Sanierung von Campingplatz Streit am Arendsee: Gekündigte Dauercamper wehren sich mit Online-Petition

19. Oktober 2023, 11:33 Uhr

Die gleichzeitige Kündigung von 25 Nutzungsverträgen auf dem Campingplatz Arendsee sorgt in dem Luftkurort für Unruhe. Die Betroffenen werfen der Luftkurort Arendsee GmbH vor, die Kündigungen willkürlich und grundlos ausgesprochen zu haben. Die Tourismus-Gesellschaft sieht sich aber im Recht.

  • Die Kündigung von 25 Dauerncampern auf dem Platz am Arendsee sorgt dort für Unruhe. Andere Gäste sorgen sich jetzt auch um ihre Verträge.
  • Arendsees Bürgermeister Norman Klebe und die Geschäftsführerin der Luftkurort Arendsee GmbH, Claudia Schulz, sagen, die Kündigungen seien begründet und berechtigt.
  • Die von der Kündigung betroffenen Dauercamper haben eine Online-Petition gestartet.

Das Ehepaar Heyer aus Salzwedel ist beunruhigt. Die beiden Rentner, seit 60 Jahren Dauercamper in Arendsee, haben die Diskussionen um die jetzt 25 gekündigten Nutzungsverträge mitbekommen und sind sich nicht sicher: Bekommen sie auch bald solch ein Schreiben von der Luftkurort Arendsee GmbH? Dabei wollten sie ihren Lebensabend auf dem Campingplatz verbringen.

"Es ist ja auch nach meinem Wissen keine Versammlung oder irgendwas gewesen für die Dauercamper. Wir haben uns da immer bedeckt gehalten. Wir wollen unsere Ruhe haben im Prinzip und wir sind alt. Das regt einen ganz schön auf, müssen wir sagen. Wir haben schon so manche Nacht nicht geschlafen", so das Ehepaar.

Blick von einem hölzernen Bootsstreg auf ein Strandbad
Nach der Kündigung von 25 Nutzungsverträgen sorgen sich weitere Dauercamper um ihren Platz. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Jan-Malte Wagener

Bürgermeister und Geschäftsführerin wollen beruhigen

Dabei versuchen Arendsees Bürgermeister Norman Klebe und die Geschäftsführerin der Tourismus-Gesellschaft, Claudia Schulz, zu beruhigen. Es gehe nicht darum, treue Dauercamper loszuwerden, die sich an die Platzordnung gehalten und die Pacht pünktlich gezahlt haben, so Schulz. Das Ehepaar Heyer müsste sich also keine Sorgen machen.

Jede der 25 Kündigungen, sagt Bürgermeister Klebe, habe ihre Vorgeschichte. Betroffen seien vor allem Nutzer des Campingplatzes, die ihre Pacht nicht gezahlt hätten, die ihre Grundstücke und Bungalows oder Wohnwagen hätten verkommen lassen oder die sich mehrfach auf dem Platz daneben benommen hätten.

Der Geduldsfaden ist gerissen

"Da hat es sich die GmbH auch nicht einfach gemacht oder die Geschäftsführung, sondern sie sind dezidiert die Sachen durchgegangen. Wenn dann Argumente kommen – wie permanente Verstöße gegen die Platzordnung, trotz mehrfacher Ermahnung über das ganze Camper-Jahr – da ist dann irgendwann der Geduldsfaden am Ende. Wenn dort keine Besserung eintritt, dann ist die Geschäftsführung auch verpflichtet zu handeln", sagt Norman Klebe.

Rein juristisch sei die Luftkurort Arendsee GmbH im Recht, die Nutzungsverträge der Dauercamper jährlich zu kündigen, betont der Bürgermeister, der von Beruf Rechtsanwalt ist. Die Geschäftsführerin der Tourismus-Gesellschaft, Claudia Schulz, habe den Auftrag, den Campingplatz in die schwarzen Zahlen zu führen. Das habe sie in diesem Jahr zum ersten Mal geschafft: "Weil sie säumigen Pächtern nachgestiegen ist, weil sie für Ordnung auf dem Campingplatz gesorgt hat, weil sie Wild-Bauten – und die gibt es en gros – den Kampf ansagte", so Klebe. Die jährlich kündbaren Nutzungsverträge aber, die seien nicht ihre Idee gewesen, sagte Schulz MDR SACHSEN-ANHALT.

