweise ein unsaniertes Gebäude mit einer Wärmepumpe betrieben wird, dann können sie dort auch gleich einen Tauchsieder reinhängen. Eine Wärmepumpe aufzustellen, bringt in einem solchen Fall nichts.
Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer monothematischen Verengung der Diskussion…
Ja, ich weiß nicht, warum es uns passiert ist, aber irgendwie sprechen wir nur noch über die 500.000 Wärmepumpen, die in Deutschland pro Jahr eingebaut werden sollen. Das eigentliche Ziel ist doch, dass wir CO2-neutral werden wollen. Wenn ich die Anzahl der Wärmepumpen zum Kriterium mache, muss ich genauso die Zahl der energetischen Gebäudesanierungen mit aufnehmen, denn nur so machen die Wärmepumpen Sinn.
Gibt es denn genügend Handwerker für dieses Vorhaben?
Die Wärmepumpen an sich können wir einbauen. Wie gerade erwähnt, reicht das aber nicht. Wenn ich auch noch kurzfristig die Gebäude sanieren muss, dann sind zehntausende neue Leute nötig.
Wo sollen die herkommen?
Zum einen müssen wir mehr Menschen für das Handwerk gewinnen, auch in den Gymnasien. Zum anderen existieren noch ungenutzte Potenziale. Laut Mikrozensus gibt es jedes Jahr hunderttausende junge Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, von denen wir gar nicht wissen, wo sie gerade sind. Eine bestimmte Anzahl verlässt zwar Jahr für Jahr die Schule, aber es kommt nicht die gleiche Zahl in Ausbildung oder Studium an.
Wenn ich nicht nur eine Wärmepumpe einbauen muss, sondern auch noch mein Haus sanieren soll, wird das ganz schön teuer. Wer soll das alles bezahlen?
Am Ende muss sich das Ganze auch rechnen. Das sollte die Regierung in ihren Konzepten mit berücksichtigen. Daher sollte es für Menschen, die es sich nicht leisten können, eine Unterstützung geben. Besser wäre es natürlich, wenn wir Technologien entwickeln, die das Vorhaben wirtschaftlich machen. Das ist momentan schwierig. Wenn Strom teurer als Gas ist, rechnet sich eine Investition von mehreren hunderttausend Euro vielleicht nach 150 Jahren.
Es muss leistbar sein für die Menschen, sonst werden wir die Unterstützung der Gesellschaft bei der Energiewende verlieren. Mieter, die sich Mieten nicht leisten können, und Hauseigentümer, die Immobilien verkaufen müssen, haben wenig Verständnis für diese Politik.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! | 03. April 2023 | 22:10 Uhr