Schwarzbuch 2023/24 Wo der Steuerzahlerbund in Sachsen-Anhalt Verschwendung sieht

17. Oktober 2023, 16:50 Uhr

Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem "Schwarzbuch" Fälle, in denen Kommunen, Kreise oder Länder in Deutschland seiner Ansicht nach Steuern verschwenden. Sachsen-Anhalt ist in diesem Jahr fünf Mal gelistet. Wie schon 2022 stehen Fernreisen von Abgeordneten in der Kritik – aber auch die Schwimmhalle in Weißenfels und Schilder, die rund um Sangerhausen erneuert werden sollen.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert, dass in Sachsen-Anhalt Steuern verschwendet werden. Der Verein listet in seinem diesjährigen "Schwarzbuch" fünf Fälle, in denen das Land, Kreise oder Kommunen seiner Ansicht nach öffentliche Gelder unnötig ausgeben.

Darunter sind wie schon 2022 Fernreisen von Abgeordneten. Ebenfalls in der Kritik des Steuerzahlerbundes sind die Schwimmhalle in Weißenfels, deren Sanierung weiterhin ruht, Gelder für Landtagsabgeordnete, Gerichtsprozesse um die Kreis-Umlage und Autobahnschilder, deren Sanierung die Stadt Sangerhausen voraussichtlich mehrere Zehntausend Euro kosten wird.

Mehr über den Bund der Steuerzahler

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) bezeichnet sich selbst als unabhängige, parteipolitisch neutrale und gemeinnützige Interessenvertretung der Steuerzahler. Der 1949 gegründete Verein hat nach eigenen Angaben das Ziel, Steuern und Abgaben zu senken, deren Verschwendung zu stoppen, die Staatsverschuldung zu senken und Bürokratie aufzubauen. Dafür veröffentlicht der BdSt unter anderem das Schwarzbuch und zeigt mit einer Schulden-Uhr die Staatsverschuldung an.

Der BdSt steht selbst in der Kritik, weil einer Studie für das Hans-Böckler-Institut im Jahr 2008 zufolge zunehmend zu einem Verband von Gewerbetreibenden und Selbstständigen wird. Kritiker werfen dem BdSt Spar-Versessenheit und eine ideologische Nähe zur FDP vor. Der BdSt selbst weist dies von sich.

Fall 1: Abgeordnete planen weite Reisen

Wie bereits 2022 kritisiert der Steuerzahlerbund die Fernreisen, die einzelne Abgeordnete von Landtags-Ausschüssen unternehmen. Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Kultur plane für Ende November eine rund 29.000 Euro teure Jordanien-Reise. Kritik gibt es außerdem an der Reise nach Japan, die der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus im April 2024 für rund 43.000 Euro unternehmen will.

Der Steuerzahlerbund hält die Begründungen der Ausschüsse – etwa die Vertiefung wirtschaftlicher Beziehungen zu Japan – für zweifelhaft. Zudem würden die Kosten für die Reisen immer höher: Mit 380.000 Euro für Dienstreisen seien im diesjährigen Haushaltsplan fast 100.000 Euro mehr veranschlagt als 2021.

Fall 2: Die Schwimmhalle Weißenfels

Die Stadt Weißenfels ist in diesem Jahr im "Schwarzbuch" gelistet. Grund ist die Schwimmhalle, deren Sanierung bislang 3,3 Millionen Euro gekostet habe. Nachdem die Bauzeit zweimal verlängert worden sei, ruhe die Baustelle seit mehr als einem Jahr. In einem Gutachten seien 2022 umfangreiche Mängel am Bau festgestellt worden. Wer dafür verantwortlich ist, sei kaum eindeutig festzustellen.

Die Stadt teilte im Februar mit, ihre Chancen auf Schadensersatz seien gering. Wann die Schwimmhalle fertig wird, sei unklar. Dafür seien schätzungsweise weitere rund 9 Millionen Euro nötig. Zudem müsse die Stadt 1,65 Millionen Euro Fördermittel plus Strafzins zurückzahlen, weil der Bau nicht fristgerecht fertig geworden ist. Stattdessen ziehe man in Betracht, an einem anderen Standort eine neue Schwimmhalle zu bauen. Aus Steuerzahler-Sicht sei hier ein Totalschaden entstanden, meint BdSt-Präsident Ralf Seibicke.

Fall 3: Renten und Fahrtkosten-Erstattung für Landtagsabgeordnete

Das Land Sachsen-Anhalt gibt dem Steuerzahlerbund zufolge immer mehr Geld für aktive und frühere Abgeordnete aus. Im Vergleich zu Angestellten hätten die Abgeordneten deutlich höhere Rentenansprüche: Nach zehn Jahren im Parlament würden die Diäten zu einer Rente von 2.300 Euro führen – etwa dreimal so viel wie bei Angestellten mit vergleichbarem Einkommen.

Der Steuerzahlerbund kritisiert zudem, dass die Zulagen, die Abgeordnete als Entschädigung für besondere Funktionen bekommen, ebenfalls Grundlage für den Rentenanspruch seien. Das betreffe 15 der 97 Abgeordneten, etwa den Landtagspräsidenten oder die Fraktionsvorsitzenden.

Ein weiterer Kritikpunkt des BdSt ist die Fahrtkosten-Erstattung für Abgeordnete. Diese ist demnach durch die unterschiedliche Berechnung höher als das, was Arbeitnehmer von der Steuer absetzen können. Weil sie in diesem Jahr erhöht wurde, habe das Land im Haushaltsplan zudem 31.500 Euro mehr für die Fahrtkosten von Abgeordneten veranschlagt als noch 2022.

Fall 4: Teurer Streit zwischen Kommunen und Kreisen

Um die sogenannte Kreis-Umlage gibt es in Sachsen-Anhalt immer wieder Streit. Dabei geht es um Geld, das Städte und Gemeinden an Landkreise zahlen müssen, weil diese keine eigenen Steuereinnahmen haben. Grundlage der Berechnung sind die Einnahmen der Kommunen, beispielsweise durch Grund- und Gewerbesteuer. Letztlich legen die Kreise den Satz aber selbst fest.

Weil ihnen die Umlage zu hoch ist, hatten zuletzt die Gemeinden Hecklingen im Salzlandkreis und Barleben im Kreis Börde und mehrere Gemeinden im Kreis Mansfeld-Südharz dagegen geklagt – mit Erfolg. Der Kreis Mansfeld-Südharz hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Der BdSt kritisiert, dass Prozesskosten wie in diesen Fällen mit Steuergeldern gezahlt würden.

Fall 5: Neue Regeln für alte Schilder

Die Stadt Sangerhausen weist an der Autobahn 38 mit Hinweistafeln auf das Europa-Rosarium hin. Für diese sogenannten touristischen Unterrichtungs-Tafeln gibt die Autobahn GmbH seit Anfang 2021 bundeseinheitliche Standards vor, unter anderem eine Größe von 2,4 mal 3,6 Meter.

Weil die Schilder von Sangerhausen älter sind, verblasst die Schrift. Und: Die Schilder sind mit 2 mal 3 Metern geringfügig kleiner als vorgegeben. Die Stadt kann dem Steuerzahlerbund zufolge deshalb nicht bloß die Schrift erneuern, sondern muss komplett neue Schilder anschaffen. Wie teuer das wird, könne man nicht genau sagen. Die Stadt rechne aber mit rund 10.000 Euro pro Schild.

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dpa, MDR (Maren Wilczek)

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