Mariel Poppe im Salzwedeler Stipendiatenhaus "Steinreiche" Altmark ist ideale Inspiration für Berliner Objekt-Künstlerin
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22. Januar 2024, 10:37 Uhr
Die Berliner Objektkünstlerin Mariel Poppe ist für drei Monate ins Stipendiatenhaus im altmärkischen Salzwedel eingezogen. Die Region im Norden Sachsen-Anhalts ist ideal für ihre Zwecke - mit Stein als Lieblingsmaterial findet sie durch die große Zahl an Steinkirchen in der Gegend neue Inspiration, von der sie noch lange zehren kann. Werke, die in dieser Zeit entstanden sind, werden später im Danneil-Museum in der Stadt ausgestellt.
- Die Entdeckungslust der Künstlerin Mariel Poppe trieb während des Studiums bereits nach Dijon, London und Berlin.
- Ihr Lieblingsmaterial ist seit Jahren Stein, besonders gern stellt sie daraus Türme aller Art her.
- Aufgrund der vielen Kirchen aus Stein in der Altmark ist Poppe die Idealbesetzung für das dreimonatige Stipendiat, ihr Ziel ist eine Art backsteinerne Skyline von Salzwedel.
- Der Förderverein des Stipendiatenhauses öffnet ihr in dieser Zeit wichtige Türen und stellt Öffentlichkeit durch das "Künstlercafé" her.
Als im Herbst 1989 die Mauer fiel, war Mariel Poppe als Austauschstudentin im französischen Dijon. Sofort stand für sie fest: Zurück an ihre Uni in Mainz oder ins heimische Ingelheim – das kommt nicht in Frage. Sie will in den Osten, nach Berlin.
Von Mainz über Dijon nach London und Berlin
Diese Neugier, diese Entdeckungslust, diese Offenheit zieht sich durch ihr gesamtes künstlerisches Leben. In Mainz studierte Poppe zwei Jahre lang Kunsterziehung und Germanistik. An der École des Beaux Arts in Dijon war Malerei ihr Schwerpunkt, an der Royal Academy of Arts in London die Fotografie. An der Hochschule der Künste in Berlin studierte Poppe Bildhauerei, Objektkunst, Installation und Fotografie.
Die Hauptstadt – dieser Schmelztiegel aus Ost und West, Kreativität und Chaos – hat sie nicht wieder losgelassen. Sie arbeitet und lebt noch immer in Berlin.
Besondere Kunstwerke aus Stein
Seit wenigen Jahren ist Stein ihr Lieblingsmaterial. Einen regelrechten Narren gefressen hat sie an Ziegelsteinen und Backsteinen. Die seien die ersten steinernen Materialien, die nur um des Bauens willen hergestellt wurden, sagt Poppe. Es gebe so viele Varianten, so viele Formen und aus so viele Zeiten – und deshalb unbegrenzte Möglichkeiten, aus Backsteinen Kunstobjekte zu bauen.
Poppes Objekte aus Ziegelsteinen muten teilweise wie Korallen und Seesterne, andere wie mathematische Rätsel an. Alle aber haben eine Seele, scheinen lebendig zu sein. Vor allem an Türme hat die Künstlerin ihr Herz verloren. Sie liebt es, den Kopf in den Nacken zu legen und bis nach oben zu schauen. Sie liebt das leichte Schaudern, wenn sie von einem hohen Turm hinab zur Erde schaut. Und sie liebt es, eigene Türme zu bauen. Türme von Mariel Poppe sind auch die Lieblingsobjekte ihrer Kunden.
Drei Monate im Stipendiatenhaus Salzwedel
Mit diesen Vorlieben für Ziegelsteine und Türme ist Mariel Poppe quasi die ideale Besetzung für das Stipendiatenhaus im altmärkischen Salzwedel. Die Altmark sei ja "stein-reich", sagt grinsend Vera Wibbecke, die Vorsitzende des Fördervereins des Hauses. Mehr als 250 Feldsteinkirchen stehen im Norden Sachsen-Anhalts, alte Straßen mit den historischen Katzenkopf-Steinen stehen teilweise unter Denkmalschutz. Außerdem führt die Straße der Romanik zu beeindruckenden Backstein-Kirchen, zum Beispiel in Salzwedel, Tangermünde und Seehausen - und in die selbst ernannte Stadt der Backsteingotik: Stendal.
Auch Projekte, für die in neu gebrannte Ziegel die Namen ihrer Sponsoren geprägt wurden – wie in der Nikolaikirche Gardelegen – sind verlockend. Sie wisse gar nicht, schmunzelt die Künstlerin im Gespräch mit MDR KULTUR, wohin sie zuerst schauen soll. Auch die alten Klöster, zum Beispiel in Dambeck und Arendsee, reizen sie sehr. Ziel ihrer dreimonatigen Gast-Arbeit könnte eine Art backsteinerne Skyline von Salzwedel sein, so Mariel Poppe. Vor allem aber hofft sie in dieser Gegend auf noch mehr Inspiration, von der sie dann noch lange zehren könne.
Der Förderverein des Stipendiatenhauses als Unterstützung
Sie braucht sich auch nicht allein zu den backsteinernen Highlights der Altmark durchzufragen. Poppe hat, wie bislang alle Stipendiaten, den Förderverein des Stipendiatenhauses hinter sich. Dessen Mitglieder nehmen die jeweiligen Gäste unter ihre Fittiche, gehen auf ihre Wünsche ein, zeigen ihnen spannende Orte, stellen ihnen interessante Menschen der Region vor. Der Verein sorgt zudem für Öffentlichkeit, unter anderem durch das "Künstlercafé", in dem die jeweiligen Stipendiaten sich und ihre Kunst interessierten Gästen präsentieren.
Das Danneil-Museum zeigt in jährlichen Ausstellungen besondere Stipendiaten-Kunstobjekte. Den Verein gibt es seit 1998, ein Jahr zuvor war das Stipendiatenhaus in Salzwedel eingerichtet worden. Das wunderschöne Fachwerkhaus in der Altstadt gehört dem Landkreis und stellt es kostenfrei zur Verfügung. Der Aufenthalt der Stipendiaten wird vom Land Sachsen-Anhalt bezahlt. Weitere Stipendiatenorte im Norden Sachsen-Anhalts sind der Kunsthof Dahrenstedt in der Nähe von Stendal und – im vergangenen Jahr erstmals – die Künstlerstadt Kalbe.
Für Stipendiatenaufenthalte in Salzwedel haben sich für 2024 allein 26 Künstler beworben. Auf Mariel Poppe folgen im Juli der Literat Peter Berg, im Oktober die Komponistin Lin Yang und der bildende Künstler Florian Glaubitz.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 22. Januar 2024 | 08:10 Uhr