Frühere Versäumnisse werden ausgebadet

"Diesen Nutzungsvertrag, den hab ich mir nicht ausgedacht. Den gibt es schon 20 Jahre, wahrscheinlich. Er ist aber leider in den letzten Jahren nie umgesetzt worden. Da ist im Grunde alles drin geregelt. Bis hin dann auch zu diesen Passagen, dass es eine jährliche Nutzungs-Vereinbarung ist, die also dann auch entsprechend gekündigt werden kann", erklärt Claudia Schulz. Dennoch wolle sie nach den Kündigungen mit Betroffenen das Gespräch suchen, so Schulz.

Schulz bade, gibt auch Bürgermeister Klebe zu, die Versäumnisse ihres Vorgängers aus. Nach der Wende wurden zwar neue Nutzungsverträge verfasst, aber niemand kontrollierte deren Einhaltung. Doch nur dann, sagt Claudia Schulz, ist eine vernünftige Bewirtschaftung des Campingplatzes möglich.

Blick auf einen Campingplatz in einem Nadelwald - auf einem Gebäude steht "Anmeldung"
Durch die Kündigungen soll auf dem Platz Raum für Sanierungen entstehen. Vieles auf dem Campingplatz ist noch auf dem Stand der 1990er Jahre. Bildrechte: MDR/Jan-Malte Wagener

Der Weg zum modernen Tourismus-Ort

Ein dritter Grund für die 25 Kündigungen sei, dass auf dem Platz der Investitionsstau gemindert werden müsse. Im Moment ist vieles noch auf dem Level der 1990er-Jahre. Doch die Ansprüche sind gestiegen, Arendsee will ein moderner Tourismus-Ort werden.

Erste Schritte sind bereits getan: Seit diesem Jahr kann man online Plätze buchen und bezahlen, es gibt eine Park-App für den Parkplatz am Strandbad und WLAN auf dem Campingplatz. Der soll nach dem Willen des Arendseer Stadtrates möglichst bald auch ganzjährig betrieben werden können. Dazu müssen Wasser- und Abwasserleitungen neu verlegt und isoliert werden, außerdem braucht es winterfeste und beheizbare Sanitäreinrichtungen. Wenige der 25 gekündigten Dauercamper sind diesen Plänen zum Opfer gefallen.

Online-Petition: Dauercamper sammeln mehr als 500 Unterschriften

Die gekündigten Dauercamper geben aber noch nicht auf. Derzeit ist eine Petition im Umlauf, die nach MDR-Informationen bereits rund 550 Menschen online unterzeichnet haben (Stand: 19. Oktober). Damit sei das selbst gesteckte Ziel bereits übertroffen, heißt es.

Mit der Petition fordern die Betroffenen unter anderem ein Gespräch mit den Verantwortlichen: "Wir als Dauercamper möchten eine Antwort und eine Erklärung, warum wir gehen sollen. Der Kündigungsgrund trifft bei allen nicht zu", heißt es darin.

Auch Dauercamper Benjamin Betge ist über das Vorgehen der Betreibergesellschaft verärgert. Seit 2017 habe er immer pünktlich gezahlt, jedoch auch schon eine Abmahnung wegen Ruhestörung bekommen, sagt er im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Dass nicht mit ihm über die Pläne gesprochen wurde, könne er nicht verstehen. Erst im Sommer hatte er für mehrere Hundert Euro sein Vordach erneuert.

MDR (Katharina Häckl, Sebastian Gall, Moritz Arand), erstmals veröffentlicht am 10.10.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Oktober 2023 | 14:30 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/bbe6e4d7-7ec1-4a6f-8eb8-7b29fa669ead was not found on this server.

Mehr aus Altmark und Elb-Havel-Winkel

Mehr aus Sachsen-Anhalt